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Campenhausen, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1957, 2. Abhandlung): Die Begründung kirchlicher Entscheidungen beim Apostel Paulus: zur Grundlegung des Kirchenrechts — Heidelberg, 1957

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https://doi.org/10.11588/diglit.42454#0007
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13 ie uferlose Diskussion um Ursprung, Bedeutung und Wesen des
urchristlichen Kirchenrechts ist in ihrem Wellenschlag merklich matter
geworden. Die stärkere Betonung des Kirchengedankens im evangelischen,
die weitgehende Rezeption der kritischen Forschungsmethoden im katho-
lischen Lager haben gerade auf diesem Gebiet zu Annäherungen geführt1.
Trotzdem wird man nicht sagen können, daß in der entscheidenden Frage
nach der Stellung und Funktion des Rechts im Ganzen des urchristlichen
Glaubens und Lebens Übereinstimmung erzielt wäre. Noch immer fühlt
man die zwei widereinander laufenden Tendenzen — hier: zu einer
möglichst frühen und umfassenden Einbeziehung des Juristischen in die
urchristliche Verkündigung selbst, dort: das entgegengesetzte Bemühen,
alles Rechtliche und Verfassungsmäßige nach Kräften an den Rand zu
schieben und durch eine entsprechende theologische Akzentuierung in sei-
nem juristischen Charakter umzudeuten oder abzuschwächen und zu
begrenzen. Dahinter steht natürlich jeweils eine bestimmte Gesamtauf-
fassung vom Wesen des Urchristentums und dem Sinn des Rechtes über-
haupt; aber davon soll im folgenden direkt nicht die Rede sein. Ich
möchte versuchen, das alte Problem noch einmal rein historisch, aber von
einer neuen Seite anzugehen, um dadurch auf einem freilich begrenzten
Felde womöglich zu bestimmteren Resultaten zu gelangen.
Daß schon die ältesten Gemeinden praktische Regelungen rechtlicher
Art getroffen und gehalten haben, ist im Grunde eine Selbstverständlich-
keit und ist jedenfalls unbestreitbar. Nur wird mit dem bloßen, positiven
Nachweis solcher Bestimmungen und ihrer rechtsgeschichtlichen Parallelen
aus dem Judentum, aus der hellenistischen Umwelt und aus dem späteren
Kirchenrecht über das prinzipiell-rechtliche Verständnis, das ihrer An-

1 Vgl. etwa die freilich noch stark an älteren Thesen hängende Übersicht von
H. E. Feine, Kirchliche Rechtsgeschichte 1 (1950) 21 ff. und den neueren Li-
teraturbericht von W. Maurer, Vom Ursprung und Wesen kirchlichen Rechts,
Zeitschrift für evangelisches Kirchenrecht 5 (1956) 1 ff., katholischerseits
Jos. Klein, Grundlegung und Grenzen des Kanonischen Rechts (1947) und die
allzu bündige Skizze bei Willib. M. Plöchl, Geschichte des Kirchenrechts
(1953) 40 ff.; zur gegenwärtigen Diskussion im Luthertum: H. Wehrhahn,
Kirchenrecht und Kirchengewalt (1956).
 
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