V
Die unterschiedliche Wertung der <approbatio>
Nach Ciceros Worten (de off. 111,20) zogen die Akademiker und
Peripatetiker Ehrenhaftes dem, was nützlich schien, vor. Die Stoiker
dagegen lehrten, was ehrenhaft ist, ist auch nützlich, und was nützlich
ist, ist auch ehrenhaft. Für die Akademiker und Peripatetiker gab es
allerdings auch etwas «Ehrenhaftes, das nicht nützlich war, und
Nützliches, das nicht ehrenhaft» war. Die feste und umkehrbare
Gleichung καλόν = συμφέρον (<honestum> = <utile>) stammt von
den Stoikern.
Panaitios unterscheidet sich von den Stoikern vor allem dadurch,
daß er den Raum der τέλεια καθήκοντα des σοφός - genau genommen
nicht erreichbarer Ziele - verläßt und sich den sog. μέσα καθήκοντα,
die verwirklicht werden können, zuwendet1.
Er nähert zwar (de off. 1,14), wie wir sahen (vgl. S. 21), das καλόν
(<honestum>) dem Range einer Idee, andererseits aber zieht er es
doch auch in die psychologisch-empirische Welt. Das καλόν wird
sichtbar im πρέπον, bewirkt die <approbatio>. Mithilfe dieser <appro-
batio> gewinnt man die <studia> der Menschen.
Es dürfte für Menschen, die von der Tradition platonischer
Philosophie bestimmt waren, etwas Neues gewesen sein, daß der
Zusammenhang von καλόν, πρέπον und συμφέρον in psychologisch-
empirischer Weise dargestellt wurde. Auch die Bedeutung, die dem
Lob aus dem Mund der Leute beigemessen wird, dürfte einen über-
raschen, der aus Platos Kriton (47a-48b) die Abwertung von Lob
und Tadel <der Vielem kannte. Plato2 läßt dort die Wahrheit als
einzige Instanz gelten.
Bei Aristoteles3 hat das <Lob> wieder uneingeschränkte Bedeutung.
Überhaupt läuft von der griechischen Adelsethik4 her neben Plato
1 Vgl. Μ. Pohlenz, Führertum, S. 12-14, 65, 132/3, 141; ders., Stoa, S. 199.
2 Plato kennt Belohnung in dieser Welt auch: Staat 354 und 612/13. Doch stehen
diese am Rande. Wichtig auch Brief 11,312c.
3 Nikomachische Ethik XII, 1101b lOff.
4 Vgl. Pindar, Pyth. 1,92-100.
Die unterschiedliche Wertung der <approbatio>
Nach Ciceros Worten (de off. 111,20) zogen die Akademiker und
Peripatetiker Ehrenhaftes dem, was nützlich schien, vor. Die Stoiker
dagegen lehrten, was ehrenhaft ist, ist auch nützlich, und was nützlich
ist, ist auch ehrenhaft. Für die Akademiker und Peripatetiker gab es
allerdings auch etwas «Ehrenhaftes, das nicht nützlich war, und
Nützliches, das nicht ehrenhaft» war. Die feste und umkehrbare
Gleichung καλόν = συμφέρον (<honestum> = <utile>) stammt von
den Stoikern.
Panaitios unterscheidet sich von den Stoikern vor allem dadurch,
daß er den Raum der τέλεια καθήκοντα des σοφός - genau genommen
nicht erreichbarer Ziele - verläßt und sich den sog. μέσα καθήκοντα,
die verwirklicht werden können, zuwendet1.
Er nähert zwar (de off. 1,14), wie wir sahen (vgl. S. 21), das καλόν
(<honestum>) dem Range einer Idee, andererseits aber zieht er es
doch auch in die psychologisch-empirische Welt. Das καλόν wird
sichtbar im πρέπον, bewirkt die <approbatio>. Mithilfe dieser <appro-
batio> gewinnt man die <studia> der Menschen.
Es dürfte für Menschen, die von der Tradition platonischer
Philosophie bestimmt waren, etwas Neues gewesen sein, daß der
Zusammenhang von καλόν, πρέπον und συμφέρον in psychologisch-
empirischer Weise dargestellt wurde. Auch die Bedeutung, die dem
Lob aus dem Mund der Leute beigemessen wird, dürfte einen über-
raschen, der aus Platos Kriton (47a-48b) die Abwertung von Lob
und Tadel <der Vielem kannte. Plato2 läßt dort die Wahrheit als
einzige Instanz gelten.
Bei Aristoteles3 hat das <Lob> wieder uneingeschränkte Bedeutung.
Überhaupt läuft von der griechischen Adelsethik4 her neben Plato
1 Vgl. Μ. Pohlenz, Führertum, S. 12-14, 65, 132/3, 141; ders., Stoa, S. 199.
2 Plato kennt Belohnung in dieser Welt auch: Staat 354 und 612/13. Doch stehen
diese am Rande. Wichtig auch Brief 11,312c.
3 Nikomachische Ethik XII, 1101b lOff.
4 Vgl. Pindar, Pyth. 1,92-100.