Bearbeitungen und Interpolationen des Polykarpmartyriums 35
literarisches Dokument, sondern nur das Faktum des Märtyrer-
todes als solches gemeint sein kann. Insbesondere ist das durch
Lightfoots Autorität gestützte Mißverständnis abzuwehren, als
habe Eusebios mit den angeführten Worten schon unser heutiges
Pioniosmartyrium im Auge gehabt93. Diesem wendet sich Eusebios
erst später zu. Zwar fand er, wie der Zusammenhang seiner Sätze
eindeutig zeigt, den Namen des Pionios schon im Smyrnäerbrief
verzeichnet94, aber für alle Einzelheiten verweist er dann nicht
mehr auf das Polykarpmartyrium, sondern ausdrücklich auf eine
eigene, „von diesem“, d.h. jetzt von Pionios handelnde Schrift, die
in seiner Sammlung alter Martyrien dargeboten war95. Diese
„Schrift“ war, wie die Inhaltsangabe zeigt, im wesenthchen das
auch uns bekannte Pioniosmartyrium, aber in einer Gestalt, die
jedenfalls noch nicht die heutige, falsche Datierung trug, durch die
das Ende des Pionios in die decische Verfolgung verlegt und somit
fast um ein Jahrhundert von Polykarp getrennt wird. Diese wich-
tige Feststellung, auf die Gregoire wieder mit gebührendem Nach-
druck verwiesen hat96, ist eine entscheidende Voraussetzung für
die unbefangene Würdigung des eusebianischen Textes97. Ahes
weitere ergibt sich dann von selbst. Pionios war ein smyrnäischer
Märtyrer, der derselben Verfolgung zum Opfer ßel, die mit dem
93 Lightfoot, a.a. O. S. 640f. 715.
94 So hat auch Ruf in den Text verstanden und sachlich richtig über-
setzt: inter ceteros autem, qui per idem tempus martyres extiterunt, famo-
sissimus inibi refertur quidam Pionius nomine . . .
95 HE IV 15,47 (anschließend an den o. S. 33, Anm. 88 zitierten Text):
των γε μην τότε περιβόητος μάρτνς εις τις έγνωρίζετο Πιόνιος· ού τάς κατά μέρος
ομολογίας την τε τον λόγον παρρησίαν καί τάς νπέρ της πίστεως επί τον δήμον
καί των αρχόντων απολογίας διδασκαλικάς τε δημηγορίας καί έτι τάς προς τονς
νποπεπτωκότας τω κατά τον διωγμόν πειρασμω δεξιώσεις παραμν&ίας τε ας επί
τής ειρκτής τοίς παρ’ αντόν είσαφικνονμένοις άδελφοϊς παρετί'&ετο, ας τε επί
τοντοις νπέμεινεν βασάνονς, καί τάς έπί τανταις άλγηδόνας καϋηλώσεις τε καί
την έπί τής πνράς καρτερίαν την τε έφ’ απασιν τοίς παραδόξοις αντοϋ τελεντήν
πληρέστατα τής περί αντον γραφής περιεχονσης, τονς οϊς φίλον, έπί ταντην άνα-
πέμψομεν τοίς των άρχαίων σνναγβείσιν ήμίν μαρτνρίοις έντεταγμένην.
9S A.a.Ο. S. 2f.
97 Bekanntlich liegt uns das Pioniosmartyrium auch heute nur in einer
Reihe von stark differierenden Fassungen vor; vgl. L. Wohxeb, Die Über-
lieferung des Pioniosmartyriums, Röm. Quartalschr. 37 (1929) 173ff. Keine
stimmt indessen ganz mit derjenigen überein, die nach Eusebs Angaben
vorauszusetzen wäre und danach in seiner eigenen Sammlung alter Martyrien
gestanden haben muß.
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literarisches Dokument, sondern nur das Faktum des Märtyrer-
todes als solches gemeint sein kann. Insbesondere ist das durch
Lightfoots Autorität gestützte Mißverständnis abzuwehren, als
habe Eusebios mit den angeführten Worten schon unser heutiges
Pioniosmartyrium im Auge gehabt93. Diesem wendet sich Eusebios
erst später zu. Zwar fand er, wie der Zusammenhang seiner Sätze
eindeutig zeigt, den Namen des Pionios schon im Smyrnäerbrief
verzeichnet94, aber für alle Einzelheiten verweist er dann nicht
mehr auf das Polykarpmartyrium, sondern ausdrücklich auf eine
eigene, „von diesem“, d.h. jetzt von Pionios handelnde Schrift, die
in seiner Sammlung alter Martyrien dargeboten war95. Diese
„Schrift“ war, wie die Inhaltsangabe zeigt, im wesenthchen das
auch uns bekannte Pioniosmartyrium, aber in einer Gestalt, die
jedenfalls noch nicht die heutige, falsche Datierung trug, durch die
das Ende des Pionios in die decische Verfolgung verlegt und somit
fast um ein Jahrhundert von Polykarp getrennt wird. Diese wich-
tige Feststellung, auf die Gregoire wieder mit gebührendem Nach-
druck verwiesen hat96, ist eine entscheidende Voraussetzung für
die unbefangene Würdigung des eusebianischen Textes97. Ahes
weitere ergibt sich dann von selbst. Pionios war ein smyrnäischer
Märtyrer, der derselben Verfolgung zum Opfer ßel, die mit dem
93 Lightfoot, a.a. O. S. 640f. 715.
94 So hat auch Ruf in den Text verstanden und sachlich richtig über-
setzt: inter ceteros autem, qui per idem tempus martyres extiterunt, famo-
sissimus inibi refertur quidam Pionius nomine . . .
95 HE IV 15,47 (anschließend an den o. S. 33, Anm. 88 zitierten Text):
των γε μην τότε περιβόητος μάρτνς εις τις έγνωρίζετο Πιόνιος· ού τάς κατά μέρος
ομολογίας την τε τον λόγον παρρησίαν καί τάς νπέρ της πίστεως επί τον δήμον
καί των αρχόντων απολογίας διδασκαλικάς τε δημηγορίας καί έτι τάς προς τονς
νποπεπτωκότας τω κατά τον διωγμόν πειρασμω δεξιώσεις παραμν&ίας τε ας επί
τής ειρκτής τοίς παρ’ αντόν είσαφικνονμένοις άδελφοϊς παρετί'&ετο, ας τε επί
τοντοις νπέμεινεν βασάνονς, καί τάς έπί τανταις άλγηδόνας καϋηλώσεις τε καί
την έπί τής πνράς καρτερίαν την τε έφ’ απασιν τοίς παραδόξοις αντοϋ τελεντήν
πληρέστατα τής περί αντον γραφής περιεχονσης, τονς οϊς φίλον, έπί ταντην άνα-
πέμψομεν τοίς των άρχαίων σνναγβείσιν ήμίν μαρτνρίοις έντεταγμένην.
9S A.a.Ο. S. 2f.
97 Bekanntlich liegt uns das Pioniosmartyrium auch heute nur in einer
Reihe von stark differierenden Fassungen vor; vgl. L. Wohxeb, Die Über-
lieferung des Pioniosmartyriums, Röm. Quartalschr. 37 (1929) 173ff. Keine
stimmt indessen ganz mit derjenigen überein, die nach Eusebs Angaben
vorauszusetzen wäre und danach in seiner eigenen Sammlung alter Martyrien
gestanden haben muß.
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