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Hommel, Hildebrecht; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1968, 3. Abhandlung): Ciceros Gebetshymnus an die Philosophie Tusculanen V 5: vorgetragen am 16. Dez. 1967 — Heidelberg, 1968

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https://doi.org/10.11588/diglit.44216#0053
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Ciceros Gebetshymnus an die Philosophie

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b) auf der Schwelle im Hause meines Gottes zu liegen
als cim eigenen Zelte’ zu wohnen.
Philon, Quis rerum divinarum heres 290 b
a) (b)) μίαν γάρ ημέραν - ύγιώς ειπέ τις προφητικός
άνήρ — βούλεσθαι βιώναι μετ’ αρετής
ή μυρία έτη εν σκιά θανάτου,
θάνατον μέντοι των φαύλων α’ινιττόμενος βίον.
Der ganze Psalm wird von Hermann Gunkel als ein „Zionslied“
zur Verherrlichung des Heiligtums charakterisiert, gekleidet in die
Form eines Hymnus. Den gleichen Indizien folgend setzt H. J. Kraus
den „Pilgerhymnus“5 mit Entschiedenheit noch in vorexilische Zeit,
also spätestens ins 7. vorchristl. Jhdt.
Es fällt zunächst auf, daß unser Vers 11 klar zweigegliedert ist,
und zwar so, daß b) den Gedanken von a) nach hebräischer Weise
variiert6, übrigens verkürzend, insofern als die für uns so wichtige
Zeitrelation in b) weggelassen wird, sodaß nur a) unserem Formel-
typus II entspricht. Wir könnten deshalb für unsere Zwecke auf b)
verzichten, wenn hier nicht am Schluß nach der traditionellen Lesart
gerade der Passus von den „Zelten der Gottlosen“ stünde, den Wein-
reich in erster. Linie als Vorbild für Cicero in Anspruch genommen
hat. Wie steht es also damit?
Zunächst muß noch auf eine Unstimmigkeit in a) selber hinge-
wiesen werden. Daß die jetzt allgemein als „in meiner Kammer“
gelesene und mit 'bei mir daheim’ interpretierte Wendung schon früh
problematisch war, zeigt die ausweichende Übersetzung „sonst“,
nämlich alii in der Vulgata. Die LXX haben an dieser Stelle gar eine
fatale Lücke, die auch schon in Philons eigenem, dem Psalmenzitat
unmittelbar vorangehendem Kontext, der lediglich ein πολυετίας
κρεΐττον bietet, eine gewisse Entsprechung zu haben scheint, wenn
dieser dann auch das Versäumte in einem freilich eigenwilligen Zu-
achim Kraus, Psalmen, Teil-Bd. 2. 1960, S.581f.: 'in meiner Kammer’ = 'da-
heim’ (H. Schmidt). H. Gunkel, a. 0. 369 erklärt dies folgendermaßen: besser
stehen im ungeschützten offenen Hof des Heiligtums (bei Sonne und Regen)
als „in dem eigenen behaglichen Gemach“.
5 Von da her versteht der Kommentar von Fr. Baethgen 1904, S. 284 auch die
Erwähnung der 'Vorhöfe’ und der 'Schwelle’: „Den Tempel selber darf der
Sänger als Laie nicht betreten.“
6 Ich erinnere nur an Gen. 1, v. 27 „Gott schuf den Menschen ihm zum Bilde,
zum Bilde Gottes schuf er ihn“.
 
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