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Schmidt, Ernst A.; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1974, 6. Abhandlung): Zur Chronologie der Eklogen Vergils: vorgelesen am 27. April 1974 von Viktor Poeschl — Heidelberg: Winter, 1974

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https://doi.org/10.11588/diglit.45449#0022
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Ernst A. Schmidt

zum Gegenstand gehabt. Sophokles hatte diesen in Αχαιών Σύλλογος
gestaltet30. Die Hypothese ist so reizvoll wie luftig, den jungen Octa-
vian in seiner Sophoklesbegeisterung den Stoff eines der bekanntesten
Euripidesstücke der Zeit <sophokleisch> behandeln, den «sermo pede-
ster» des euripideischen Telephos31 auf sophokleischen Kothurn heben
zu lassen.
Die Verse 12 und 15 f. der Pollio-Ode (c. II 1) des Horaz («Cecropio
. . . coturno»; «cui laurus aeternos honores / Delmatico peperit trium-
pho») sind immer als an ecl. 8 anklingend betrachtet worden, und man
hat immer die Äußerungen beider Dichtungen als auf Pollio bezogen
vereint. Spricht, so wäre demnach zu fragen, Horazens Ode mit solcher
Stringenz dafür, daß Pollio in ecl. 8 angeredet ist, daß wir alle bis-
herigen Argumente als über den Haufen geworfen betrachten müssen?
Horaz hat schon einmal, im Jahre 36/35 v. Chr., und zwar in der
Nachbarschaft eines Urteils über Vergils Eklogen, Pollios Tragödien
erwähnt. In sat. I 10,42-45 heißt es: «. . . Pollio regum / facta canit
pede ter percusso; forte epos acer / ut nemo Varius ducit; molle atque
facetum / Vergilio adnuerunt gaudentes rure camenae». Neben dem
hohen Lob für Varius und Vergil fällt umso mehr auf, daß Pollios Tra-
gödien auch nicht mit dem geringsten rühmenden Attribut bedacht
sind. Aber nicht darauf kommt es uns hier an. Pollios tragisches Dich-
ten wird im gleichen Kontext mit Vergils Eklogen erwähnt, und das
geschieht nicht nur ohne jeden sprachlichen Anklang an ecl. 8, sondern
auch ohne Andeutung ihres sophokleischen Charakters. Dieser Um-
stand, sowie der, daß Pollio und Vergil nicht nebeneinander stehen,
und die unmittelbare Nachbarschaft von Varius und Vergil, so merk-
würdig sie bei Beziehung der Adresse von ecl. 8 auf Pollio wären, fügen
sich jedoch gut zu ihrer Beziehung auf Octavian und ihrer Datierung
auf 35 v. Chr. Die achte Ekloge war zur Zeit der zehnten Satire noch
nicht gedichtet; ist sie aber später, so eben deshalb, weil sie nicht Pollio,
sondern Octavian anredet. Das Urteil des Horaz über Vergils Eklogen
hat nur die frühen Bucolica im Auge32.
Doch betrachten wir nun die Berührungen zwischen Hör., c. II 1
und Verg., ecl. 8. «Delmatico (sc. triumpho)» hat bei einem solchen
Vergleich auszuscheiden, nicht nur, weil das Wort bei Vergil nicht vor-
30 Vgl. A. Lesky, Die tragische Dichtung der Hellenen, Göttingen 19723, S. 260; J.
G. Frazer (ed.), Apollodorus, 2 Bde., London-New York 1921 (Loeb), Bd. 2,
S. 188, Anm. 1.
31 Vgl. Hör., A. P. 95 f.
32 Vgl. dazu u. § 12, S. 71 mit Anm. 13.
 
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