Sitzungsberichte der
Heidelberger Akademie der Wissenschaften

Bearbeitungen und Interpolationen des Polykarpmartyriums 39

thoden zur Herstellung des „Urtextes“, wie sie für die Kirchen-
geschichte Eusebs sehr wohl in Betracht kamen, versagen gegen-
über einem solchen Dokument der kirchlichen Gebrauchs- und
Kleinliteratur. Das ist beispielsweise für die verschiedenen Über-
heferungen der Akten Cyprians seit langem bekannt; aber für das
Polykarpmartyrium geben die gängigen kritischen Ausgaben kein
vollständiges oder auch nur einigermaßen überschaubares Bild von
der bunten Vielfalt des tatsächlichen Bestands. Es scheint mir
unumgänglich, bei Berufungen auf dies Martyrium, dessen Quellen-
wert gewiß nicht einfach geleugnet werden soll, künftig sehr viel
behutsamer und skeptischer vorzugehen als bisher.