Die vier Paradiesströme
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Grenze hinaus reicht weder der Blick der Babylonier und Assyrer
noch der der Hebräer nach Norden* 1. Die Lage von ’ Ararat, d. i. Ar-
menien, auf dem die Arche Noahs landet (Gen 84), ist für den He-
bräer der höchste Punkt der Erde. Eben dort sucht man den Garten
'Eden, der nach Gen 38 der Garten Gottes ist, in dem Jahve zur Zeit
des Abendwindes lustwandelt2.
Von dort fließt der Tigris nach Süden ,,östlich von ’Assür“3.
Unter diesem ’Assür hat man die von der Deutschen Orientgesell-
schaft an der Stelle von qal'at serghät ausgegrabene alte Stadt ’As-
sür am Westufer des Tigris verstehen wollen, die bis um 1300 v. Chr.
Haupt- und Residenzstadt des ältesten Assyrerreicb.es war; die No-
tiz müßte dann eine uralte Erinnerung bewahrt haben4. Daß das
nicht sehr wahrscheinlich ist, leuchtet ein. Der Verfasser, der den
Lauf der Ströme sonst nicht nach Städten, sondern nach Ländern
den unten, der Westen rechts, der Osten links gezeichnet ist. Zur Bezeichnung
der Himmelsrichtungen bei den Ägyptern vgl. Bibliotheque Egyptologique X,
1902, S. 225ff.
1 Vom Schwarzen Meere findet sich weder der Name noch irgend eine
Anspielung in der assyrisch-babylonischen Literatur, und ob die Babylonier
und Assyrer, oder gar die Hebräer, vom Kaspischen Meere wußten, ist zum min-
desten fraglich; vgl. Friedr. Delitzsch, Wo lag das Paradies?, 1881, S. 122,
125.
2 Er heißt deshalb der Garten Jahves Gen 1310 Jes 513, der Garten Gottes
Hes 2813 318, und lies 2814 verlegt ihn ausdrücklich auf den „heiligen Gottes-
berg“. Auf diesen spielt auch Jes 1412ίΓ. an, wo der babylonische König ver-
glichen wird mit „dem Morgenstern, dem Sohn des Morgenrots“, der in seinem
Übermut in den Himmel steigen, seinen Thron über die Gottessterne setzen
will: „Ich will mich setzen auf den Berg der Versammlung in den Winkeln des
Nordens, will steigen über Wolkenhöhen und dem Höchsten gleichen“. Das
Prädikat dieses höchsten Berges „in den Winkeln des Nordens“ wird Ps 483
auf den heiligen Berg Zion übertragen.
3 Man streitet freilich über die Bedeutung des hebräischen qidmat und
möchte es hier „an der Vorderseite (gegenüber) von ’Assür“ übersetzen, sodaß
es picht östlich, sondern im Gegenteil „westlich von ’Assür“ bedeuten würde;
so z. B. P. Jensen (Die Kosmologie der Babylonier, 1890, S. 508). Aber es ist
von vornherein unwahrscheinlich, daß unser Text qidmat und miqqedem in
gegenteiligem Sinne gebraucht haben sollte. Beide bedeuten tatsächlich im Al-
ten Testament nie etwas anderes als „östlich von“. Zu miqqedem vgl. Gen 128
Jos 72 Jud 8U Hes 1123 (im selben Sinn wahrscheinlich auch Num 34n Jon 4S);
zu qidmat vgl. 1. Sam 135 Hes 39n.
4 So Ed. Meyer (Die Israeliten und ihre Nachbarstämme, 1906, S. 210,
Anm. 1), und darnach H Gunkel. Daß Ninive, welches die Judäer selbstver-
ständlich kannten (Gen 10nf. Sef 213 Nah 14 29 37), auf dem östlichen Tigris-
ufer lag, spielt dabei keine Rolle.
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Grenze hinaus reicht weder der Blick der Babylonier und Assyrer
noch der der Hebräer nach Norden* 1. Die Lage von ’ Ararat, d. i. Ar-
menien, auf dem die Arche Noahs landet (Gen 84), ist für den He-
bräer der höchste Punkt der Erde. Eben dort sucht man den Garten
'Eden, der nach Gen 38 der Garten Gottes ist, in dem Jahve zur Zeit
des Abendwindes lustwandelt2.
Von dort fließt der Tigris nach Süden ,,östlich von ’Assür“3.
Unter diesem ’Assür hat man die von der Deutschen Orientgesell-
schaft an der Stelle von qal'at serghät ausgegrabene alte Stadt ’As-
sür am Westufer des Tigris verstehen wollen, die bis um 1300 v. Chr.
Haupt- und Residenzstadt des ältesten Assyrerreicb.es war; die No-
tiz müßte dann eine uralte Erinnerung bewahrt haben4. Daß das
nicht sehr wahrscheinlich ist, leuchtet ein. Der Verfasser, der den
Lauf der Ströme sonst nicht nach Städten, sondern nach Ländern
den unten, der Westen rechts, der Osten links gezeichnet ist. Zur Bezeichnung
der Himmelsrichtungen bei den Ägyptern vgl. Bibliotheque Egyptologique X,
1902, S. 225ff.
1 Vom Schwarzen Meere findet sich weder der Name noch irgend eine
Anspielung in der assyrisch-babylonischen Literatur, und ob die Babylonier
und Assyrer, oder gar die Hebräer, vom Kaspischen Meere wußten, ist zum min-
desten fraglich; vgl. Friedr. Delitzsch, Wo lag das Paradies?, 1881, S. 122,
125.
2 Er heißt deshalb der Garten Jahves Gen 1310 Jes 513, der Garten Gottes
Hes 2813 318, und lies 2814 verlegt ihn ausdrücklich auf den „heiligen Gottes-
berg“. Auf diesen spielt auch Jes 1412ίΓ. an, wo der babylonische König ver-
glichen wird mit „dem Morgenstern, dem Sohn des Morgenrots“, der in seinem
Übermut in den Himmel steigen, seinen Thron über die Gottessterne setzen
will: „Ich will mich setzen auf den Berg der Versammlung in den Winkeln des
Nordens, will steigen über Wolkenhöhen und dem Höchsten gleichen“. Das
Prädikat dieses höchsten Berges „in den Winkeln des Nordens“ wird Ps 483
auf den heiligen Berg Zion übertragen.
3 Man streitet freilich über die Bedeutung des hebräischen qidmat und
möchte es hier „an der Vorderseite (gegenüber) von ’Assür“ übersetzen, sodaß
es picht östlich, sondern im Gegenteil „westlich von ’Assür“ bedeuten würde;
so z. B. P. Jensen (Die Kosmologie der Babylonier, 1890, S. 508). Aber es ist
von vornherein unwahrscheinlich, daß unser Text qidmat und miqqedem in
gegenteiligem Sinne gebraucht haben sollte. Beide bedeuten tatsächlich im Al-
ten Testament nie etwas anderes als „östlich von“. Zu miqqedem vgl. Gen 128
Jos 72 Jud 8U Hes 1123 (im selben Sinn wahrscheinlich auch Num 34n Jon 4S);
zu qidmat vgl. 1. Sam 135 Hes 39n.
4 So Ed. Meyer (Die Israeliten und ihre Nachbarstämme, 1906, S. 210,
Anm. 1), und darnach H Gunkel. Daß Ninive, welches die Judäer selbstver-
ständlich kannten (Gen 10nf. Sef 213 Nah 14 29 37), auf dem östlichen Tigris-
ufer lag, spielt dabei keine Rolle.