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Hampe, Roland; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1969, 2. Abhandlung): Kretische Loewenschale des siebten Jahrhunderts v. Chr. — Heidelberg, 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.44305#0024
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Roland Hampe

Die zweite Phase ist vertreten durch den Löwenkopf des Gefäßes
in Heidelberg (Taf. 1. 17,2) aus der entwickelten orientalisierenden
Stufe (um die Mitte des 7. Jh.). Diese in einer Matrize hergestellte
Applik scheint sich in ihrem flachen Relief, in der breiten Kopfform
des Löwen mit den herzblattförmigen Ohren an orientalische Vor-
bilder wie den elfenbeinernen ,Tubus1 eines Salbgefäßes aus Nim-
rud anzulehnen, auf dem zwei Löwen über ein Rind herfallen. Dieses
Werk hat Barnett44 dem ,Syrischen Stil1 zugeschrieben. Die gleiche,
breit auseinandergezogene Form des Löwenkopfes mit herzblatt-
förmigen Ohren, ja sogar mit den gleichen V-förmigen Furchen auf
dem Nasenrücken, findet sich bei dem Löwenpaar, das eine nackte
Göttin flankiert, auf einem Bronzeschild der Idagrotte auf Kreta
(Taf. 17,i)45. Die Werkstätten dieser Schilde, die man seltsamerweise
heute zuweilen immer noch für einheimisch kretisch hält46, wird man
am ehesten im späthethitisch-nordsyrischen Bereich zu suchen haben47.
Die dritte Phase des frühkretischen Löwenbildes ist vertreten durch
den Arkades-Löwen (Taf. 8) und die mit seinem Kopf formgleichen
Löwenköpfe in Basel und Heidelberg (Taf. 9). Man hat ihn mit den
Löwenprotomen in der Mitte der genannten Bronzeschilde der Ida-
gruppe verglichen. Aber abgesehen davon, daß die Löwenprotomen
dieser Schilde unter sich nicht einheitlich sind, läßt sich der Typus des
Arkades-Löwen nur in wenigen Einzelzügen mit den bronzenen
Löwenköpfen vergleichen. So stimmt der Löwenkopf des Bronze-
schildes aus Kuppelgrab L von Arkades etwa in der Form der Augen
und der Rundohren überein, nicht aber in der plastischen Gesamt-
form; vor allem ein Vergleich der Profilansichten macht die Unter-
schiede deutlich. Andere Übereinstimmungen ergeben sich mit dem
Löwenkopf eines der Schilde aus der Idagrotte48. Aber dieser ist
naturalistisch geformt. Bei den kretischen Terrakotta-Löwen aller
44 Barnett, Nimrud Ivories Nr.S 72, Taf. 42/43.
45 Kunze, KB. Nr. 2 Taf. 3 und 5, S. 193 f.; auf diesem und anderen Schilden er-
scheinen außer Löwen auch Sphingen wie auf dem Salbenbehälter Nr. S 72 aus
Nimrud, hier Anm. 44. Die Ähnlichkeit des Löwenkopfes der Heidelberger
Löwenschale mit den Löwenköpfen des Schildes Nr. 2 aus der Idagrotte darf
nicht zu dem Schluß verleiten, der Schild sei also ein kretisches Erzeugnis. Auf
dem Schild sind vielmehr schlechthin alle Elemente ungriechisch (s. unten).
46 Zuletzt: Gabelmann, Löwenbild 31 ff.
47 F. Canciani hält in einer Studie über die kretischen Schilde (im Druck) diesen
und andere Schilde der Idagrotte ebenfalls für nichtgriechisch (briefl. Mit-
teilung).
48 Kunze, KB. Nr. 10, Taf. 26; Gabelmann 33.
 
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