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Bornkamm, Heinrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1965, 1. Abhandlung): Luther als Schriftsteller: vorgelegt am 6. Juni 1964 — Heidelberg, 1965

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https://doi.org/10.11588/diglit.44206#0021
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Luther als Schriftsteller

9

gros bucher zumachen, es solt villeicht mit gütlicher hulff mir schleu-
niger folgen, dan yhnen nach meiner art einen kleynen sermon zu-
machen8.“ Aber das war eine Waffe im Kampf; genauso, wenn er
den unverkennbaren Einfluß seiner Sprache auf die Schriften und die
Bibelübersetzungen seiner Gegner feststellte: „Den es thut mir doch
sanfft, das ich auch meine undanckbare jünger, dazu meine feinde
reden gelert habe9.“ Und es diente ihm zur freundschaftlichen Ver-
sicherung seines guten Willens, wenn er Spalatin auf das wieder-
holte Drängen des Kurfürsten, eine Postille zu schreiben, anwortete:
er habe zwar eine flinke Hand und ein zuverlässiges Gedächtnis und
er brauche, was er schreibe, nicht herauszupressen, sondern es fließe,
und doch komme er seinen vielfachen Verpflichtungen nicht nach10.
Er beschrieb es als ganz natürliches Zeichen seiner bedrängten Si-
tuation, wenn ihn, der eine solche Rolle in solcher Zeit zu spielen
habe, zahllose verwunderliche Gedanken bei Tag und Nacht heim-
suchten, so daß er sie, um etwas davon zu behalten, mit zwei oder
drei Worten aufzeichnen müsse; und er verbat es sich nachdrücklich,
daß man solche Zettel ohne seinen Willen zum Druck brächte. Denn
über wie viele solcher Einfälle wird Gott, vor dem wir uns damit
aufspielen, sich lustig machen wie über seine Hofnarren, die ihn das
Regieren lehren wollen, „wie auch ich es nicht selten getan habe und
noch oft tue“! Er habe dann selbst oft gemerkt, „wenn die Hitze
der Entdeckung abgekühlt war“, wie töricht seine Gedanken waren
„vor übergroßer Weisheit11“. Man mißversteht Luther, wenn man
8 Von den guten Werken (1520) 6; 203, 5ff. Sexternlein: Schriften von einem
Bogen. Ähnlich auch in der Vorrede zum Alten Testament (1523), in der er
stolz zehntausend Tadler seinerÜbersetzung erwartet, „ehe ich eynen funde, der
myr das zwentzigst teyl nach thett“. Aber er fügt auch hier sofort hinzu: er sei
zwar auch gelehrt genug, an der Übersetzung des Hieronymus manches zu ta-
deln, „aber er solt myr auch wol widderumb trotz bieten, das ichs yhm nach
thet“. Und er bekennt, was er beim Übersetzen erfahren hat: „Ich meynet auch,
ich were geleret ..., aber nu sehe ich, das ich auch noch nicht meyn angeporne
deutsche sprach kan.“ WA Deutsche Bibel 8; 32, 6ff.
9 Sendbrief vom Dolmetschen (1530) 30 II; 633, 17.
10 Sum certe velocis manus et promptae memoriae, e qua mihi fluit potius quam
premitur, quicquid scribo, nec sic tarnen sufficio. 8. Febr. 1520, Br. 2; 36, 34.
11 Quando enim sustinere cogor personam talem ac tantam, praesertim tali tem-
pore, necesse est me dies et noctes aestuare et abundare cogitationibus mirabi-
libus, quas memoriae impotentia (infinitae enim sunt) cogit in chartam duobus
aut tribus verbis signare velut rüde chaos, aliquando, si opus esset, formandum
 
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