Logische Studien zur Gesetzesanwendung
109
ansehen. Sicher betreffen sie nicht die Subsumtion unter das Ge-
setz und vermengen sich daher auch nicht mit dieser1. Die Sub-
sumtion unter das Gesetz liegt erst in der Frage, ob eine Äußerung
solchen Sinnes „Beleidigung“ oder ein „Kaufangebot“ oder eine
„Anfechtung“ usw. ist, und selbstverständlich steckt sie auch schon
in der Frage, auf welchen Sinn ich bei dieser rechtlichen Würdi-
gung überhaupt abstellen will: auf den subjektiven Sinn, soweit
er Ausdruck gefunden hat, oder von vornherein nur auf den objek-
tiven Sinn ohne Rücksicht auf die Gedanken des Äußernden. Wie-
derum hätten wir hier eine klare Dualität der Fragen. Die Fragen,
auf welchen Sinn es ankommt, ob auf den subjektiven oder den
objektiven, und als was sich konkrete Äußerungen so oder so aus-
gelegt rechtlich darstellen, sind Rechtsfragen, dagegen die Fragen,
was subjektiv in concreto gemeint und gewollt war, wieweit dies
Gemeinte und Gewollte mit dem üblichen Sinn der gebrauchten
Worte übereinstimmt, was überhaupt dieser übliche Sinn ist, wären
Tatfragen — immer von der Voraussetzung aus, daß man eben
auch Bräuche als Wirklichkeiten und Tatsachen gelten läßt. Immer-
hin liegen auch hier Schwierigkeiten in derlsolierung der Tatsachen-
feststellung — und zwar sowohl gegenüber der vorrechtlichen Wer-
tung wie auch gegenüber der juristischen Subsumtion und damit
der Rechtsfrage — vor, die sich dann übrigens jeweils verallgemei-
nern lassen: sie betreffen nämlich einmal wie den subjektiven Sinn
so alle Bewußtseinsinhalte und „facta interna“, sie betreffen zum
andern wie die Untersuchung des Verhältnisses von subjektivem
Sinn und sprachüblichem Sinn so die Prüfung aller Gedanken- und
Willensrichtungen auf ihr Verhältnis zu Brauch und Sitte:
Nicht nur bei der Feststellung eines vom Äußernden mit seinen
Worten und Gesten verbundenen Gedankens, sondern überhaupt
bei der Ermittelung von fremdpsychischen Vorstellungen, Gefühlen
und Willensakten bedarf es irgendwie einer Einfühlung in den an-
dern, um demnächst diese Vorstellungen, Gefühle und Willensakte
rechtlich würdigen und subsumieren zu können. Bei den oben
S. 87 mitgeteilten Versen muß man sich in die Stimmung einleben,
aus der heraus sie verfaßt sind, um sie so oder so verstehen zu kön-
nen. Ob man die „wirkliche“ Stimmung des Verfassers und dann
auch seine Gefühle und Gedanken trifft, das hängt von der Phan-
tasie und dem Einfühlungsvermögen, von der inneren Aufnahme-
1 Darin wird also Mannheim S. 11 zugestimmt; im gleichen Sinne auch
Bierling, Jur. Prinzipienlehre IV, S. 30f. Anm. 4.
109
ansehen. Sicher betreffen sie nicht die Subsumtion unter das Ge-
setz und vermengen sich daher auch nicht mit dieser1. Die Sub-
sumtion unter das Gesetz liegt erst in der Frage, ob eine Äußerung
solchen Sinnes „Beleidigung“ oder ein „Kaufangebot“ oder eine
„Anfechtung“ usw. ist, und selbstverständlich steckt sie auch schon
in der Frage, auf welchen Sinn ich bei dieser rechtlichen Würdi-
gung überhaupt abstellen will: auf den subjektiven Sinn, soweit
er Ausdruck gefunden hat, oder von vornherein nur auf den objek-
tiven Sinn ohne Rücksicht auf die Gedanken des Äußernden. Wie-
derum hätten wir hier eine klare Dualität der Fragen. Die Fragen,
auf welchen Sinn es ankommt, ob auf den subjektiven oder den
objektiven, und als was sich konkrete Äußerungen so oder so aus-
gelegt rechtlich darstellen, sind Rechtsfragen, dagegen die Fragen,
was subjektiv in concreto gemeint und gewollt war, wieweit dies
Gemeinte und Gewollte mit dem üblichen Sinn der gebrauchten
Worte übereinstimmt, was überhaupt dieser übliche Sinn ist, wären
Tatfragen — immer von der Voraussetzung aus, daß man eben
auch Bräuche als Wirklichkeiten und Tatsachen gelten läßt. Immer-
hin liegen auch hier Schwierigkeiten in derlsolierung der Tatsachen-
feststellung — und zwar sowohl gegenüber der vorrechtlichen Wer-
tung wie auch gegenüber der juristischen Subsumtion und damit
der Rechtsfrage — vor, die sich dann übrigens jeweils verallgemei-
nern lassen: sie betreffen nämlich einmal wie den subjektiven Sinn
so alle Bewußtseinsinhalte und „facta interna“, sie betreffen zum
andern wie die Untersuchung des Verhältnisses von subjektivem
Sinn und sprachüblichem Sinn so die Prüfung aller Gedanken- und
Willensrichtungen auf ihr Verhältnis zu Brauch und Sitte:
Nicht nur bei der Feststellung eines vom Äußernden mit seinen
Worten und Gesten verbundenen Gedankens, sondern überhaupt
bei der Ermittelung von fremdpsychischen Vorstellungen, Gefühlen
und Willensakten bedarf es irgendwie einer Einfühlung in den an-
dern, um demnächst diese Vorstellungen, Gefühle und Willensakte
rechtlich würdigen und subsumieren zu können. Bei den oben
S. 87 mitgeteilten Versen muß man sich in die Stimmung einleben,
aus der heraus sie verfaßt sind, um sie so oder so verstehen zu kön-
nen. Ob man die „wirkliche“ Stimmung des Verfassers und dann
auch seine Gefühle und Gedanken trifft, das hängt von der Phan-
tasie und dem Einfühlungsvermögen, von der inneren Aufnahme-
1 Darin wird also Mannheim S. 11 zugestimmt; im gleichen Sinne auch
Bierling, Jur. Prinzipienlehre IV, S. 30f. Anm. 4.