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Bornkamm, Günther; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1961, 2. Abhandlung): Die Vorgeschichte des sogenannten Zweiten Korintherbriefes — Heidelberg, 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.44191#0024
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Günther Bornkamm

Als erster hat darum Joh. Weiss83 die naheliegende, von R. Bultmann84
und anderen übernommene Vermutung ausgesprochen, daß auch dieser
große und eigentliche Hauptteil zusammen mit Kapitel 10-13 seinen ur-
sprünglichen Platz in dem Schmerzensbrief hatte. Doch ist diese Hypothese,
wie neuere Untersuchungen gezeigt haben, fraglich und unwahrscheinlich85.
So eng sich nämlich beide Abschnitte thematisch berühren, ist doch auch
hier noch einmal Situation und Charakter verschieden86. Schon ist auch in
2, 14-7, 4 das Treiben der Gegner vorausgesetzt und Paulus muß sein
Amt und Evangelium verteidigen, aber noch redet er als ein Überlegener,
glaubt seiner Gemeinde sicher zu sein und wirbt um sie mit aller Zuver-
sicht: „Unser Mund hat sich euch gegenüber aufgetan, ihr Korinther, unser
Herz hat sich weit erschlossen . . . Zu der gleichen Erwiderung aber - ich
rede wie zu Kindern - erschließt auch ihr euch weit“ (6, 1 lf.). „Gebt uns
Raum; wir haben niemand Unrecht getan . . . Viel Zuversicht habe ich zu
euch, viel ist meines Rühmens eurethalben; ich bin mit Trost erfüllt, ich
bin überreich an Freude bei aller unserer Bedrängnis“ (7, 4). Von solcher
Zuversicht ist in den letzten Kapiteln nicht mehr die Rede, nur noch in
bittersten Worten von der Willfährigkeit der Gemeinde, die die falsche
Botschaft, den Selbstruhm und die Herrschsucht der Pseudapostel sich nur
allzu gerne gefallen läßt. „Ihr ertragt ja gern die Toren, ihr, die ihr klug
seid. Ihr ertragt es ja, wenn jemand euch knechtet, wenn jemand euch auf-
frißt, wenn jemand (euch) einfängt, wenn jemand sich überhebt, wenn
jemand euch ins Gesicht schlägt. Zur Schande sage ich es . . .“ (11, 20f.).
Möchten sie doch nun, wenn sie ihm schon diese Narrenrolle aufzwingen,
auch das törichte Rühmen des Apostels sich gefallen lassen, heißt es in den
Kapiteln 11 und 1287, um dann mit einer letzten Warnung und einem Auf-

Stichwort-Verbindung von 7, 5ff. mit v. 4 geltend (παράκλησις / παρακαλεϊν,
χαρά /χαρήναι, θλϊψις / θλίβεσθαι). Doch darf diese Beobachtung nicht die
Tatsache verdecken, daß 7, 2-4 (in Fortsetzung von 6, 11-13) den allgemeinen
Grund ausspricht für die Hoffnung, die P. auf die Korinther setzt, und die
Bitte, die er an sie richtet, aber noch nicht sich auf den durch Rückkehr und
Bericht des Titus empfangenen Trost bezieht.
83 Joh. Weiss, a. a. 0., S. 265.
84 R. Bultmann, a. a. 0., S. 14 A. 16.
85 W. Schmithals, die Gnosis in Korinth, S. 19ff. D. Georgi, a. a. 0., S. 16ff.
88 Richtig von Windisch, a. a. O., S. 225 bemerkt. Gegen die von Joh. Weiss
und A. Loisy vertetene Verbindung von 2, 14 - 7, 4 mit 10-13 spricht nach
Windisch: „1) hebt sich die herzliche Ansprache 6, 11-13; 7, 2-4 zu sehr
vom Tenor der in C (gemeint sind die Schlußkapitel) gegebenen Auseinander-
setzung ab und 2) macht C nicht den Eindruck, daß eine so enthusiastische und
ausgezeichnete Beschreibung des ap. Amtes unmittelbar vorangegangen sein
sollte.“ W. selbst schlägt freilich eine noch weniger überzeugende, komplizierte
Umstellung in Kpp 1-7 vor, insbesondere die Einordnung von 2, 14 - 7, 4 (im
einzelnen noch weiter umgruppiert!) hinter 7, 16.
87 11, 16ff.; 12, llff.
 
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