Conseil des barons» und «jugement des barons:
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Machtverhältnissen und unterschieden nach den Stufen der Lehens-
hierarchie kann die Vasallenpflicht des consilium in Vasallen-
recht, und das Vasallen recht des judicium in eine vom Herrn
politisch verwertbare Pflicht umschlagen5. In der Epoche, die uns
beschäftigt, funktionierte das Feudalrecht nur auf der Stufe der Gra-
fen und Burgherren, in den Beziehungen der ersten kapetingischen
Könige zu ihren Großvasallen war es praktisch unwirksam6. Um so
größere Aufmerksamkeit verdient die Bedeutung, die ihm der Dich-
ter des Rolandsliedes beimißt. Die Chanson de Roland beginnt und
endet mit Szenen feudalrechtlichen Charakters.
Ich erinnere an die vielbewunderte Exposition:
Seit sieben Jahren führt Karl der Große Krieg in Spanien, so er-
fahren wir in der ersten Laisse. Das ganze Land hat er unterworfen,
außer Saragossa, wo der Heidenkönig Marsilie residiert. Dieser letz-
tere versammelt seinen Rat: ein Unterwerfungsangebot, so lautet
der Beschluß, soll Karl veranlassen, mit seinem Heer abzuziehen.
Der heidnische Unterhändler erscheint im Heerlager des Kaisers,
der nun seinerseits seinen Rat einberuft. Roland fordert die Weiter-
führung des Kriegs, sein Stiefvater Ganelon rät zum Frieden. Letz-
terer wird von Herzog Naimes, dem untadeligen Ratgeber des Kai-
sers, unterstützt. Die kriegsmüden Franken stimmen zu. Nun ist zu
bestimmen, wer als Gesandter nach Saragossa gehen soll. Nachein-
ander erklären Naimes, Roland, Olivier, der Erzbischof Turpin sich
bereit und werden schroff vom Kaiser zurückgewiesen. Als Roland
seinen Stiefvater Ganelon benennt und die Versammlung diesen
Vorschlag billigt, brechen alter Haß auf den Stiefsohn und gedemü-
tigter Stolz in Ganelon auf. Die Gesandtschaft ist ein Himmelfahrts-
kommando, denn schon einmal hat Marsilie zwei fränkische Unter-
händler getötet. Von Rolands höhnischem Lachen zur blanken Wut
getrieben kündigt Ganelon dem Stiefsohn, dessen Freund Olivier
und den 12 Pairs insgesamt in aller Form die Fehde an, bevor er von
Karl die Insignien der Gesandtschaft übernimmt. Die Rache an Ro-
land, bereits auf dem Weg nach Saragossa mit dem heidnischen Ge-
sandten Blancandrin geplant, wird am Hof Marsilies von Ganelon
5 Erinnert sei nur an den bekanntesten und folgenreichsten Fall, Philipps II.
August Vorgehen gegen Johann Ohneland im Jahre 1202. Vgl. dazu Ganshof
a. a. 0. S. 177, Μ. Bloch, La societe feodale. Les classes et le gouvernement
des hommes, Paris 1949, S. 140, Mitteis, a. a. 0., S. 265.
6 Dies galt lange Zeit sogar für die Krondomäne, das Herzogtum Franzien,
selbst, vgl. Μ. Bloch, a. a. 0., S. 139 u. 216ff.
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Machtverhältnissen und unterschieden nach den Stufen der Lehens-
hierarchie kann die Vasallenpflicht des consilium in Vasallen-
recht, und das Vasallen recht des judicium in eine vom Herrn
politisch verwertbare Pflicht umschlagen5. In der Epoche, die uns
beschäftigt, funktionierte das Feudalrecht nur auf der Stufe der Gra-
fen und Burgherren, in den Beziehungen der ersten kapetingischen
Könige zu ihren Großvasallen war es praktisch unwirksam6. Um so
größere Aufmerksamkeit verdient die Bedeutung, die ihm der Dich-
ter des Rolandsliedes beimißt. Die Chanson de Roland beginnt und
endet mit Szenen feudalrechtlichen Charakters.
Ich erinnere an die vielbewunderte Exposition:
Seit sieben Jahren führt Karl der Große Krieg in Spanien, so er-
fahren wir in der ersten Laisse. Das ganze Land hat er unterworfen,
außer Saragossa, wo der Heidenkönig Marsilie residiert. Dieser letz-
tere versammelt seinen Rat: ein Unterwerfungsangebot, so lautet
der Beschluß, soll Karl veranlassen, mit seinem Heer abzuziehen.
Der heidnische Unterhändler erscheint im Heerlager des Kaisers,
der nun seinerseits seinen Rat einberuft. Roland fordert die Weiter-
führung des Kriegs, sein Stiefvater Ganelon rät zum Frieden. Letz-
terer wird von Herzog Naimes, dem untadeligen Ratgeber des Kai-
sers, unterstützt. Die kriegsmüden Franken stimmen zu. Nun ist zu
bestimmen, wer als Gesandter nach Saragossa gehen soll. Nachein-
ander erklären Naimes, Roland, Olivier, der Erzbischof Turpin sich
bereit und werden schroff vom Kaiser zurückgewiesen. Als Roland
seinen Stiefvater Ganelon benennt und die Versammlung diesen
Vorschlag billigt, brechen alter Haß auf den Stiefsohn und gedemü-
tigter Stolz in Ganelon auf. Die Gesandtschaft ist ein Himmelfahrts-
kommando, denn schon einmal hat Marsilie zwei fränkische Unter-
händler getötet. Von Rolands höhnischem Lachen zur blanken Wut
getrieben kündigt Ganelon dem Stiefsohn, dessen Freund Olivier
und den 12 Pairs insgesamt in aller Form die Fehde an, bevor er von
Karl die Insignien der Gesandtschaft übernimmt. Die Rache an Ro-
land, bereits auf dem Weg nach Saragossa mit dem heidnischen Ge-
sandten Blancandrin geplant, wird am Hof Marsilies von Ganelon
5 Erinnert sei nur an den bekanntesten und folgenreichsten Fall, Philipps II.
August Vorgehen gegen Johann Ohneland im Jahre 1202. Vgl. dazu Ganshof
a. a. 0. S. 177, Μ. Bloch, La societe feodale. Les classes et le gouvernement
des hommes, Paris 1949, S. 140, Mitteis, a. a. 0., S. 265.
6 Dies galt lange Zeit sogar für die Krondomäne, das Herzogtum Franzien,
selbst, vgl. Μ. Bloch, a. a. 0., S. 139 u. 216ff.