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Hommel, Hildebrecht; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1968, 3. Abhandlung): Ciceros Gebetshymnus an die Philosophie Tusculanen V 5: vorgetragen am 16. Dez. 1967 — Heidelberg, 1968

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https://doi.org/10.11588/diglit.44216#0039
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Ciceros Gebetshymnus an die Philosophie 35
„unsterblich“ zu sein, indem man dazu baldmöglichst
gelangt sei14.’
Dieser Abschnitt, an dessen Ende nun erstmals die uns im Blick
auf Cicero besonders angehende „Unsterblichkeit“ (αθάνατον είναι)
als Höchstwert aufscheint, bedarf einiger erläuternder Bemerkun-
gen15. Platon entwickelt wie bereits festgestellt eine im Sinn seiner
Gegner (zunächst des Tyrtaios, dann des bekannten Skolions) ent-
worfene Priamel16, die nicht dem Schema des Skolions folgt, wo die
auf gezählten Werte sinngemäß gestuft sind, sondern demjenigen des
Tyrtaios, der unterschiedslos registriert, um dann allerdings über-
trumpfend den Höchstwert aufzusetzen17. Während dieser bei dem
Dichter von der männlichen, im Kriege bewährten αρετή gebildet
wird (9, v. 10ff.), wählt Platon — immer im Sinne der Gegenseite -
überraschenderweise das αθάνατον είναι, das man zudem so rasch wie
möglich erreichen solle. Was ist darunter zu verstehen? Um diese
für uns entscheidende Frage zu beantworten, empfiehlt es sich, zuvor
den Rest des ganzen Abschnitts 661 B 4 ff. ins Auge zu fassen, dem
hiefür eine so wichtige Rolle zukommt, daß wir ihn weithin im
Wortlaut bieten und wieder mit einer die Interpretation entlasten-
den Übersetzung versehen wollen. Der spürbare Neuansatz an dieser
14 „(und zwar) indem dies (seil, τό τέλος) baldmöglichst eingetreten sei“, so bezieht
mein Schüler P. Nicolaus das γενόμενον, auch dies wohl weniger überzeugend.
Dasselbe gilt von Hieron. Müller’s Übersetzung (Rowohlts Klassiker 54. 1959,
S. 43) „im Besitz von dem allen, zu welchem man baldmöglichst gelangte, un-
sterblich zu sein“. Dagegen befindet sich unser im Text gegebener Versuch in
Übereinstimmung mit der Übersetzung von Ed. Des Places in der Nomoi-Edi-
tion der Collection Bude.
15 Die gängigen Hilfsmittel, etwa der Kommentar von E. B. England oder die
Arbeit von H. Görgemanns, Beiträge zur Interpretation von Platons Nomoi,
1960 (S. 176 f.) geben hier keinen Aufschluß.
16 Bei der Weiterführung des Gedankens über Tyrtaios und das Skolion hinaus,
661 A 7 ff. και γάρ οξύ όρον και άκούειν κτλ. denkt man zunächst an die Para-
phrase uns nicht mehr erhaltener antiker Priameln oder Aufzählungen etwa
im Sinn von Solon 1, 36-42 D. Aber es handelt sich doch wohl einfach um ein
spontanes und sinngemäßes Weiterspinnen der uns bekannten Priameltopoi
u. dgl. Das volle Verfügenkönnen über alle Sinne wäre dann eine Interpreta-
tion des Gesundheitshöchstwerts aus dem Skolion; das Tunkönnen dessen was
man will beim Tyrannen erinnert an das ού τις έρα τό τυχεϊν im 3. Glied des
Delischen Epigramms Theognis 255 f. (auch bei Aristoteles mehrfach überliefert,
s. dazu U. Schmid, a. 0. 105 ff.) und ist natürlich im Blick auf den Anfang von
Staat II gewählt (vgl. bes. 359 C 1/2 δόντες εξουσίαν έκατέρω ποιεΐν δτι αν
βούληται); zum αθάνατον είναι s. weiter unten im Text.
17 Vgl. dazu a. U. Schmid 29 f. 107 f.
 
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