POLYKARP VON SMYRNA UND DIE
PASTORALBRIEFE
Die Verwandtschaft zwischen den Pastoralbriefen und Polykarp
von Smyrna ist schon wiederholt bemerkt worden1. Man stellt die
Pastoralbriefe mit dem Polykarpbrief, den johanneischen Briefen
und den Ignatianen in eine Reihe und sieht in ihnen die ungefähr
gleichzeitigen Dokumente einer gleichlaufenden Entwicklung zur
katholischen „Rechtgläubigkeit“, die als solche mit den gleichen
oder nah verwandten gnostischen Gegnern im Kampfe liegt. Das
ist zweifellos richtig, aber es reicht für die Verhältnisbestimmung
der Pastoralbriefe zu Polykarp in dieser Form noch nicht aus. Poly-
karp steht ihnen in jeder Hinsicht weit näher als „Johannes“ oder
Ignatios. Schon aus diesem Grunde dürfte es nützlich sein, ihre ge-
genseitigen Beziehungen einmal besonders ins Auge zu fassen. Da-
bei stößt man dann auf eine weitere Frage, die sich m.E. nicht ab-
weisen läßt: könnte Polykarp nicht selbst der Mann gewesen sein,
der die Pastoralbriefe niederschrieb oder ihre Niederschrift veran-
laßt und die neu auftauchenden Briefe zuerst in den kirchlichen
Gebrauch eingeführt hat ? Eine solche Frage nach dem „Autor“ der
Pastoralbriefe mag kühn erscheinen, aber es ist gleichwohl nicht
überflüssig sie zu stellen. Es handelt sich hierbei nicht um einen
jener hoffnungslosen Zuweisungsversuche, die sich weder begründen
noch ernsthaft prüfen lassen und die, selbst wenn sie richtig sein
sollten, kaum etwas Wesentliches lehren. Denn die Verwandt-
schaft hier läßt sich beweisen und prüfen, und die Erwägung eines
möglicherweise gemeinsamen Ursprungs ist auch dann von Wert,
wenn sie sich kaum mit einem runden Ja oder Nein beantworten läßt.
Es ist in der Tat sinnlos, z.B. für den Hebräerbrief je nach Geschmack
den Alexandriner Apollos oder den Cyprioten Barnabas oder das
judenchristliche Ehepaar Aquila und Prisca oder noch weitere Per-
1 Vgl. z. B. M. Goguel, Introduction au N.T.IV, 2 (1926) 555 und vor allem
W. Bauer, Rechtgläubigkeit und Ketzerei im ältesten Christentum (1934) 226,
für den die Pastoralbriefe „zweifellos aus dem gleichen Kreis der Rechtgläubigkeit“
stammen „wie Polykarp a\ich“.
PASTORALBRIEFE
Die Verwandtschaft zwischen den Pastoralbriefen und Polykarp
von Smyrna ist schon wiederholt bemerkt worden1. Man stellt die
Pastoralbriefe mit dem Polykarpbrief, den johanneischen Briefen
und den Ignatianen in eine Reihe und sieht in ihnen die ungefähr
gleichzeitigen Dokumente einer gleichlaufenden Entwicklung zur
katholischen „Rechtgläubigkeit“, die als solche mit den gleichen
oder nah verwandten gnostischen Gegnern im Kampfe liegt. Das
ist zweifellos richtig, aber es reicht für die Verhältnisbestimmung
der Pastoralbriefe zu Polykarp in dieser Form noch nicht aus. Poly-
karp steht ihnen in jeder Hinsicht weit näher als „Johannes“ oder
Ignatios. Schon aus diesem Grunde dürfte es nützlich sein, ihre ge-
genseitigen Beziehungen einmal besonders ins Auge zu fassen. Da-
bei stößt man dann auf eine weitere Frage, die sich m.E. nicht ab-
weisen läßt: könnte Polykarp nicht selbst der Mann gewesen sein,
der die Pastoralbriefe niederschrieb oder ihre Niederschrift veran-
laßt und die neu auftauchenden Briefe zuerst in den kirchlichen
Gebrauch eingeführt hat ? Eine solche Frage nach dem „Autor“ der
Pastoralbriefe mag kühn erscheinen, aber es ist gleichwohl nicht
überflüssig sie zu stellen. Es handelt sich hierbei nicht um einen
jener hoffnungslosen Zuweisungsversuche, die sich weder begründen
noch ernsthaft prüfen lassen und die, selbst wenn sie richtig sein
sollten, kaum etwas Wesentliches lehren. Denn die Verwandt-
schaft hier läßt sich beweisen und prüfen, und die Erwägung eines
möglicherweise gemeinsamen Ursprungs ist auch dann von Wert,
wenn sie sich kaum mit einem runden Ja oder Nein beantworten läßt.
Es ist in der Tat sinnlos, z.B. für den Hebräerbrief je nach Geschmack
den Alexandriner Apollos oder den Cyprioten Barnabas oder das
judenchristliche Ehepaar Aquila und Prisca oder noch weitere Per-
1 Vgl. z. B. M. Goguel, Introduction au N.T.IV, 2 (1926) 555 und vor allem
W. Bauer, Rechtgläubigkeit und Ketzerei im ältesten Christentum (1934) 226,
für den die Pastoralbriefe „zweifellos aus dem gleichen Kreis der Rechtgläubigkeit“
stammen „wie Polykarp a\ich“.