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Flashar, Hellmut; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1969, 1. Abhandlung): Der Epitaphios des Perikles: seine Funktion im Geschichtswerk d. Thukydides — Heidelberg, 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.44304#0030
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Hellmut Flashar

schriebenen Gesetze“ ganz im menschlichen Bereich bleiben und jeder
Hinweis auf deren göttliche Herkunft unterbleibt32.
Betrachten wir nun Kap. 38. Daß Perikies Feste im Dienste der
Staatsräson einzurichten wußte, bemerkt Plutarch völlig zu Recht
(Per. 11, 15). Denn „die Erholung von den Anstrengungen“ kommt
ja dem Unternehmungsgeist der Bürger wieder zugute, der sich in
der Polis und für sie entfaltet. So ist es auch verständlich, daß der
(thukydideische) Perikies, wenn er nur diesen einen Zweck im Auge
hat, „die Bedeutung der Wettspiele und Opfer auf ihre äußerliche
belustigende Seite beschränkt und nicht auf ihren tiefen religiösen
Sinn hingewiesen hat“ (Kakridis 36)33. Das Bild vom attischen Men-
schen im Epitaphios ist ja betont frei von jeder religiösen Bindung.
Für diese Art der Betrachtung ist es bezeichnend, daß neben den
Opfern, Festen und privaten Einrichtungen34 gleichsam als weitere
of Euripides, Manchester 1955, der zu den in der Tragödie aufgegriffenen
Epitaphientopoi mit Recht bemerkt: „The commonplaces of nationalistic rhet-
oric: what a jumble of platitudinous slogan and threadbare Propaganda!“
S. Michaelis, Das Ideal der attischen Demokratie in den Hiketiden des Euripides
und im Epitaphios des Thukydides (masch.), Marburg 1951, 78ff. zeigt einleuch-
tend, daß nach der Darstellung des Thukydides keine der kriegführenden Par-
teien Gebote der Hilfsbereitschaft und ungeschriebene Gesetze beachtet hat, daß
aber jeweils die schwächere Partei sich auf derartige Gebote beruft (vgl. I 41;
III 59; IV 97, 2; V 90 u. ä.), die jedenfalls von den Athenern (auch bereits der
perikleischen Zeit, vgl. I 41 ff.) in keiner Weise beachtet werden.
32 Darin unterscheidet sich Perikies scharf von Sophokles, vgl. V. Ehrenberg, So-
phokles und Perikies, München 1956, 25ff., der treffend herausarbeitet, daß die
ungeschriebenen Gesetze im Epitaphios Ausdruck menschlicher Konvention,
öffentlicher Meinung sind, deren Mißachtung Schande, aber nicht religiöse Ent-
ehrung mit sich bringt, während es bei Sophokles die göttlichen Gesetze sind,
die zur Autorität des Staates im Widerspruch stehen. Daß der historische Perik-
ies einmal von „ungeschriebenen Gesetzen“ gesprochen hat, scheint aus Ps.
Lysias VI 10 hervorzugehen, einer Stelle, die offenbar nicht vom thukydideischen
Epitaphios abhängig ist und bei der die im Epitaphios fehlende religiöse Kom-
ponente mitschwingt. Ob überhaupt und in welchem Sinn Thukydides das Dic-
tum des historischen Perikies aufgegriffen hat, ist ganz ungewiß (anders K. v.
Fritz, a. 0. II 282).
33 Vgl. immerhin Platon, Lg. II 653 D, der die Einrichtung der Feste „zur Er-
holung von Mühen“ auf göttlichen Ursprung zurückführt: Oeoi öe olxripavrEg
rö tcöv dvüpwrtcov eiurcovov KEcpuxög ysvog, dvanaükag te aüroig rcöv ttovcdv
Erafjavro rag rcöv sopröv apoißag roig üsotg.
34 Daß man an dieser Stelle durch die Annahme von Textverderbnis und durch
Konjekturen (Classen-Steup, Gomme, Kakridis u. a.) die Prachtbauten auf der
Akropolis hat erwähnt finden wollen, ist ein typisches Beispiel dafür, wie die
Interpreten ihre eigenen Erwartungen und Vorstellungen in den Text hinein-
tragen. Die Bauten auf der Akropolis fehlen hier ganz folgerichtig, wo doch die
 
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