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Flashar, Hellmut; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1969, 1. Abhandlung): Der Epitaphios des Perikles: seine Funktion im Geschichtswerk d. Thukydides — Heidelberg, 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.44304#0025
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Der Epitaphios des Perikies

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denen mehr Lob zuerkannt wird. Sie haben das Reich in seinem
Umfang erhalten und nicht ohne Mühe erweitert, - ohne Zweifel ist
hier die Generation der Freiheitskämpfer in den Perserkriegen ge-
meint. Noch mehr Bedeutung mißt Perikies der eigenen Generation
zu, deren Leistung darin besteht, die Stadt für Krieg und Frieden
im höchsten Maße autark gemacht zu haben23. Diese ansteigende
Skala mit den jeweils gesteigerten Leistungen, gipfelnd in der Ge-
genwart (431) entspricht der Auffassung des Thukydides - und in
idealisierender Tendenz. Zum Gebrauch des Wortes Freiheit bei Thukydides
vgl. die ausgezeichneten Ausführungen von H. Diller, Freiheit bei Thukydides
als Schlagwort und Wirklichkeit, Gym. 69, 1962, 189ff. (= Thuk., Wege d.
Forschg. 639).
23 Die Einteilung der Generationen ist umstritten. Folgende Verteilung scheint
mir einleuchtend: (1) npoyovoi, bis ca. 490, (2) oi narspeg fpitöv, von ca. 490-
465, (3) „wir selbst“ von ca. 465 an (so auch Gomme, a. 0. 104f.). Weniger
überzeugend ist die Einteilung von Kakridis, der unter Berufung auf Steup die
Perserkriege noch zu den Progonoi rechnet, weil die Stadt für die doch haupt-
sächlich in den Perserkriegen erkämpfte Erhaltung der Freiheit „den npoyovot
verpflichtet“ (Kakridis 11) ist. Den narepeg fiele dann der kurze Zeitraum von
478-446 zu und für die Generation des Perikies blieben ganze 15 Jahre übrig.
Aber es heißt im Text über die Ttpoyovoi ... pcxpi roüöe (!) EXEUüepav ...
JtagEÖooav (Steup hatte konsequenterweise pe/pi toüöe athetiert). Die Bewah-
rung der Freiheit wird also nicht den Progonoi allein zugeschrieben. Der Satz
meint in verkürzter Ausdrucksweise: Die Vorfahren haben die Freiheit be-
gründet und auch die Väter (2) und wir selbst (3) haben sie bis heute bewahrt.
So beziehen sich xrr]tfdpEvoi .. . ovx öurovcog und ol jrarspeg fjpcöv ßapßapov . . .
noA.sp<(t)ov Eniovra npoüvpcog f]|ruvd(pEÜa) . . . ganz natürlich auf die Perser-
kriege. Die gegenwärtige Generation beginnt dann folgerichtig mit dem Eintritt
des Perikies in die Politik, dessen Ziel es ja auch von vornherein war, Athen
autark zu machen. Die dementsprechenden Maßnahmen wie der Bau der langen
Mauern (ab 462), die Verlegung der Kasse des attischen Seebundes nach Athen
(454) würden nach der Einteilung von Kakridis noch zur Gruppe der Väter
fallen, was sich nur halten ließe, wenn man annimmt, daß die Verteilung der
Generationen aus der Sicht der jungen Zuhörer des damals mindestens 60jähri-
gen Perikies vorgenommen sei, der sich selbst dann zu den narepsg rechnen
müßte. Aber im Text ist deutlich geschieden zwischen oi jrarEgsg f][xcov und
auroi iqpEig oiöe, mit letzteren ist die perikleische Generation gemeint, wie der
Zusatz ol vüv eti paXinra ev rf] xaÜEOTqxulq qXixiq unmißverständlich anzeigt.
Die Generationsfolge ist also aus der Sicht des Perikies, nicht seiner jungen
Zuhörer dargestellt. Nach der hier vorgeschlagenen Einteilung erübrigen sich
zum größten Teil die umständlichen Erörterungen bei Kakridis 11-16 und die
Bemerkung: „Doch ist die von Perikies vorgenommene Verteilung der athe-
nischen Generationen völlig ungleich und unberechtigt“ (Kakridis 11) ist dann
nicht mehr ganz zutreffend.
 
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