Der Ablauf der Osterereignisse und das leere Grab
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Tages mit Hilfe einer künstlichen Umschreibung aus dem Wege
geht76. Es widersteht ihm ferner, die himmlische Engelerscheinung
und die Öffnung des Grabes vor heidnischen Zeugen geschehen zu
lassen. Darum werden die Wachen im entscheidenden Augenblick
von einem göttlichen Schrecken befallen, sie „wurden wie Tote“77.
Trotzdem gehen sie nachher den Hierarchen den nötigen Bericht
über „alles, was geschehen war“78. Und obgleich diese Bösewichte
daraufhin nur ihre Lügen bekanntgeben und verbreiten lassen79,
wissen die Christen, wie der Bericht zeigt, doch genauestens über
alle Vorgänge Bescheid80.
Aber dies ist nicht die einzige Stelle, an der die apologetische
Absicht gegen die Juden bei Matthäus greifbar wird. Noch ein wei-
terer, merkwürdiger Einschuh läßt sich von hier aus erklären81. Im
Gegensatz zum Markusbericht ist das Grab heim Erscheinen der
Frauen noch nicht geöffnet. Ein blitzender Engel, vom Himmel
herab, erscheint erst in diesem Augenblick, wälzt den Stein bei-
seite82 und fordert sie auf, sich nunmehr selbst davon zu überzeu-
gen, daß das Grab leer sei83. Auf diese Weise ergibt sich, wahr-
scheinlich wieder ganz ungewollt, die seltsame Folgerung, daß Je-
sus vorher aus dem noch geschlossenen Grabe durch den Felsblock
hindurch gefahren sein muß. Aberdas gewünschte Ziel ist erreicht:
das Grab war nicht nur versiegelt und bewacht, es bleibt auch bis
zum letzten Augenblick, da die Zeugen zur Stelle sind, gänzlich
unberührt, und kein Räuber oder Dieb kann es somit betreten
haben.
Die Überlieferung von den Grabeswächtern ist auch in die
apokryphe Überlieferung übergegangen, und hier tritt die leitende
apologetische Absicht dann immer deutlicher hervor. Besonders
das Petrusevangelium hat verschiedene ältere Nachrichten zusam-
76 Mt. 27, 62: τη δέ έπαύριον, ήτις έστίν μετά τήν παρασκευήν.
77 Mt. 28, 4.
78 Mt. 28, 11.
79 Mt. 28, 13 f.
80 Natürlich kann der Gang der Frauen zum Grabe jetzt auch nicht mehr mit
dem Salbungswunsch motiviert werden; sie kommen lediglich θεωρήσαι τον τάφον
(28, 1). Aber dies ist gegenüber Markus eher eine Verbesserung.
81 Der Einschub selber wird seine Vorgeschichte haben, und es mag sein, daß er,
wie häufig angenommen wird, ursprünglich der Eingang zu einer Schilderung der
Auferstehung selber war. Aber damit ist noch nicht erklärt, warum Matthäus die-
ses Fragment in seinen Zusammenhang aufgenommen hat.
82 Mt. 28, 2f.
83 Mt. 28, 6.
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Tages mit Hilfe einer künstlichen Umschreibung aus dem Wege
geht76. Es widersteht ihm ferner, die himmlische Engelerscheinung
und die Öffnung des Grabes vor heidnischen Zeugen geschehen zu
lassen. Darum werden die Wachen im entscheidenden Augenblick
von einem göttlichen Schrecken befallen, sie „wurden wie Tote“77.
Trotzdem gehen sie nachher den Hierarchen den nötigen Bericht
über „alles, was geschehen war“78. Und obgleich diese Bösewichte
daraufhin nur ihre Lügen bekanntgeben und verbreiten lassen79,
wissen die Christen, wie der Bericht zeigt, doch genauestens über
alle Vorgänge Bescheid80.
Aber dies ist nicht die einzige Stelle, an der die apologetische
Absicht gegen die Juden bei Matthäus greifbar wird. Noch ein wei-
terer, merkwürdiger Einschuh läßt sich von hier aus erklären81. Im
Gegensatz zum Markusbericht ist das Grab heim Erscheinen der
Frauen noch nicht geöffnet. Ein blitzender Engel, vom Himmel
herab, erscheint erst in diesem Augenblick, wälzt den Stein bei-
seite82 und fordert sie auf, sich nunmehr selbst davon zu überzeu-
gen, daß das Grab leer sei83. Auf diese Weise ergibt sich, wahr-
scheinlich wieder ganz ungewollt, die seltsame Folgerung, daß Je-
sus vorher aus dem noch geschlossenen Grabe durch den Felsblock
hindurch gefahren sein muß. Aberdas gewünschte Ziel ist erreicht:
das Grab war nicht nur versiegelt und bewacht, es bleibt auch bis
zum letzten Augenblick, da die Zeugen zur Stelle sind, gänzlich
unberührt, und kein Räuber oder Dieb kann es somit betreten
haben.
Die Überlieferung von den Grabeswächtern ist auch in die
apokryphe Überlieferung übergegangen, und hier tritt die leitende
apologetische Absicht dann immer deutlicher hervor. Besonders
das Petrusevangelium hat verschiedene ältere Nachrichten zusam-
76 Mt. 27, 62: τη δέ έπαύριον, ήτις έστίν μετά τήν παρασκευήν.
77 Mt. 28, 4.
78 Mt. 28, 11.
79 Mt. 28, 13 f.
80 Natürlich kann der Gang der Frauen zum Grabe jetzt auch nicht mehr mit
dem Salbungswunsch motiviert werden; sie kommen lediglich θεωρήσαι τον τάφον
(28, 1). Aber dies ist gegenüber Markus eher eine Verbesserung.
81 Der Einschub selber wird seine Vorgeschichte haben, und es mag sein, daß er,
wie häufig angenommen wird, ursprünglich der Eingang zu einer Schilderung der
Auferstehung selber war. Aber damit ist noch nicht erklärt, warum Matthäus die-
ses Fragment in seinen Zusammenhang aufgenommen hat.
82 Mt. 28, 2f.
83 Mt. 28, 6.