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Hölscher, Gustav; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1944/48, 3. Abhandlung): Drei Erdkarten: ein Beitrag zur Erdkenntnis des hebräischen Altertums — Heidelberg, 1949

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https://doi.org/10.11588/diglit.42185#0060
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Gustav Hölscher

gegen das Gebirge Räfä“1, und 816 geht die Ostgrenze Sems bis an
„den Osten des Gebirges, dessen Name Räfä ist“, von wo sie zur
Tinä-Quelle hinabsteigt2.
Wie im Norden das kalte Ripäengebirge, so liegt im Süden das
„Feuergebirge“ (822), über welches die Südgrenze Gbäms läuft3. Die-
se geht vom Garten 'Eden im Osten über „das ganze Feuergebirge“
westwärts gegen das „Meer fAtil“ (Άτλαναίς) und bis zum Meere
Mä’ük (dem Okeanos) bis an die Grenze von Gädir (Γάδεφα, heute
Cadiz)4. Auch diese Vorstellung ist offenbar von Haus aus mythisch
und könnte.ägyptisch sein; wenigstens berührt sie sich mit der oben
gegebenen Beschreibung des Sonnenlaufs im Süden.
Die Erde teilt sich danach in den kalten Norden Jafets, den
heißen Süden Chäms und ein mittleres Gebiet gemäßigten Klimas,
welches das bevorzugte Erbe Sems ist; es ist „gemischt aus Kälte
und Hitze“ (830). Diese klimatische Einteilung der Erde ist, wie ge-
zeigt, schon ältere hebräische Anschauung und wird auch von der
gesamten griechischen Geographie geteilt5. Wir finden sie schon ähn-
lich bei Hippokrates, nach welchem im Norden der Erde bei den
Skythen gleichmäßige Kälte, im Süden bei Libjmrn, Ägyptern und
1 Über die Vorstellung von der östlichen Richtung des Tanais vgl. unten
S. 67 Anm. 2. Wenn es 828 heißt: „Gegen die Seite des Tinä-Flusses gegen
Nordosten bis er die Grenze seiner Wasser gegen den Berg Räfä erreicht“,
so ist dabei wohl nicht an eine Biegung des Tanais nach Nordosten, sondern
vermutlich an die Nordostgegend des Erdkreises gedacht.
2 812 scheint der nordöstlichen Lage des Gebirges Räfä zu widersprechen,
wo 8ems Grenze ausgeht „von der Mitte des Berges Räfä, vom Ausgangsorte
des Wassers vom Flusse Tinä an“. Aber, falls Text und Übersetzung desÄthio-
pen zuverlässig sind, wird „Mitte“ hier nicht die eigentliche Mitte des Nord-
randes der Erde, den Nordpunkt der Erde, meinen, sondern besagen: mitten
aus dem Berge Rafa heraus.
3 Mit den Feuerbergen I Hen 186.9 24.3, welche nicht im Süden liegen,
hat dies Feuergebirge nichts zu tun.
4 Auf Münzen mit Artikel ha-gadir „die Festung“, Handelskolonie der
Tyrier, dem spanischen Tartessos benachbart, s. o. S. 15 Anm. 2. Vgl. dar-
über Ed. Meyer, Gesch. d. Altert. II 2 , S. 90—93.
Die Ionier begründen das mit der Neigung des Sonnenkreises zum Ho-
rizont. Der Erdkörper senkt sich nach Süden hin; der südliche Halbkreis der
Erdscheibe, in welchem die Mittagssonne im Verlauf der jährlichen Bewegung
den Scheitelpunkt erreichen konnte, mußte den senkrechten Strahlen der
Sonne ausgesetzt sein, daher gleichmäßigere und größere Wärme haben (H.
Berger, a.a.O., S. 38. 81—82). Diese Begründung ist bei den Orientalen, auch
bei den Hebräern, nicht bekannt; ihre Anschauung beruht einfach auf Kennt-
nis des Klimas der südlichen und nördlichen Länder.
 
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