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Karl Engisch:
schied (sofern es auf ihn ankommt) durch die Ausdrücke „be-
wußtseinswirklich“ und „außerbewußtwirklich“ wiedergegeben
werden kann, wobei dann die im allgemeinen übliche Gleich-
setzung von „wirklich“ und „real“ beibehalten werden kann.
Über Hartmann später. Schließlich vollziehen wir auch für
die Begriffe „Tatsächlichkeit“, Wirklichkeit“, und „Realität“
weder eine Unterscheidung noch eine Unterteilung danach, ob
es sich um „Dasein“ oder „Sosein“ handelt, zumal N. Hartmann
gezeigt hat, daß dieser Gegensatz nur ein relativer ist1. Mag es sich
also um das Daß oder um das Wie und Was eines Gegenstandes oder
eines Vorganges handeln, beides mal ist die Frage nach der Tatsäch-
lichkeit bzw. Wirklichkeit bzw. Realität möglich, ohne daß wir aller-
dings umgekehrt sagen dürfen, daß Dasein und Sosein nur als tat-
sächliches, wirkliches, reales Dasein oder Sosein Vorkommen, denn
es gibt auch ideales Dasein und Sosein z. B. im Bereich der mathe-
matischen Gegenstände und Beziehungen. Was schließlich das Ver-
hältnis von „Wirklichkeit“ und „Realität“ zur „Existenz“ betrifft,
so wollen wir den letzteren Begriff, der durch die Existenzialphilo-
sophie eine besondere Note erhalten hat, in unserem logischen Zu-
1 Grundlegung der Ontologie, namentlich S. 128 ff. „Das Sosein eines
Daseienden besagt überhaupt nichts anderes, als rdaß’ etwas Bestimmtes ran’
etwas Bestimmtem "da ist’“ (S. 132). Dieser Satz läßt sich auch innerhalb
des Weltganzen umkehren: Das Dasein eines bestimmten Etwas in der Welt
bedeutet zugleich ein Sosein der Welt: „Das Dasein des Baumes ist Sosein des
Waldes, das Dasein des Astes Sosein des Baumes, das Dasein des Blattes So-
sein des Astes . . .“. Oder: „Das Dasein des Waldes ist auch ein Sosein der
Landschaft, das Dasein der Landschaft ein Sosein der Erde . . Nur vom
Ganzen der Welt „läßt sich nicht mehr sagen, daß sein Dasein das Sosein
eines Weiteren sei“ (S. 138/39). Mit der letzten Einschränkung kann man
also sagen: „Alles Sosein von etwas cist’ selbst auch Dasein von etwas, alles
Dasein von etwas "ist’ auch Sosein von etwas“ (S. 133). Die Identität von
Dasein und Sosein ist allerdings eine „fortlaufend verschobene Identität“,
denn „sieht man auf ein isoliertes Stück des Seienden allein hin, so fallen
Sosein und Dasein an ihm auseinander“. Nur wenn man das Ganze der Sein-
zusammenhänge ins Auge faßt „ist immer — und zwar in bestimmter Reihen-
ordnung — das Sosein des einen auch schon das Dasein des anderen“ (S. 133).
Die Reihenordnung ist durch folgenden „Richtungsunterschied von Dasein und
Sosein“ gekennzeichnet: „Wenn das Dasein von B ein Sosein von A ist, so
ist deswegen doch nicht das Dasein von A ein Sosein von B, sondern von
einem Dritten. Diese Richtung im Geschaltetsein der Seinsmomente ist eine
eindeutige und irreversible“ (S. 140). Über Dasein und Sosein auch Külpe,
a.a.O., S. 3 ff.; Becher, a.a.O., S. 20 ff.; Höfler, Logik, 1922, S. 462 Abs. 2.
Vgl. ferner zum Text Carnap, Der logische Aufbau der Welt, 1928, S. 241.
Karl Engisch:
schied (sofern es auf ihn ankommt) durch die Ausdrücke „be-
wußtseinswirklich“ und „außerbewußtwirklich“ wiedergegeben
werden kann, wobei dann die im allgemeinen übliche Gleich-
setzung von „wirklich“ und „real“ beibehalten werden kann.
Über Hartmann später. Schließlich vollziehen wir auch für
die Begriffe „Tatsächlichkeit“, Wirklichkeit“, und „Realität“
weder eine Unterscheidung noch eine Unterteilung danach, ob
es sich um „Dasein“ oder „Sosein“ handelt, zumal N. Hartmann
gezeigt hat, daß dieser Gegensatz nur ein relativer ist1. Mag es sich
also um das Daß oder um das Wie und Was eines Gegenstandes oder
eines Vorganges handeln, beides mal ist die Frage nach der Tatsäch-
lichkeit bzw. Wirklichkeit bzw. Realität möglich, ohne daß wir aller-
dings umgekehrt sagen dürfen, daß Dasein und Sosein nur als tat-
sächliches, wirkliches, reales Dasein oder Sosein Vorkommen, denn
es gibt auch ideales Dasein und Sosein z. B. im Bereich der mathe-
matischen Gegenstände und Beziehungen. Was schließlich das Ver-
hältnis von „Wirklichkeit“ und „Realität“ zur „Existenz“ betrifft,
so wollen wir den letzteren Begriff, der durch die Existenzialphilo-
sophie eine besondere Note erhalten hat, in unserem logischen Zu-
1 Grundlegung der Ontologie, namentlich S. 128 ff. „Das Sosein eines
Daseienden besagt überhaupt nichts anderes, als rdaß’ etwas Bestimmtes ran’
etwas Bestimmtem "da ist’“ (S. 132). Dieser Satz läßt sich auch innerhalb
des Weltganzen umkehren: Das Dasein eines bestimmten Etwas in der Welt
bedeutet zugleich ein Sosein der Welt: „Das Dasein des Baumes ist Sosein des
Waldes, das Dasein des Astes Sosein des Baumes, das Dasein des Blattes So-
sein des Astes . . .“. Oder: „Das Dasein des Waldes ist auch ein Sosein der
Landschaft, das Dasein der Landschaft ein Sosein der Erde . . Nur vom
Ganzen der Welt „läßt sich nicht mehr sagen, daß sein Dasein das Sosein
eines Weiteren sei“ (S. 138/39). Mit der letzten Einschränkung kann man
also sagen: „Alles Sosein von etwas cist’ selbst auch Dasein von etwas, alles
Dasein von etwas "ist’ auch Sosein von etwas“ (S. 133). Die Identität von
Dasein und Sosein ist allerdings eine „fortlaufend verschobene Identität“,
denn „sieht man auf ein isoliertes Stück des Seienden allein hin, so fallen
Sosein und Dasein an ihm auseinander“. Nur wenn man das Ganze der Sein-
zusammenhänge ins Auge faßt „ist immer — und zwar in bestimmter Reihen-
ordnung — das Sosein des einen auch schon das Dasein des anderen“ (S. 133).
Die Reihenordnung ist durch folgenden „Richtungsunterschied von Dasein und
Sosein“ gekennzeichnet: „Wenn das Dasein von B ein Sosein von A ist, so
ist deswegen doch nicht das Dasein von A ein Sosein von B, sondern von
einem Dritten. Diese Richtung im Geschaltetsein der Seinsmomente ist eine
eindeutige und irreversible“ (S. 140). Über Dasein und Sosein auch Külpe,
a.a.O., S. 3 ff.; Becher, a.a.O., S. 20 ff.; Höfler, Logik, 1922, S. 462 Abs. 2.
Vgl. ferner zum Text Carnap, Der logische Aufbau der Welt, 1928, S. 241.