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Campenhausen, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1952, 4. Abhandlung): Der Ablauf der Osterereignisse und das leere Grab — Heidelberg, 1952

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https://doi.org/10.11588/diglit.42315#0046
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Hans Frhr. v. Campenhausen

bereits dorthin unterwegs — es wird das Präsens gebraucht —, und
die Jünger sollen ihm unverzüglich nachfolgen, um ihn dort zu
schauen159. Die Engelbotschaft ist als solche gewiß legendarisch;
aber schildert sie die Situation nicht trotzdem genau so, wie sie
wirklich gewesen ist ? Hier ist nun m. E. die Stelle erreicht, wo
man die Entdeckung des leeren Grabes heranziehen und ihre Rolle
erwägen muß. Denn daß die Nachricht, wenn die Jünger noch in
Jerusalem waren, diese auch erreicht hat, läßt sich, wie wir gesehen
haben, kaum ernsthaft bezweifeln; die entgegengesetzte, tenden-
ziöse Behauptung des Markus ist sekundär und kommt nach dem
Text der Engelbotschaft selbst so wenig in Betracht, wie sie bei
den übrigen Evangelisten festgehalten wird160.
Es ist klar, daß die Nachricht, mitten in die ratlose und depri-
mierte Stimmung der Zurückgebliebenen einschlagend, eine erre-
gende Wirkung hervorrufen mußte. In unserer Überlieferung be-
steht zwar, wie wir gesehen haben161, eine zunehmende Neigung,
diese Wirkung aus bestimmten Gründen abzuschwächen; aher sie
kann nicht ausgeblieben sein. Vielleicht war sie zunächst in der
Tat nicht eindeutig. Es ist durchaus denkbar, daß das leere Grab
nicht ohne weiteres als ein sicherer Beweis für die „Auferstehung“
genommen wurde und daß sich auch Zweifel und Unsicherheit zum
Wort meldeten. Aber der Befund konnte auch so verstanden wer-
den, wie ihn die Worte des Engels umschreiben: „Er ist auferweckt
worden — (denn) er ist (ja) nicht (mehr) hier!“ Wer diese Deutung
annehmen wollte, für den ergaben sich die weiteren Folgerungen
von selbst. Wo sollte Jesus jetzt noch zu finden sein? Jerusalem,
die gottlose Großstadt seiner Feinde, die Stadt, wo er verfolgt und
ans Kreuz geschlagen war, war für sein Wiedererscheinen in der
Tat nicht der gegebene Ort. Er mußte in die Heimat gezogen sein,
nach Galiläa, wo er gewirkt hatte, wo er seine Anhängerschaft be-
saß, wo er und alle Jünger zu Hause waren162, das heilige Land ihrer
Erinnerung und nunmehr auch ihrer Hoffnung. Es wird vor allem
ersten und offenbar anders verlaufenen Erscheinungen geformt hat, von dieser
eventuellen früheren Erwartung noch eine Spur bewahrt haben sollte, erscheint
ausgeschlossen.
159 S. o. S. 22.
160 Wer der Meinung ist, dieser Satz habe gerade den Zweck, die in Wirklichkeit
stattgehabte Flucht umzudeuten und zuzudecken, urteilt auf Grund einer vorge-
faßten Meinung und nicht des Textes selbst.
161 0. S. 36f.
162 Vgl. Mk. 14, 70 par. und noch Act. 1, 11; 2, 7; 13, 31.
 
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