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Hampe, Roland; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1969, 2. Abhandlung): Kretische Loewenschale des siebten Jahrhunderts v. Chr. — Heidelberg, 1969

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https://doi.org/10.11588/diglit.44305#0040
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Roland Hampe

der Kult der orientalischen Aphrodite Fuß gefaßt. Der Löwenkopf
auf dem Heidelberger Salbgefäß und der Löwe des Salbgefäßes aus
Arkades (Taf. 7,2) dürfen als Symboltiere der Liebesgöttin gelten.
Sie sind sinnvoll mit dem Salbgefäß verbunden, dessen Inhalt dem
Bereich der Aphrodite zugehört, die auch Beziehungen zum Reich
der Toten hatte.
Schon der sumerische Mythos105 kannte den Gang der Inanna
(Ischtar) zur Unterwelt. Für die Griechen war Aphrodite durch den
Adoniskult mit demTotenreich verbunden. Ob dieser Kult im 7. Jahr-
hundert in Kreta verbreitet war, wissen wir bisher nicht106. Er gehört
aber in den Kreis jener Vegetationskulte, die für das Kreta des
2. Jahrtausends charakteristisch sind107. Die Nekropole von Arkades
zeigt sowohl in der Form der Gräber als auch in Form und Verzie-
rungsweise der Gefäße manche Züge, die auf ein Fortwirken mino-
isch-mykenischer Überlieferung bis in das 7. Jahrhundert weisen108.
So scheint es möglich, daß sich dort auch alte religiöse Vorstellungen
bewahrt haben.
Das Salbgefäß in Gestalt eines Löwen aus Arkades und die Lö-
wenschale in Heidelberg sind so seltene, so individuell geformte Ge-
fäße, daß man annehmen darf, daß sie auch entsprechend erlesenes
Salböl enthalten haben. Sie ragen über die durchschnittlichen Salb-
gefäßchen, die man den Toten in der Nekropole von Arkades sowie
in anderen griechischen Nekropolen jener Zeit mitgab, weit heraus.
Für das Gefäß in Heidelberg sind die Fundumstände nicht bekannt.
Der Löwe von Arkades aber stammt aus der größten Grabanlage
dieser Nekropole, dem Kuppelgrab R mykenischer Form (Maße:
3,72 m Durchmesser bei einer größten Höhe von 3,21 m). In ihm
wurde eine ganze Reihe von Bestattungen mit insgesamt über 400
Vasen gefunden109. Diese Tholos diente offenbar einem sehr vorneh-
men Geschlecht als Begräbnisstätte. Die Verstorbenen der Nekropole
von Arkades wurden in der Regel verbrannt. Die Totenasche wurde
105 S. oben Anm. 72.
106 Vgl. (negativ) R. F. Willetts, Cretan Cults and Festivals (1962).
107 M. P. Nilsson, The Minoan-Mycenaean Religion and its survival in Greek Re-
ligion2 (1950) 403.
108 Arkades 447 f. 450. 453 ff. 471. 475 f. 478 f. 482 ff. 507 ff. 514 ff. 542. 544. Vgl.
auch R. Hampe, Eine kretische Töpferscheibe des 7. Jahrhunderts v. Chr., Cha-
risterion für K. Orlandos 4 (1967) 178 ff.
109 Arkades 202 ff. mit Taf. 4 und 5,1-2.
 
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