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Hommel, Hildebrecht; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1968, 3. Abhandlung): Ciceros Gebetshymnus an die Philosophie Tusculanen V 5: vorgetragen am 16. Dez. 1967 — Heidelberg, 1968

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https://doi.org/10.11588/diglit.44216#0041
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Ciceros Gebetshymnus an die Philosophie

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während, (διά τέλους) Gesundheit, Reichtum und Herrschergewalt
besitzt - und laßt mich noch hinzufügen ausnehmende Körperkraft
und eine mit „Unsterblichkeit“ verbundene Tapferkeit, und daß ihm
von dem was man gemeinhin als Übel kennzeichnet nichts wider-
fährt wenn er aber (dabei') lediglich Ungerechtigkeit und Frevel-
mut in sich trägt, (sollte ich da also) euch nicht etwa überzeugen (kön-
nen), daß er bei einem solchen Leben folgerichtig nicht glücklich wird,
sondern offenbar elend? - Du sprichst sehr wahr.’
Für unseren Zweck konzentriert sich alles auf die Beantwortung
der Frage, was Platon mit der zweimal und stets in abwertendem
Sinn gebrauchten Wendung αθάνατον είναι (bezw. όντα), zum Schluß
nocheinmal eingeprägt als αθανασία, verstanden wissen will, und
was sie für Cicero bedeutet haben mag, der ganz offensichtlich aus
dieser letzten Stelle μετ' αθανασίας .... — αδικίαν δέ και υβριν έχοντα
seine Formulierung der peccans immortalitas gewonnen hat. Es kann
kein Zweifel sein, daß Platon in der von uns befragten Partie sich
als Hauptgegner den Tyrtaios mit seiner berühmten Priamel (9,
1 ff. D.) gewählt hat, den er denn auch wiederholt, z. TI. sogar wörtlich
zitiert. Gewiß nimmt er noch anderes hinzu, vor allem 661 A 5 ff. das
bekannte Skolion von den menschlichen Höchstwerten. Aber wo er
in diesem Zusammenhang (661 B 3f.) erstmals das αθάνατον είναι ins
Spiel bringt, greift er mit dem vorangestellten Subjekt πάντα ταΰτα
κεκτημένον deutlich auch die von Tyrtaios gepriesenen Werte unter
das mit ein, was der Betreffende besitzt. Er hat also lediglich den
Kreis der Gegner ausgeweitet, um zu zeigen, daß man sich über das
Musterbeispiel Tyrtaios hinaus gemeinhin darin einig ist, das Ver-
fügen über alle die landläufigen Güter, sie seien so oder so akzen-
tuiert, stelle für den Menschen ein άριστον dar (661 A 5ff.), dessen
μακαριστής noch gesteigert werde, wenn man im Besitz jener Dinge
baldmöglichst zum „Unsterblichsein“ gelangt sei (661 B 2-4)22.
Nachdem Platon schon im Bisherigen wiederholt (besonders ein-
leitend 660 E 2f., und wieder 661 A 4 f.) positiv und negativ dem
seine eigene Meinung vom wahren menschlichen Glück entgegenge-
setzt hat, geht er nunmehr (661 B 4 ff.) dazu über, diese Position aus-
führlich darzulegen. Alle die erwähnten Güter, so sagt er, seien gewiß
άριστα κτήματα, aber nur δικαίοις μεν και δσίοις άνδράσιν, άδίκοις δέ

22 Hier kann sich selbst Gerh. Müller (s. o. S. 36, Anm. 18) nicht anders helfen,
als einen „Spott Platons“ anzunehmen; vgl. aber unsere eingehende Interpre-
tation des ganzen Komplexes gleich unten im Text S. 37 ff.
 
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