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Engisch, Karl; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1960, 1. Abhandlung): Logische Studien zur Gesetzesanwendung — Heidelberg, 1960

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https://doi.org/10.11588/diglit.42461#0128
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118

Karl Engisch:

als Rückfallsdieb oder als Sittlichkeitsverbrecber an einem noch
nicht 14jährigen Kinde verurteilt, so darf, obwohl es sich insoweit
logisch um reine Tatsachenfeststellungen handelt, der Revisions-
richter eingreifen (S. 81). Die oben S. 102 ff. besprochenen Fälle, in
denen sich logisch Tatsachen- und Subsumtionsfrage miteinander
verflechten, würde wohl Peters durchweg der Revision entziehen,
es sei denn, daß der Revisionsrichter selbst durch unmittelbare
Wahrnehmung von Überführungsstücken eine bessere Entscheidung
fällen kann (das Fahnentuch liegt etwa bei den Akten oder von dem
entstellten Gesicht liegt eine deutliche Photographie vor). Tat-
sachenfeststellungen unter Verstoß gegen Erfahrungssätze und Denk-
gesetze werden schließlich auch von Peters (S. 82/83) für revisibel
erklärt, weil hier ,,allgemeingültige Sätze, Deutungsvorgänge und
Tatsachen in Frage (stehen), deren Wirksamkeit unabhängig von
der Gestaltung des Einzelfalles ist“. Wieweit im übrigen Peters
von Schwinge infolge des andersartigen teleologischen Ausgangs-
punktes in den Einzelheiten der Grenzziehung abweicht, brauchen
wir hier nicht näher zu untersuchen (vgl. dazu allgemein Peters,
S. 66 Abs. 2). Für uns genügt die Darlegung der Verschiedenheit
von logischer und juristischer Grenzziehung.
Nur auch um die typisch juristisch-teleologische Relativität
der Grenzziehung von Rechts- und Tatfrage darzutun, sei in Kürze
noch bemerkt, daß auch die Unterscheidung von Tatirrtum und
Rechtsirrtum im Strafrecht nicht nur nicht parallel läuft mit der
logischen Unterscheidung von Tatsachenfeststellung und Subsum-
tion, sondern auch nicht mit der Unterscheidung von irrevisiblen
und revisiblen fehlerhaften Feststellungen bzw. Beurteilungen. Die
Annahme jenes Mannes, der einen Dachs erlegte, der Dachs stehe
nicht auf einer Linie mit Hase, Hirsch und Reh, seine Tötung sei
also nicht dem Jagdberechtigten Vorbehalten (vgl. EntschStr. 10,
S. 234ff.), war logisch gesehen ein reiner Subsumtionsfehler und
zwar auch dann, wenn jener Mann gar keine juristische Betrach-
tung anstellen wollte: denn indem er den konkreten Fall mit den
vom Gesetz zweifelsfrei gemeinten Fällen verglich, vollzog er eine
Subsumtion. Eine solche fehlerhafte Subsumtion wäre auch, von
einem Richter vollzogen, nach allgemeiner Meinung und auch vom
Standpunkt der Schwinge und Peters revisibel. Aber i. S. des
§ 59 StGB, müssen wir diese fehlerhafte Subsumtion als einen „Tat-
irrtum“ ansprechen, als einen Irrtum über „Tatumstände, welche
zum gesetzlichen Tatbestände (des § 292 StGB.) gehören“: der Täter
 
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