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Bornkamm, Günther; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1961, 2. Abhandlung): Die Vorgeschichte des sogenannten Zweiten Korintherbriefes — Heidelberg, 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.44191#0020
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Günther Bornkamm

riker A. Hausrath genauer begründet68, hat inzwischen bei zahlreichen
Forschern, besonders angelsächsischen69, Zustimmung gefunden, freilich
auch bis in die neueste Zeit Widerspruch erfahren70. Die gewichtigsten
Gegengründe sollen gleich zur Sprache kommen. Doch nenne ich zuvor die
Gründe, die meines Erachtens bündig gegen die bisher vorgeschlagenen
Versuche, die Diskrepanz der Briefteile zu erklären und damit die Einheit-
lichkeit des Briefes zu verteidigen, sprechen. Weder kann man von einem
Themawechsel reden71, der zwangsläufig eine neue Tonart bedingte - tat-
sächlich sind das apostolische Amt und seine Verteidigung das beherr-
schende Thema auch in den früheren Briefteilen - noch trifft die Behaup-
tung zu, daß die letzten Kapitel sich nicht so sehr an die Gemeinde als an
die Gegner des Paulus richten72. In Wahrheit ist hier wie auch sonst einzig
die Gemeinde angeredet und zwar die dem Apostel schon nahezu ab-
trünnig gewordene. Vollends unmöglich scheint mir die Erklärung, Paulus
habe sein Briefdiktat unterbrochen und in veränderter Gemütsverfassung
nach schlaflos verbrachter Nacht fortgesetzt73 oder habe nach dem Diktat
mit eigener Hand eine letzte, etwas lang geratene Warnung vor den Geg-
nern angefügt74. Doch scheitern diese und ähnliche Erklärungen, unter
denen auch der Hinweis auf das stürmische Temperament des Apostels75
und die an sich natürlich beherzigenswerte Mahnung nicht fehlen, bei
einem so situationsgebundenen Dokument nicht jeglichen Umstand auf-
hellen zu wollen, einfach an der Tatsache, daß die äußere und innere Lage
68 A. Hausrath, Der Vierkapitelbrief des Paulus an die Korinther, 1870. Vgl.
aber schon Semler in seiner Paraphrasis II ep. ad. Cor., 1776 (Windisch,
a. a. O., S. 12). Allerdings datiert S. dieses Fragment dann später als den Ver-
söhnungsbrief.
69 Vor allem J. H. Kennedy in mehreren Arbeiten (Referat bei Windisch, a. a.
0., S. 13) und A. Plummer, A Critical and Exegetical Commentary on the II
Epistle of St. Paul to the Corinthians, 1915 (mehrere Neudrucke). Ferner
R. H. Strachan, The II Epistle of Paul to the Corinthians, 1935; A. D. Nock,
Paulus, 1940, S. 138; T. W. Manson, St. Paul in Ephesus, (3) The Corinthian
Correspondence, Bulletin of the John Rylands Library, 16, 1941/42, S. 101f.;
331ff.; W. L. Knox, The Acts of the Apostles, 1948, S. 61.
70 Neuere Bestreiter der Vier-Kapitel-Hypothese sind u. a. H. Lietzmann - W. G.
Kümmel, An die Korinther, Handb. z. NT, 9, 4. Aufl., 1949; P. Feine - J.Behm,
Einleitung in das NT, 9. Aufl., 1950, S. 161ff.; W. Michaelis, Einleitung in
das NT, 3. Aufl. 1961, S. 178f.
71 So A. Schlatter, Paulus, der Bote Jesu, 1934.
72 Dies wird seit A. Klöpper, Kommentar über das zweite Sendschreiben des
Apostels Paulus an die Korinthier, 1874, S. 57ff. 414ff. fast von allen Ver-
teidigern der Integrität des Briefes behauptet.
73 H. Lietzmann a. a. 0., S. 139.
74 W. Bousset, Der zweite Brief an die Korinther, in: Die Schriften des NT,
Bd. 2, 3. Aufl., 1917, S. Ulf. 205f.
75 Bei aller Leidenschaft seines Temperamentes sind aufs Ganze gesehen die pau-
linischen Briefe und Briefabschnitte sehr sorgfältig durchdisponiert. Das gilt
auch für II Kor 10-13.
 
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