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Bornkamm, Günther; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1961, 2. Abhandlung): Die Vorgeschichte des sogenannten Zweiten Korintherbriefes — Heidelberg, 1961

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https://doi.org/10.11588/diglit.44191#0031
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Die Vorgeschichte des sogenannten Zweiten Korintherbriefes

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Die theologisch bedenkliche Richtung, die damit eingeschlagen war,
ist nur allzu deutlich: der summarischen apokalyptischen Etikettierung
der Gegner entspricht ja zugleich eine Verfestigung der Glaubensbotschaft
zur reinen Lehre, die zu keiner wirklichen Auseinandersetzung mit dem
Gegner mehr bereit ist, wie auch ein idealisiertes Apostelbild und eine
formale Fixierung der Autorität heiliger Schriften. Der wirkliche Paulus
des II. Korintherbriefes streitet dagegen, wie wir sahen, sehr energisch mit
seinen Gegnern, verzichtet hier wie auch sonst auf ein bloßes Geltend-
machen seiner apostolischen Autorität und bemüht sich bis zur Selbstpreis-
gabe darum, auch bei der verführten Gemeinde Verständnis zu finden.
Es wäre nun freilich unbillig, die angedeutete Entwicklung ohne wei-
teres schon dem Sammler und Herausgeber der paulinischen Korrespondenz
zur Last zu legen. Er hat die fraglos urpaulinischen Texte des Briefganzen
bewahrt und ohne Retouche weitergegeben. Nur an einer Stelle meine ich,
in Sinne einer formal gedachten Sukzession (H. v. Campenhausen, Kirchl.
Amt u. geistl. Vollmacht, 1953, S. 168f. 87f.). Auch die Pastoralbriefe setzen
deutlich die durch die nachpaulinische Häresie entstandene Situation voraus
und werden richtig von W. Bauer, a. a. O., S. 228 (vgl. auch H. v. Campen-
hausen, Polykarp von Smyrna und die Pastoralbriefe, 1951, S. llf.) als ein
Versuch der Kirche charakterisiert sein, „Paulus unmißverständlich in die anti-
häretische Front einzugliedern und den Mangel an Vertrauen zu ihm in kirch-
lichen Kreisen zu beheben“ (anders W. Schmithals, Artk. Pastoralbriefe, Rel.
in Gesch. u. Gegenw., Bd. V, 1961, Sp. 147). Apg und Past unterscheiden sich
freilich darin, daß die erstere den für die Zwölf reservierten Aposteltitel, den
die Past Paulus selbstverständlich geben, ihm nicht konzidiert, jedoch nicht,
um ihn zu diskreditieren, sondern gerade um ihn zum Repräsentanten der
apostolischen Kirche zu machen, der von den Jerusalemer Aposteln abhängig,
aber zugleich legitimiert ist, gerade so aber für die jungen heidenchristlichen
Gemeinden unanfechtbare Autorität bleiben soll (vgl. G. Klein, a. a. 0., S.
183f. 213ff.). Die geschichtliche Bedeutung dieser lukanischen Konzeption läßt
sich erst ermessen auf dem Hintergrund der Tatsache, daß Paulus nicht nur
von bestimmten judenchristlichen Kreisen wie bekannt scharf abgelehnt wurde,
sondern auch der Kirche selbst weithin suspekt war und ignoriert wurde,
(Hegesipp, Papias, Justin, vgl. W. Bauer, a. a. 0., S. 215ff.). Auch der II.
Petrusbrief bezeugt dieses Mißtrauen gegen Paulus und macht ihn bis zu einem
gewissen Grade für den Mißbrauch verantwortlich, den die Häretiker mit
seinen Briefen getrieben haben, nennt ihn darum auch nicht Apostel (3, 16,
vgl. G. Klein, a. a. 0., S. 105), obwohl auch hier der Versuch gemacht wird,
ihn für die Kirche zu retten. Verbindliche Autorität ist jedoch nicht er, sondern
sind die Zwölf, an ihrer Spitze Petrus (vgl. E. Käsemann. Eine Apologie der
urchristlichen Eschatologie, Zeitschr. f. Theol. u. Kirche, 49, 1952, S. 272ff., bes.
279; G. Klein, a. a. 0., S. lOOff.). Die Grundzüge des oben gekennzeichneten
Apostelbildes sind im II Petr aber noch dieselben wie in Apg 20, 17ff. und
Past, wenn auch hier exklusiv und ebenso testamentarisch fixiert auf Petrus
angewandt (der Apostel als Ankündiger der heraufziehenden Häresie und als
autoritativer Garant kirchlicher Lehre). Dagegen erscheint Paulus in der
gleichen Rolle im II. Thessalonicherbrief (seine Unechtheit vorausgesetzt) und
in den späteren Fälschungen des Laodicener- und des III. Korintherbriefes.
 
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