Die neuen Menanderpapyri und die Originalität des Plautus
15
Bei Plautus lautet das nun so (504): «Mir soll man nicht einmal
mehr bei einem Eid jemals Glauben schenken, wenn ich sie nicht nach
allen Regeln der Kunst und ganz und gar - liebe12. Ich will bewirken,
daß sie nicht sagen soll, sie sei an einen Mann geraten, den sie lächer-
lich machen kann.
Denn jetzt werde ich nach Hause gehen und - meinem Vater heim-
lich etwas wegnehmen. Das will ich ihr dann geben. Ich werde es ihr
vielfach heimzahlen, so sehr will ich ihr zusetzen, daß (sie) betteln
gehen muß - mein Vater.»
Adeo ego illam cogam usque ut mendicet - meus pater. Das hat
etwas Buffoneskes, es ist fast eine Selbstparodie, die nahe an einen
Bruch der Bühnenfiktion herankommt. Der Schauspieler kommentiert
sich gleichsam selbst, macht sich Zwischenrufe, ein Verfahren, das
namentlich bei Nestroy eine große Rolle spielt13. Man fühlt sich an
die Arie des Pedrillo «Auf zum Kampfe, auf zum Streite» in Mozarts
<Entführung> erinnert, wo das Auf und Ab zwischen Mut und Feig-
heit in der Musik köstlich geschildert wird. Durch das Schwanken
zwischen Wut und Verliebtheit, zwischen Rachsucht und Hörigkeit
hat Plautus aus seinem Mnesilochus nicht nur eine verliebtere, son-
dern auch komischere, bühnenwirksamere, schauspielerisch dank-
barere Figur gemacht, als es der Sostratos des <Doppelten Betrügers*
war. Der Amerikaner Dunkin14 wollte in dem Typ des «spineless
young man», des rückgratlosen jungen Mannes, in den karikierten
Jünglingen aus gutem Hause bei Plautus eine gegen die höhere Ge-
sellschaft gerichtete Tendenz des Plautus sehen, was schon Duck-
worth zurückgewiesen hat15. Aber es bleibt richtig, daß der Typ des
«spineless young man» in der antiken Komödie nirgends so drastisch
zusammenfassende Abhandlung über das Aprosdoketon in der älteren und neue-
ren Komödie.
12 Ganz offensichtlich wird hier mit einem obszönen Nebensinn gespielt.
13 Vgl. die ausgezeichnete Dissertation von Ansgar Hillach, Die Dramatisierung
des komischen Dialogs, Figur und Rolle bei Nestroy, Frankfurt 1967. Es handelt
sich hier um eine besondere Variante der Zerstörung von Illusion, die W. Goer-
ler behandelt hat (Antike u. Abendland 18, 1973, insbesondere S. 15), der in
diesem Zusammenhang B. Brecht zitiert (an die Schauspieler): Zeigt, daß ihr
zeigt, über all den verschiedenen Haltungen/die ihr zeigt .. ./ sollt ihr doch
nicht die Haltung des Zeigens vergessen (Brecht, Schriften Bd. 5, S. 275).
14 P.S. Dunkin, Post-Aristophanic Comedy. Studies in the Social Outlook of Middle
and New Comedy at both Athens and Rome, Urbana 1946 = Illinois Studies in
Language and Literature, Vol. 31, Nos. 3-4, p. 73.
15 G. Duckworth, The Nature of Roman Comedy, Princeton 1952.
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Bei Plautus lautet das nun so (504): «Mir soll man nicht einmal
mehr bei einem Eid jemals Glauben schenken, wenn ich sie nicht nach
allen Regeln der Kunst und ganz und gar - liebe12. Ich will bewirken,
daß sie nicht sagen soll, sie sei an einen Mann geraten, den sie lächer-
lich machen kann.
Denn jetzt werde ich nach Hause gehen und - meinem Vater heim-
lich etwas wegnehmen. Das will ich ihr dann geben. Ich werde es ihr
vielfach heimzahlen, so sehr will ich ihr zusetzen, daß (sie) betteln
gehen muß - mein Vater.»
Adeo ego illam cogam usque ut mendicet - meus pater. Das hat
etwas Buffoneskes, es ist fast eine Selbstparodie, die nahe an einen
Bruch der Bühnenfiktion herankommt. Der Schauspieler kommentiert
sich gleichsam selbst, macht sich Zwischenrufe, ein Verfahren, das
namentlich bei Nestroy eine große Rolle spielt13. Man fühlt sich an
die Arie des Pedrillo «Auf zum Kampfe, auf zum Streite» in Mozarts
<Entführung> erinnert, wo das Auf und Ab zwischen Mut und Feig-
heit in der Musik köstlich geschildert wird. Durch das Schwanken
zwischen Wut und Verliebtheit, zwischen Rachsucht und Hörigkeit
hat Plautus aus seinem Mnesilochus nicht nur eine verliebtere, son-
dern auch komischere, bühnenwirksamere, schauspielerisch dank-
barere Figur gemacht, als es der Sostratos des <Doppelten Betrügers*
war. Der Amerikaner Dunkin14 wollte in dem Typ des «spineless
young man», des rückgratlosen jungen Mannes, in den karikierten
Jünglingen aus gutem Hause bei Plautus eine gegen die höhere Ge-
sellschaft gerichtete Tendenz des Plautus sehen, was schon Duck-
worth zurückgewiesen hat15. Aber es bleibt richtig, daß der Typ des
«spineless young man» in der antiken Komödie nirgends so drastisch
zusammenfassende Abhandlung über das Aprosdoketon in der älteren und neue-
ren Komödie.
12 Ganz offensichtlich wird hier mit einem obszönen Nebensinn gespielt.
13 Vgl. die ausgezeichnete Dissertation von Ansgar Hillach, Die Dramatisierung
des komischen Dialogs, Figur und Rolle bei Nestroy, Frankfurt 1967. Es handelt
sich hier um eine besondere Variante der Zerstörung von Illusion, die W. Goer-
ler behandelt hat (Antike u. Abendland 18, 1973, insbesondere S. 15), der in
diesem Zusammenhang B. Brecht zitiert (an die Schauspieler): Zeigt, daß ihr
zeigt, über all den verschiedenen Haltungen/die ihr zeigt .. ./ sollt ihr doch
nicht die Haltung des Zeigens vergessen (Brecht, Schriften Bd. 5, S. 275).
14 P.S. Dunkin, Post-Aristophanic Comedy. Studies in the Social Outlook of Middle
and New Comedy at both Athens and Rome, Urbana 1946 = Illinois Studies in
Language and Literature, Vol. 31, Nos. 3-4, p. 73.
15 G. Duckworth, The Nature of Roman Comedy, Princeton 1952.