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Johannes Hoops:
gedieh, ein Hauptsitz der Olivenzucht auf dem griechischen
Festland. Sie wurde dort sorgsam gepflegt. Schon Solon am Be-
ginn des 6. Jahrhunderts v. Chr. erließ gesetzliche Bestimmungen
zum Schutz des Oliven- und Feigenbaus in Athen; ein Grund-
besitzer darf jährlich nicht mehr als zwei Olivenbäume ausroden1.
Auch Peisistratos um die Mitte desselben Jahrhunderts war um
den Anbau des wichtigen Fruchtbaums bemüht2. Seitdem bildeten
Olivenhaine den Hauptreichtum von Attika. Oliven und Olivenöl
waren wichtige Gegenstände der Volksnahrung, attisches Öl war
ein gesuchter Handelsartikel, und der Ölbaum war der heilige Baum
der Athene, die ihn auf der Akropolis hatte hervorsprossen lassen3.
Schon diese mythologische Verknüpfung spricht für das hohe Alter
der Ölbaumkultur in Griechenland oder wenigstens in Attika. Die
Ölbäume von Athen galten für besonders heilig. Herodot berichtet
(5, 82): als die Einwohner von Epidauros in der Landschaft von
Argos einst unter Mißernten zu leiden hatten, wollten sie auf Rat
der Pythia Bilder zweier Göttinnen aus dem Holz des Ölbaums
errichten und wandten sich deshalb an die Athener mit der Bitte,
ihnen zu gestatten, einen Ölbaum zu fällen, weil sie die attischen
für die heiligsten hielten; auch werde behauptet, daß zu jener Zeit
— wahrscheinlich fällt die Begebenheit ins 6. Jahrhundert — an
keinem andern Ort auf Erden Ölbäume wuchsen als nur in Athen4 *.
Letztere Überlieferung ist ja sicher eine unbegründete Sage; denn
grade in. Argolis war, wie wir gesehen haben (S. 56), schon im myke-
nisclien Zeitalter die Olivenkultur heimisch, von Kreta und Thera
(Santorin) ganz abgesehen.
Auch in der klassischen Zeit des Griechentums fand
das Olivenöl seine hauptsächlichste Verwendung beim Salben;
es galt hier, wie das Wasser, als unentbehrliches Reinigungsmittel;
nach jeder Waschung folgte eine Salbung. Für die Bedeutung, die
man dem Salböl für die Körperpflege beimaß, ist ein Ausspruch des
Philosophen Demokritos von Abdera, der über hundert Jahre alt
wurde, im 5. Jahrhundert v. Chr. bemerkenswert. Auf die Frage,
wie man gesund bleiben und seine Tage verlängern könne, ant-
1 Iwan V. Müller, Griech. Privataltertümer, 2. Aufl. 1893, S. 240.
2 Hehn 6 108, 8 109.
3 Hehn 6 107—109, 8 109—111. Th. Fischer 12. Rikli, Pflanzenkleid
d. Mittelmeerländer 54.
4 Herodot 5, 82: Έδέοντο ών οί Έπιδαύριοι ’A-9-ηναίων έλαίην σφι δούναι
ταμέσθαι, ίρωτάτας δή κείνας νομίζοντες είναι' λέγεται δέ καί ώς έλαΐαι ήσαν
άλλοθι γης ούδαμοΰ κατ’ έκεΐνον τον χρόνον, ή Ά-ίΙήνησιν.
Johannes Hoops:
gedieh, ein Hauptsitz der Olivenzucht auf dem griechischen
Festland. Sie wurde dort sorgsam gepflegt. Schon Solon am Be-
ginn des 6. Jahrhunderts v. Chr. erließ gesetzliche Bestimmungen
zum Schutz des Oliven- und Feigenbaus in Athen; ein Grund-
besitzer darf jährlich nicht mehr als zwei Olivenbäume ausroden1.
Auch Peisistratos um die Mitte desselben Jahrhunderts war um
den Anbau des wichtigen Fruchtbaums bemüht2. Seitdem bildeten
Olivenhaine den Hauptreichtum von Attika. Oliven und Olivenöl
waren wichtige Gegenstände der Volksnahrung, attisches Öl war
ein gesuchter Handelsartikel, und der Ölbaum war der heilige Baum
der Athene, die ihn auf der Akropolis hatte hervorsprossen lassen3.
Schon diese mythologische Verknüpfung spricht für das hohe Alter
der Ölbaumkultur in Griechenland oder wenigstens in Attika. Die
Ölbäume von Athen galten für besonders heilig. Herodot berichtet
(5, 82): als die Einwohner von Epidauros in der Landschaft von
Argos einst unter Mißernten zu leiden hatten, wollten sie auf Rat
der Pythia Bilder zweier Göttinnen aus dem Holz des Ölbaums
errichten und wandten sich deshalb an die Athener mit der Bitte,
ihnen zu gestatten, einen Ölbaum zu fällen, weil sie die attischen
für die heiligsten hielten; auch werde behauptet, daß zu jener Zeit
— wahrscheinlich fällt die Begebenheit ins 6. Jahrhundert — an
keinem andern Ort auf Erden Ölbäume wuchsen als nur in Athen4 *.
Letztere Überlieferung ist ja sicher eine unbegründete Sage; denn
grade in. Argolis war, wie wir gesehen haben (S. 56), schon im myke-
nisclien Zeitalter die Olivenkultur heimisch, von Kreta und Thera
(Santorin) ganz abgesehen.
Auch in der klassischen Zeit des Griechentums fand
das Olivenöl seine hauptsächlichste Verwendung beim Salben;
es galt hier, wie das Wasser, als unentbehrliches Reinigungsmittel;
nach jeder Waschung folgte eine Salbung. Für die Bedeutung, die
man dem Salböl für die Körperpflege beimaß, ist ein Ausspruch des
Philosophen Demokritos von Abdera, der über hundert Jahre alt
wurde, im 5. Jahrhundert v. Chr. bemerkenswert. Auf die Frage,
wie man gesund bleiben und seine Tage verlängern könne, ant-
1 Iwan V. Müller, Griech. Privataltertümer, 2. Aufl. 1893, S. 240.
2 Hehn 6 108, 8 109.
3 Hehn 6 107—109, 8 109—111. Th. Fischer 12. Rikli, Pflanzenkleid
d. Mittelmeerländer 54.
4 Herodot 5, 82: Έδέοντο ών οί Έπιδαύριοι ’A-9-ηναίων έλαίην σφι δούναι
ταμέσθαι, ίρωτάτας δή κείνας νομίζοντες είναι' λέγεται δέ καί ώς έλαΐαι ήσαν
άλλοθι γης ούδαμοΰ κατ’ έκεΐνον τον χρόνον, ή Ά-ίΙήνησιν.