VOM MITTELALTERLICHEN ZITIEREN
Es könnte seltsam scheinen, daß ich Ihnen zumute, eine lang-
atmige Betrachtung über mittelalterliches Zitieren anzuhören,
würde sich nicht dabei heraussteilen, daß auch in diesem engen Be-
reiche das Mittelalter Eigentümlichkeiten zeigt, die nur aus der
geistigen Wesensart dieses Zeitalters sich erklären lassen und da-
nach beurteilt sein wollen. Eine Tatsache, die in der wissenschaft-
lichen Ausdeutung mittelalterlicher Überlieferung nicht immer nach
Wunsch bedacht ist. So darf eine grundsätzliche Betrachtung der
Erscheinung hoffen, der philologischen Methode korrigierend zu
Hilfe zu kommen. Das möchte um so willkommener sein, als von
der richtigen Einschätzung der hier obwaltenden Umstände viel-
fach Folgerungen abhängen, die der geschichtlichen Kenntnis unse-
rer mittelalterlichen Literatur Weisungen von erheblicher Trag-
weite zu geben vermögen.
Was da zu sagen ist, kann nur an konkreten Einzelfällen deutlich
gemacht werden. Das verlangt dann, da ich die Ehre habe nicht
bloß vor Germanisten zu sprechen, denen die Ansatzpunkte ohne
weiteres geläufig wären, jedesmal eine etwas umständliche Ein-
führung, die ich mit Geduld anzuhören bitte. Meine Beispiele habe
ich durchaus der deutschen Überlieferung entnommen. Zweifellos
würde sich aus außerdeutschen Bereichen viel des Interessanten und
Wichtigen dazu beisteuern lassen. Vielleicht bringt eine anschlies-
sende Diskussion manches Beispielhafte zum Vorschein.
Im 6. Buche des Parzival, das in den ersten Jahren des 13. Jahr-
hunderts entstanden ist, erzählt Wolfram die Aufnahme seines
Helden in die Tafelrunde des Königs Artus. Sie erfolgt unter Um-
ständen, die uns hier nicht näher angehen. Es genüge zu sagen, daß
Parzival unmittelbar vorher dem Seneschall des Königs, Keie, der
ihn mit giftigen Worten herausforderte, in einer Tjost derart vom
Roß geworfen hatte, daß er dabei den rechten Arm und das linke
Bein brach. Dieser Keie tritt in unserer Artusepik allenthalben als
eine problematische Gestalt hervor; gegen mehr als einen Artus-
Es könnte seltsam scheinen, daß ich Ihnen zumute, eine lang-
atmige Betrachtung über mittelalterliches Zitieren anzuhören,
würde sich nicht dabei heraussteilen, daß auch in diesem engen Be-
reiche das Mittelalter Eigentümlichkeiten zeigt, die nur aus der
geistigen Wesensart dieses Zeitalters sich erklären lassen und da-
nach beurteilt sein wollen. Eine Tatsache, die in der wissenschaft-
lichen Ausdeutung mittelalterlicher Überlieferung nicht immer nach
Wunsch bedacht ist. So darf eine grundsätzliche Betrachtung der
Erscheinung hoffen, der philologischen Methode korrigierend zu
Hilfe zu kommen. Das möchte um so willkommener sein, als von
der richtigen Einschätzung der hier obwaltenden Umstände viel-
fach Folgerungen abhängen, die der geschichtlichen Kenntnis unse-
rer mittelalterlichen Literatur Weisungen von erheblicher Trag-
weite zu geben vermögen.
Was da zu sagen ist, kann nur an konkreten Einzelfällen deutlich
gemacht werden. Das verlangt dann, da ich die Ehre habe nicht
bloß vor Germanisten zu sprechen, denen die Ansatzpunkte ohne
weiteres geläufig wären, jedesmal eine etwas umständliche Ein-
führung, die ich mit Geduld anzuhören bitte. Meine Beispiele habe
ich durchaus der deutschen Überlieferung entnommen. Zweifellos
würde sich aus außerdeutschen Bereichen viel des Interessanten und
Wichtigen dazu beisteuern lassen. Vielleicht bringt eine anschlies-
sende Diskussion manches Beispielhafte zum Vorschein.
Im 6. Buche des Parzival, das in den ersten Jahren des 13. Jahr-
hunderts entstanden ist, erzählt Wolfram die Aufnahme seines
Helden in die Tafelrunde des Königs Artus. Sie erfolgt unter Um-
ständen, die uns hier nicht näher angehen. Es genüge zu sagen, daß
Parzival unmittelbar vorher dem Seneschall des Königs, Keie, der
ihn mit giftigen Worten herausforderte, in einer Tjost derart vom
Roß geworfen hatte, daß er dabei den rechten Arm und das linke
Bein brach. Dieser Keie tritt in unserer Artusepik allenthalben als
eine problematische Gestalt hervor; gegen mehr als einen Artus-