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Günther Bornkamm
ihm den ersehnten Bericht über den Erfolg seines Schmerzensbriefes und
die nunmehr erreichte Aussöhnung zwischen ihm und der Gemeinde er-
halten15 und kann jetzt in überschwänglichen Worten von der Versöhnung
reden und sich für den Übeltäter bei der Gemeinde, die zum Beweis ihrer
Treue gegenüber dem Apostel mit ihm hart ins Gericht gegangen ist, mit
allem Nachdruck verwenden16.
II.
Alle diese Angaben über den Konflikt des Paulus mit der Gemeinde,
den Zwischenbesuch und Schmerzensbrief, die Mission des Titus bis hin zu
der Nachricht, welche dieser dem besorgten Apostel in Mazedonien über-
bringen konnte, stehen im ersten, zweiten und siebenten Kapitel unseres
„Briefes“. Doch sind wir für die Beantwortung nach Herkunft und Cha-
rakter der Gegner auf andere Partien des Briefes gewiesen, die, wie zahl-
reiche Forscher seit langem meines Erachtens mit Recht vertreten haben,
unmöglich zusammen mit den ganz auf den Ton der Versöhnung gestimm-
ten Teilen des „Briefes“ geschrieben sein können17. Gleichwohl ist der
sachliche Zusammenhang auch dieser anderen Teile mit den zuerst ge-
nannten unbestreitbar. Denn trotz der erheblichen Divergenzen aller Teile,
die uns im folgenden noch beschäftigen werden, verbindet sie alle ein
sachliches Thema und gibt dem Briefganzen sogar wie keinem anderen
paulinischen Briefe sonst seine innere Einheit. Dieses beherrschende Thema
ist das Wesen und die Legitimität des apostolischen Amtes, das die Gegner
dem Paulus ebenso leidenschaftlich bestritten haben, wie er selbst es für
sich verteidigen muß. Es ist darum kein Zweifel möglich, daß es auch bei
dem II Kor 2 und 7 erwähnten Konflikt und seiner endlichen Beilegung
nicht um irgendeinen persönlichen Streit, sondern um das Apostelamt des
Paulus ging. Nur darum kann Paulus auch mit Nachdruck sagen, daß nicht
eigentlich er, sondern die Gemeinde durch den Übeltäter betrübt worden
ist18. Die Annahme ist also durchaus berechtigt, daß das Treiben der Geg-
ner den geschichtlichen Hintergrund und die Veranlassung für den Zwi-
schenbesuch bildete und der im einzelnen nicht mehr aufzuhellende Zwi-
schenfall nur eine besonders erschreckende Explosion im Zusammenhang
des gegen Paulus geführten Kampfes war. Wir haben also den Brief in
allen seinen disparaten Teilen daraufhin zu befragen, welcher Art die
Gegner waren und worauf ihre Agitation abzielte, um so das sachliche An-
liegen des Apostels selbst um so besser zu begreifen.
15 II Kor 7, 5ff.
16 II Kor 2, 5ff.; 7, 8ff.
17 Näheres s. u. S. 16ff.
18 II Kor 2, 5.
Günther Bornkamm
ihm den ersehnten Bericht über den Erfolg seines Schmerzensbriefes und
die nunmehr erreichte Aussöhnung zwischen ihm und der Gemeinde er-
halten15 und kann jetzt in überschwänglichen Worten von der Versöhnung
reden und sich für den Übeltäter bei der Gemeinde, die zum Beweis ihrer
Treue gegenüber dem Apostel mit ihm hart ins Gericht gegangen ist, mit
allem Nachdruck verwenden16.
II.
Alle diese Angaben über den Konflikt des Paulus mit der Gemeinde,
den Zwischenbesuch und Schmerzensbrief, die Mission des Titus bis hin zu
der Nachricht, welche dieser dem besorgten Apostel in Mazedonien über-
bringen konnte, stehen im ersten, zweiten und siebenten Kapitel unseres
„Briefes“. Doch sind wir für die Beantwortung nach Herkunft und Cha-
rakter der Gegner auf andere Partien des Briefes gewiesen, die, wie zahl-
reiche Forscher seit langem meines Erachtens mit Recht vertreten haben,
unmöglich zusammen mit den ganz auf den Ton der Versöhnung gestimm-
ten Teilen des „Briefes“ geschrieben sein können17. Gleichwohl ist der
sachliche Zusammenhang auch dieser anderen Teile mit den zuerst ge-
nannten unbestreitbar. Denn trotz der erheblichen Divergenzen aller Teile,
die uns im folgenden noch beschäftigen werden, verbindet sie alle ein
sachliches Thema und gibt dem Briefganzen sogar wie keinem anderen
paulinischen Briefe sonst seine innere Einheit. Dieses beherrschende Thema
ist das Wesen und die Legitimität des apostolischen Amtes, das die Gegner
dem Paulus ebenso leidenschaftlich bestritten haben, wie er selbst es für
sich verteidigen muß. Es ist darum kein Zweifel möglich, daß es auch bei
dem II Kor 2 und 7 erwähnten Konflikt und seiner endlichen Beilegung
nicht um irgendeinen persönlichen Streit, sondern um das Apostelamt des
Paulus ging. Nur darum kann Paulus auch mit Nachdruck sagen, daß nicht
eigentlich er, sondern die Gemeinde durch den Übeltäter betrübt worden
ist18. Die Annahme ist also durchaus berechtigt, daß das Treiben der Geg-
ner den geschichtlichen Hintergrund und die Veranlassung für den Zwi-
schenbesuch bildete und der im einzelnen nicht mehr aufzuhellende Zwi-
schenfall nur eine besonders erschreckende Explosion im Zusammenhang
des gegen Paulus geführten Kampfes war. Wir haben also den Brief in
allen seinen disparaten Teilen daraufhin zu befragen, welcher Art die
Gegner waren und worauf ihre Agitation abzielte, um so das sachliche An-
liegen des Apostels selbst um so besser zu begreifen.
15 II Kor 7, 5ff.
16 II Kor 2, 5ff.; 7, 8ff.
17 Näheres s. u. S. 16ff.
18 II Kor 2, 5.