VII
Ciceros «Rolle»
Nachdem der Gedankenkreis des Panaitios herausgearbeitet worden
ist, soll nun von der Haltung gesprochen werden, in der Cicero an
die Abfassung der Schrift <de officiis> ging.
Da ist zunächst einmal der Zug zum Konkreten. Die ethischen
Anweisungen (<praecepta>) waren ja das Ziel dieser Schrift im Gegen-
satz zu allgemeinen theoretischen Erörterungen in <de finibus> (de
off. 1,7). Die Römer geben ja überhaupt dem konkreten Einzelnen
vor der spekulativen Schau von Zusammenhängen den Vorrang.
Im dritten Buch von de off., das Cicero suo Marte geschrieben hat,
wird diese römische Eigenart noch deutlicher. Dort gibt er 111,19
-21 eine <Formel>, «damit man ohne Irrtum eine Entscheidung
treffen kann, wenn das, was man als ehrenhaft erkannt hat, mit dem
zu streiten scheint, was wir nützlich nennen». Diese Formel, wie auch
alle anderen Überlegungen, die Cicero anstellt, dienen wie im Recht
der richtigen Beurteilung des Einzelfalles. In den beiden ersten
Büchern in denen Cicero im allgemeinen dem Gedankengang des
Panaitios folgte, dienen dagegen die Einzelheiten als Beispiele zur
Veranschaulichung für die allgemeinen Aussagen über die Pflichten.
Mag Cicero auch in den beiden ersten Büchern viele Einzelheiten
neu eingeführt haben, es bleibt dort die Zuordnung zu den allge-
meinen Aussagen. Im dritten Buch dagegen hat der Einzelfall das
Hauptgewicht. Daher erklärt sich auch die lockere Reihung der
einzelnen Komplexe.
Die Schrift des Panaitios, die zwar auch konkrete Einzelheiten,
diese aber eingeordnet in die Zusammenhänge von <honestum>,
<decorum> und <utile> brachte, entsprach in dieser mehr spekulativen
Art nicht den Absichten Ciceros.
Cicero unterscheidet nach de off. 1,7 zwei Arten der Untersuchung
über die Pflichten, die eine Art ist von Belang für das höchste Gut,
die andere besteht in Vorschriften. Die Schrift de off. hat es zwar
auch mit dem «höchsten Gut» zu tun, ist aber mehr auf die Belehrung
ausgerichtet, wie man allgemein sein Leben einrichtet.
5 Gärtner, Cicero und Panaitios
Ciceros «Rolle»
Nachdem der Gedankenkreis des Panaitios herausgearbeitet worden
ist, soll nun von der Haltung gesprochen werden, in der Cicero an
die Abfassung der Schrift <de officiis> ging.
Da ist zunächst einmal der Zug zum Konkreten. Die ethischen
Anweisungen (<praecepta>) waren ja das Ziel dieser Schrift im Gegen-
satz zu allgemeinen theoretischen Erörterungen in <de finibus> (de
off. 1,7). Die Römer geben ja überhaupt dem konkreten Einzelnen
vor der spekulativen Schau von Zusammenhängen den Vorrang.
Im dritten Buch von de off., das Cicero suo Marte geschrieben hat,
wird diese römische Eigenart noch deutlicher. Dort gibt er 111,19
-21 eine <Formel>, «damit man ohne Irrtum eine Entscheidung
treffen kann, wenn das, was man als ehrenhaft erkannt hat, mit dem
zu streiten scheint, was wir nützlich nennen». Diese Formel, wie auch
alle anderen Überlegungen, die Cicero anstellt, dienen wie im Recht
der richtigen Beurteilung des Einzelfalles. In den beiden ersten
Büchern in denen Cicero im allgemeinen dem Gedankengang des
Panaitios folgte, dienen dagegen die Einzelheiten als Beispiele zur
Veranschaulichung für die allgemeinen Aussagen über die Pflichten.
Mag Cicero auch in den beiden ersten Büchern viele Einzelheiten
neu eingeführt haben, es bleibt dort die Zuordnung zu den allge-
meinen Aussagen. Im dritten Buch dagegen hat der Einzelfall das
Hauptgewicht. Daher erklärt sich auch die lockere Reihung der
einzelnen Komplexe.
Die Schrift des Panaitios, die zwar auch konkrete Einzelheiten,
diese aber eingeordnet in die Zusammenhänge von <honestum>,
<decorum> und <utile> brachte, entsprach in dieser mehr spekulativen
Art nicht den Absichten Ciceros.
Cicero unterscheidet nach de off. 1,7 zwei Arten der Untersuchung
über die Pflichten, die eine Art ist von Belang für das höchste Gut,
die andere besteht in Vorschriften. Die Schrift de off. hat es zwar
auch mit dem «höchsten Gut» zu tun, ist aber mehr auf die Belehrung
ausgerichtet, wie man allgemein sein Leben einrichtet.
5 Gärtner, Cicero und Panaitios