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Engisch, Karl; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1960, 1. Abhandlung): Logische Studien zur Gesetzesanwendung — Heidelberg, 1960

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https://doi.org/10.11588/diglit.42461#0047
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Logische Studien zur Gesetzesanwendung

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selbst „gemeint“ sind, eine bestimmte Seite hervorgekehrt, die als
Vergleichsrelatum dazu auffordert, zu prüfen, ob an dem zu sub-
sumierenden Fall eine gleiche Seite sich findet.
Indem der Gesetzgeber die Fälle, die ihm vorschweben, sprachlich
durch „Angabe von Merkmalen“ beschreibt („Merkmalstechnik“ s. ob.),
kehrt er sogar in dem Maße bestimmte Seiten (= Beschaffenheiten) an
ihnen hervor, daß man sagen kann, daß die Fälle einen schematischen,
abgeblaßten Charakter bekommen. Daher auch immer wieder das Be-
dürfnis, über die „abstrakte“ Tatbestandsbeschreibung hinaus vorzu-
dringen zu den anschaulichen Gegebenheiten, die sich der Gesetzgeber
vorgestellt hat. Andererseits erleichtert die schematische Beschreibung
auch wieder die Vergleichung, indem eben die „wesentlichen“ Vergleichs-
gesichtspunkte sofort nahegelegt sind oder wenigstens so angedeutet
sind, daß ihre hermeneutische Ermittelung gewisse Anhaltspunkte be-
sitzt. Man stelle sich vor, der Gesetzgeber würde statt einer „Merkmals-
technik“ die extrem kasuistische Technik der Anführung einzelner Bei-
spiele wählen (also etwa sagen: Diebstahl liegt z. B. vor, wenn jemand
einem andern heimlich einen Schmuck aus dem Kasten nimmt, ihn zu
Geld macht und den Erlös für sich verbraucht . . .), wie schwierig wäre
es dann, die Übereinstimmung eines neu zu beurteilenden teilweise anders
gelagerten Falles mit den vom Gesetzgeber gemeinten Fällen „in den
wesentlichen Punkten“ zu ermitteln! (ist z. B. die Verwertung des weg-
genommenen Gegenstandes „wesentlich“?) Sofern mit der oben bean-
standeten Redeweise von der Subsumtion als „Gleichsetzung des kon-
kreten Sachverhalts mit dem abstrakten Gesetzestatbestand“ nichts an-
deres gemeint wäre, als daß der Lebensfall mit den vom Gesetzgeber ab-
strahierend hervorgekehrten wesentlichen Seiten der ihm vorschweben-
den typischen Fälle zu vergleichen ist, wäre sie hinzunehmen.
B.
Nachdem wir geklärt haben, daß Subsumtion im engeren Sinne
— von der Subordination können wir jetzt wieder ganz absehen —
die Einordnung eines konkreten Falles in den Kreis der durch den
gesetzlichen Tatbestand gemeinten Fälle auf Grund einer Gleich-
setzung mit typischen unter diesen Tatbestand gehörigen Fällen
bedeutet (wobei Gleichheit in den wesentlichen Beziehungen ge-
nügt), bleibt uns von den oben erwähnten Elementen des Untersat-
zes nur noch eines zu behandeln übrig, nämlich die „Feststellung“,
daß sich der konkrete Lebensfall, der sich zur Subsumtion eignet,
„wirklich“ zugetragen hat. Die Subsumtion, wie wir sie in ihrem
Wesen näher kennen gelernt haben, bleibt ja, wie schon bemerkt,
dieselbe, ob nun der zu subsumierende konkreteFall nur in der Phan-
tasie „vorgestellt“ oder als tatsächliches Ereignis „behauptet“ oder
als wirklich geschehen „festgestellt“ wird. In jedem Prozeß ist es
 
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