50 H. Hurten, Cusanus-Texte V. Brixener Dokumente • Erste Sammlung
Aufmerksamkeit. Die Finanzkraft, die dem Bischof von Brixen wenige
Wochen nach diesem Erlaß den Ankauf der Herrschaft Täufers und die
Hergabe eines großen Darlehens an den Herzog Sigismund erlaubte, mag
in solcher Sorgfalt ihren Ursprung haben.
III
Auch dieses Stück ist ein Erlaß aus der Alltagsarbeit des Kardinals.
Seiner äußeren Form nach ist das Original unseres Stückes ein Patent oder
„offener Brief“ gewesen, wie sich aus dem Vermerk über die Besiegelung
mit aufgedrücktem Siegel „a tergo“ ergibt. Solche Patente wurden dem
Adressaten nicht ausgehändigt, sondern lediglich vorgezeigt. Auch unser
Schreiber G hat auf diese Weise Kenntnis von dem Erlaß erhalten, denn er
vermerkte bei seiner Abschrift den Tag, andern er ihm vorgelegt worden ist.
Das Kathedratikum, das in diesem Erlaß gefordert wird, stand den
Bischöfen von Brixen alljährlich zu. So fällt auch unser Schreiben keines-
wegs aus dem Rahmen des Üblichen. Die Ausschreibungen des Kathedra-
tikums, die wir aus dem 15. Jahrhundert in Brixen kennen,24 unterscheiden
sich nicht wesentlich von unserem Stück. Sie stammen alle aus den beiden
ersten Monaten des Jahres. Dabei scheint es üblich gewesen zu sein, den
Geistlichen Ermahnungen und Vorschriften zu ihrer Amtsführung zu geben.
So hat der Generalvikar Nikolaus Swarat, der 1424 das Kathedratikum
forderte, von allen Geistlichen verlangt, daß sie alle öffentlichen Sünder
auffordern sollten, in einer bestimmten Frist vor ihm zu erscheinen, damit
er ihnen eine gerechte Buße auferlegen könne. Bischof Putsch hatte seine
Forderung im Jahre 1431 mit einer ganzen Litanei von Vorschriften be-
gleitet und insbesondere das Verbot eingeschärft, bischöfliche Reservat-
fälle ohne besondere Erlaubnis zu absolvieren. Gerade in diesem Punkt
zeigt unser Stück eine andere Praxis; es dehnt die Vollmacht der Pfarrer
für die bevorstehende Osterzeit aus. Wie wir aus den Verfügungen für
Albeins (Nr. V) erfahren, entsprach diese Bevollmächtigung der Plebane
dem Brauch. Doch scheint die Ausführlichkeit, mit der dieser Punkt be-
handelt wird, anzudeuten, daß es sich nicht um eine Routineverfügung
handelte, die alljährlich wiederkehrte, zumal auch unser Sammler das ihm
vom Boten des Bischofs vorgelegte Stück der Mühe wert fand, abzuschrei-
ben und aufzubewahren. So ist das Neue dieses Erlasses vielleicht darin
zu sehen, daß die Plebane ihre österlichen Beichtvollmachten jetzt auch auf
ihre Hilfsgeistlichen „iuxta ipsorum ydoneitatem“ ausdehnen können,
während die aus dem Vorjahr stammenden Verfügungen für Albeins an-
scheinend eine Einschränkung gewünscht hatten, in dem sie die Eignung
24 Sinnacher VI, 91 (17. II. 1424), 132 f. (20. I. 1431), 619 (2. I. 1481).
Aufmerksamkeit. Die Finanzkraft, die dem Bischof von Brixen wenige
Wochen nach diesem Erlaß den Ankauf der Herrschaft Täufers und die
Hergabe eines großen Darlehens an den Herzog Sigismund erlaubte, mag
in solcher Sorgfalt ihren Ursprung haben.
III
Auch dieses Stück ist ein Erlaß aus der Alltagsarbeit des Kardinals.
Seiner äußeren Form nach ist das Original unseres Stückes ein Patent oder
„offener Brief“ gewesen, wie sich aus dem Vermerk über die Besiegelung
mit aufgedrücktem Siegel „a tergo“ ergibt. Solche Patente wurden dem
Adressaten nicht ausgehändigt, sondern lediglich vorgezeigt. Auch unser
Schreiber G hat auf diese Weise Kenntnis von dem Erlaß erhalten, denn er
vermerkte bei seiner Abschrift den Tag, andern er ihm vorgelegt worden ist.
Das Kathedratikum, das in diesem Erlaß gefordert wird, stand den
Bischöfen von Brixen alljährlich zu. So fällt auch unser Schreiben keines-
wegs aus dem Rahmen des Üblichen. Die Ausschreibungen des Kathedra-
tikums, die wir aus dem 15. Jahrhundert in Brixen kennen,24 unterscheiden
sich nicht wesentlich von unserem Stück. Sie stammen alle aus den beiden
ersten Monaten des Jahres. Dabei scheint es üblich gewesen zu sein, den
Geistlichen Ermahnungen und Vorschriften zu ihrer Amtsführung zu geben.
So hat der Generalvikar Nikolaus Swarat, der 1424 das Kathedratikum
forderte, von allen Geistlichen verlangt, daß sie alle öffentlichen Sünder
auffordern sollten, in einer bestimmten Frist vor ihm zu erscheinen, damit
er ihnen eine gerechte Buße auferlegen könne. Bischof Putsch hatte seine
Forderung im Jahre 1431 mit einer ganzen Litanei von Vorschriften be-
gleitet und insbesondere das Verbot eingeschärft, bischöfliche Reservat-
fälle ohne besondere Erlaubnis zu absolvieren. Gerade in diesem Punkt
zeigt unser Stück eine andere Praxis; es dehnt die Vollmacht der Pfarrer
für die bevorstehende Osterzeit aus. Wie wir aus den Verfügungen für
Albeins (Nr. V) erfahren, entsprach diese Bevollmächtigung der Plebane
dem Brauch. Doch scheint die Ausführlichkeit, mit der dieser Punkt be-
handelt wird, anzudeuten, daß es sich nicht um eine Routineverfügung
handelte, die alljährlich wiederkehrte, zumal auch unser Sammler das ihm
vom Boten des Bischofs vorgelegte Stück der Mühe wert fand, abzuschrei-
ben und aufzubewahren. So ist das Neue dieses Erlasses vielleicht darin
zu sehen, daß die Plebane ihre österlichen Beichtvollmachten jetzt auch auf
ihre Hilfsgeistlichen „iuxta ipsorum ydoneitatem“ ausdehnen können,
während die aus dem Vorjahr stammenden Verfügungen für Albeins an-
scheinend eine Einschränkung gewünscht hatten, in dem sie die Eignung
24 Sinnacher VI, 91 (17. II. 1424), 132 f. (20. I. 1431), 619 (2. I. 1481).