Metadaten

Campenhausen, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1952, 4. Abhandlung): Der Ablauf der Osterereignisse und das leere Grab — Heidelberg, 1952

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.42315#0036
Lizenz: In Copyright
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
36

Hans Frhr. v. Campenhausen

Es ist von hier aus zu beachten, daß kein einziger der späteren
Evangelisten die von Markus gewählte Gewaltlösung beibehalten
hat117. D. h. sie rechnen damit, daß die Frauen ihren Auftrag den
Jüngern ausgerichtet haben. Gegen das Judentum schlägt die
Apologetik andere Wege ein, um die Möglichkeit eines Betruges
oder einer ungewollten Täuschung auszuschließen. Den weiteren
Gedanken, daß die Entdeckung des Grabes für den Osterglauben
nicht ausgereicht habe und als solche noch nicht entscheidend ge-
wesen sei, haben sie jedoch bewahrt. Er wird jetzt mit der ty-
pischen, zunehmenden Verdeutlichung und Vergröberung der zu-
grunde liegenden Absicht immer stärker herausgearbeitet. Bei
Matthäus bleibt es noch unklar, wie der Bericht der Frauen die
Jünger überhaupt erreicht hat und wie sie ihn aufgenommen ha-
ben118. Lukas dagegen erklärt ausdrücklich, daß sie ihn zunächst
als leeres Geschwätz beurteilt hätten119; die Nachricht weckte wohl
eine gewisse Unruhe, aber noch keinen Glauben120. Im späteren,
angehängten Markusschluß glauben die Jünger nicht einmal die
ersten Begegnungen mit dem Auferstandenen, die ihnen gemeldet
werden121, und in einer bekannten Variante hierzu suchen sie sich
dafür nachher umständlich zu entschuldigen122. Der Osterbericht
der Epistola apostolorum entwickelt vollends ein längeres Hin und
Her zwischen ihnen und den Frauen, auf die sie nicht hören wollen,
bis Jesus unmittelbar erscheint123. Man sieht hier, wie sich das
apologetische Interesse langsam vom leeren Grabe löst und eine
allgemeinere Bedeutung gewinnt, die nicht mehr bestimmte Ein-
wendungen der Gegner, sondern ganz allgemein den „Unglauben“,
auch der schwachen Christen selber, im Auge hat124. Aber auch hier
erscheint, wie im Johannes-Evangelium, das apostolische Zeugnis
117 Nur das Petrusevangelium XIV 58 f. läßt die Jünger enttäuscht und nieder-
geschlagen wieder an ihre Arbeit gehen, anscheinend ohne daß sie vom leeren Grabe
Notiz genommen haben. Aber die ausdrückliche Mitteilung, daß die Frauen ge-
schwiegen hätten, ist ebenso wie der Befehl des Engels auch hier getilgt.
118 Sie begeben sich zum Berge in Galiläa auf Grund einer früheren, im Evan-
gelium selbst aber nicht erzählten Weisung Jesu: Mt. 28, 16.
119 Lk. 24, 11.
120 Lk. 24, 22 ff.
121 Mk. 16, 11. Auch die Emmausjünger finden hier keinen Glauben: 16, 13.
122 Das Freer-Logion hinter Mk. 16, 13 und Hieron. Pelag. II 15.
123 Ep. ap. 10 (21).
124 Davon zu unterscheiden ist die besondere, theologische Zweifelsfrage nach
der Leiblichkeit des auferstandenen Christus, wie sie bei Lk. 24, 37ff. und im He-
bräerevangelium (o. Anm. 112) erscheint.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften