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Flashar, Hellmut; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1969, 1. Abhandlung): Der Epitaphios des Perikles: seine Funktion im Geschichtswerk d. Thukydides — Heidelberg, 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.44304#0026
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16

Hellmut Flashar

diesem Falle auch des Perikies - von den Machtverhältnissen in Ver-
gangenheit und Gegenwart24.
Thukydides steht so vor der Aufgabe, die zu Beginn des pelo-
ponnesischen Krieges bestehende Größe Athens, dessen militärische
Machtansammlung er bereits in der Darstellung der Pentekontaetie
des 1. Buches charakterisiert hat und die er jetzt in der Form der
Praeteritio übergehen kann (36, 4), von den inneren, geistig-poli-
tischen Antrieben her zu zeigen. So ergibt sich, daß die fiktive Peri-
kiesrede zugleich auch in den Einzelheiten den Notwendigkeiten der
Exposition des Geschehens im thukydideischen Werk völlig ent-
spricht.
Der Schluß des Kapitels gibt die Disposition für die folgenden
Kapitel: Gezeigt werden sollen die Ursachen für die Größe Athens.
Diese ist zurückzuführen auf eine bestimmte Einrichtung des Lebens
(ejtiTiqÖEUOig), die näher differenziert wird in die Form der staatlichen
Gemeinschaft (jtoXiteI« - Kap. 37-39) und die innere Verfassung
der Bürger (tqojioi - Kap. 40)25. Kap. 41 gibt dann eine Zusammen-
fassung. Da aber bei der Behandlung der Form der staatlichen Ge-
meinschaft auch schon von den Eigenschaften der Bürger geredet
werden muß, ergeben sich zwischen den Dispositionspunkten sach-
liche Überschneidungen und Wiederholungen einzelner Themen
(Armut - Reichtum, Tapferkeit). Innerhalb dieser Disposition ist
der Gedankengang nach dem Prinzip der Steigerung aufgebaut, die
vor allem durch ein immer stärkeres Hervorheben der Athener aus
einem erst noch ungenannten, dann mit Namen (Aaxeöatpovtoi 36, 2)
konkret bezeichneten Gegenüber besteht, das schließlich die Grie-
chenwelt überhaupt (41, 1), ja sogar die ganze Oikumene (41, 4)
umfaßt26.
Keineswegs aber erklären sich alle positiven Prädikationen über
die Lebensweise der Athener aus einem mehr oder weniger ausge-
sprochenen Gegensatz zu den spartanischen Verhältnissen. In den
Äußerungen über die Bewegungsfreiheit von Bürgern und Fremden,
die Offenheit der militärischen Rüstungen, die Liebe zu Schönheit
und Wissen mag dies noch am ehesten der Fall sein. Andere Ge-
danken und Motive aber lassen kaum eine Bezugnahme auf Sparta
erkennen. Hier wird es sich empfehlen, einmal auf das Verhältnis
24 Über die relative Bedeutungslosigkeit selbst der Perserkriege vgl. I 23, 1.
25 Das Dispositionsprinzip hat F. Sieveking, Gnom. 34, 1962, 531 erkannt.
26 Von Kakridis HOf. im einzelnen aufgewiesen.
 
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