Die Vorgeschichte des sogenannten Zweiten Korintherbriefes
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Diese Angaben des I. Korintherbriefs, so sehr sie die Sorge des Paulus
um die korinthische Gemeinde aussprechen, erwecken noch durchaus den
Eindruck, daß der Apostel der bestimmten Meinung sein konnte, durch
seinen Brief, genauer: seine bisher abgefaßten Briefe - unserm I. Korin-
therbrief ist schon ein 5,9 erwähnter vorangegangen - und durch die Sen-
dung des Timotheus der Unordnung und Unbotmäßigkeit der Gemeinde
Herr zu werden. Dies hat sich auch zunächst erfüllt. Timotheus hat Korinth
wohl nicht ohne Erfolg wieder verlassen und ist bei Abfassung unseres
zweiten „Briefes“ wieder bei Paulus10. Daß er, wie häufig vermutet wird,
seiner Aufgabe nicht gewachsen gewesen sei, ist schon darum unwahrschein-
lich, weil bald nach ihm Titus, ein anderer Mitarbeiter des Apostels, in
Korinth - offenbar mit bestem Erfolg11 - die Sammlung für Jerusalem an-
fangen konnte. Zunächst also scheint das Verhältnis der Gemeinde zu
Paulus wieder in Ordnung gekommen zu sein. Danach erst ist die Situation
von neuem kritisch geworden, ja zwischen der Abfassung des I. Korinther-
briefes und der des sogenannten II. Korintherbriefes hat sich die Lage aufs
äußerste verschärft. Neue Geister und Gegner sind inzwischen in Korinth
aufgetaucht und haben in der Gemeinde mit ihrer Verkündigung und ihrem
Auftreten Eindruck gemacht und sie zur Rebellion gegen den Apostel be-
wogen. So hat Paulus sich entgegen seinem früheren Plan zu einem schnel-
len Zwischenbesuch entschließen müssen. Aber dieser ist erschütternd ver-
laufen. Er hat die Gemeinde in völligem Aufruhr gegen ihn vorgefunden.
Einer aus ihrer Mitte hat ihm schweres Unrecht zugefügt, und der Apostel
hat Korinth wieder verlassen müssen, ohne die Gemeinde zurückgewonnen
und zur Ordnung gebracht zu haben. Darum hat er unmittelbar danach,
wie er II 2, 4 rückblickend schreibt, „aus großer Drangsal und Angst des
Herzens unter vielen Tränen“ einen neuen Brief geschrieben und die Ge-
meinde zur Besinnung gerufen12 und wenn nicht gleichzeitig, so doch un-
mittelbar darauf den schon genannten Titus nach Korinth entsandt und
ist selbst einige Zeit später13 über Troas, sein erfolgreiches missionarisches
Wirken daselbst vorzeitig abbrechend, weil die Hoffnung, mit Titus schon
hier wieder zusammenzutreffen, sich nicht so schnell erfüllte14, ihm nach
Mazedonien entgegengereist. Hier endlich hat er Titus gefunden und von
10 Vgl. das Präskript II Kor 1, 1. 11 II Kor 8, 9; 9, 2; vgl. auch 12, 17f.
12 Vgl. auch II Kor 7, 8-12.
13 Die Zeit ist nicht ganz kurz zu denken. Denn während der Wirksamkeit des
Titus in Korinth scheint Paulus einige Zeit verhaftet gewesen zu sein. Deuten
II 11, 24ff. schon auf schwere, wohl auch in Ephesus erlittene Verfolgungen
von jüdischer und heidnischer Seite, so erst recht die Todesgefahr, die
er nach II 1, 8ff. in Asia zu bestehen hatte. Aus der an dieser Stelle wohl an¬
gedeuteten Gefangenschaft dürfte der Philipperbrief stammen (gute Gründe
sprechen für Ephesus, nicht Rom oder Caesarea als Abfassungsort).
14 II Kor 2, 12f.
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Diese Angaben des I. Korintherbriefs, so sehr sie die Sorge des Paulus
um die korinthische Gemeinde aussprechen, erwecken noch durchaus den
Eindruck, daß der Apostel der bestimmten Meinung sein konnte, durch
seinen Brief, genauer: seine bisher abgefaßten Briefe - unserm I. Korin-
therbrief ist schon ein 5,9 erwähnter vorangegangen - und durch die Sen-
dung des Timotheus der Unordnung und Unbotmäßigkeit der Gemeinde
Herr zu werden. Dies hat sich auch zunächst erfüllt. Timotheus hat Korinth
wohl nicht ohne Erfolg wieder verlassen und ist bei Abfassung unseres
zweiten „Briefes“ wieder bei Paulus10. Daß er, wie häufig vermutet wird,
seiner Aufgabe nicht gewachsen gewesen sei, ist schon darum unwahrschein-
lich, weil bald nach ihm Titus, ein anderer Mitarbeiter des Apostels, in
Korinth - offenbar mit bestem Erfolg11 - die Sammlung für Jerusalem an-
fangen konnte. Zunächst also scheint das Verhältnis der Gemeinde zu
Paulus wieder in Ordnung gekommen zu sein. Danach erst ist die Situation
von neuem kritisch geworden, ja zwischen der Abfassung des I. Korinther-
briefes und der des sogenannten II. Korintherbriefes hat sich die Lage aufs
äußerste verschärft. Neue Geister und Gegner sind inzwischen in Korinth
aufgetaucht und haben in der Gemeinde mit ihrer Verkündigung und ihrem
Auftreten Eindruck gemacht und sie zur Rebellion gegen den Apostel be-
wogen. So hat Paulus sich entgegen seinem früheren Plan zu einem schnel-
len Zwischenbesuch entschließen müssen. Aber dieser ist erschütternd ver-
laufen. Er hat die Gemeinde in völligem Aufruhr gegen ihn vorgefunden.
Einer aus ihrer Mitte hat ihm schweres Unrecht zugefügt, und der Apostel
hat Korinth wieder verlassen müssen, ohne die Gemeinde zurückgewonnen
und zur Ordnung gebracht zu haben. Darum hat er unmittelbar danach,
wie er II 2, 4 rückblickend schreibt, „aus großer Drangsal und Angst des
Herzens unter vielen Tränen“ einen neuen Brief geschrieben und die Ge-
meinde zur Besinnung gerufen12 und wenn nicht gleichzeitig, so doch un-
mittelbar darauf den schon genannten Titus nach Korinth entsandt und
ist selbst einige Zeit später13 über Troas, sein erfolgreiches missionarisches
Wirken daselbst vorzeitig abbrechend, weil die Hoffnung, mit Titus schon
hier wieder zusammenzutreffen, sich nicht so schnell erfüllte14, ihm nach
Mazedonien entgegengereist. Hier endlich hat er Titus gefunden und von
10 Vgl. das Präskript II Kor 1, 1. 11 II Kor 8, 9; 9, 2; vgl. auch 12, 17f.
12 Vgl. auch II Kor 7, 8-12.
13 Die Zeit ist nicht ganz kurz zu denken. Denn während der Wirksamkeit des
Titus in Korinth scheint Paulus einige Zeit verhaftet gewesen zu sein. Deuten
II 11, 24ff. schon auf schwere, wohl auch in Ephesus erlittene Verfolgungen
von jüdischer und heidnischer Seite, so erst recht die Todesgefahr, die
er nach II 1, 8ff. in Asia zu bestehen hatte. Aus der an dieser Stelle wohl an¬
gedeuteten Gefangenschaft dürfte der Philipperbrief stammen (gute Gründe
sprechen für Ephesus, nicht Rom oder Caesarea als Abfassungsort).
14 II Kor 2, 12f.