Zur Chronologie der Eklogen Vergils
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heit von einem Summanden allein abhängt, so hat sich auch die
<Gleichheit>5 der Verssummen der beiden Paare erst mit dem chrono-
logisch letzten, dem zweiten Gedicht des zweiten Paares ergeben oder
ist erst mit ihm erzeugt worden. Unter Voraussetzung eines Symmetrie-
strebens, das bei der Entstehung von ecl. IV für die vier Gedichte IX, I,
VI, IV erwachte, läßt sich die dennoch gegebene Abweichung der Vers-
summe VI + IV von der Summe IX + I begreifen als der Vorrang in-
nerer Strukturierung von ecl. IV (63 Verse = 9 X 7)6 vor strikter Iden-
tität von Verssummen.
Ecl. IV ist somit das zeitlich erste Gedicht, bei dem das Wirken eines
Strebens nach Zahlenkorresponsionen überhaupt denkbar ist (ohne
deshalb auch angenommen werden zu müssen). Die drei frühen Eklo-
gen sind so wenig auf Zahlenentsprechungen hin abgefaßt worden, daß
nicht nur II und III verschiedenen Summen (und zwar mit späten Ge-
dichten) zugewiesen wurden, sondern V sogar ganz aus dem Summen-
schema herausgehalten werden mußte. In Entsprechung zu ecl. V hatte
Vergil bei X freie Hand, für ecl. VIII und VII hatte er sich jedoch schon
gebunden, d. h. die Absicht, bestimmte Zahlenkorresponsionen her-
zustellen, determinierte die Verszahl von sowohl ecl. VII als auch VIII.
Geht man in Abwandlung von Skutsch, a. O., S. 167 von den folgen-
den Voraussetzungen Vergils bei der Abfassung der drei späten Eklo-
gen und dem Plan eines Buches aus im Zusammenhang numerischer
Entsprechungen, nämlich
1. der vorliegenden Summe der Verszahlen von I, II, III und IV (= 330),
2. der Absicht, in den Gedichten VI, VII, VIII, IX durch die gleiche
Verssumme ein Gegenstück zu schaffen, und
3. dem Wunsch, thematisch zusammengehörige Gedichte um ecl. V zu
gruppieren und, nach dem Vorgang der Summengleichheit von
I + IX und IV + VI, auch den beiden restlichen Paaren eine identi-
sche Verssumme zu geben,
so war, nachdem I + IX = IV + VI = 150 war, schon entschieden,
daß II + VIII = III + VII = 330-150 = 180 sein mußte. Denn wenn
5 Bei den folgenden rechnerischen Demonstrationen berücksichtige ich im allge-
meinen der Einfachheit halber die Differenz zwischen 150 und 149, zwischen 330
und 331 nicht, da eine solche Vereinfachung die Argumentation nicht beeinträch-
tigt, und spreche fast immer von 150 bzw. 330 und infolgedessen 180 Versen, so-
wie von <Gleichungen>.
6 Vgl. Skutsch, a. O., S. 158 nach E. Norden, Die Geburt des Kindes, S. 8 f.
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heit von einem Summanden allein abhängt, so hat sich auch die
<Gleichheit>5 der Verssummen der beiden Paare erst mit dem chrono-
logisch letzten, dem zweiten Gedicht des zweiten Paares ergeben oder
ist erst mit ihm erzeugt worden. Unter Voraussetzung eines Symmetrie-
strebens, das bei der Entstehung von ecl. IV für die vier Gedichte IX, I,
VI, IV erwachte, läßt sich die dennoch gegebene Abweichung der Vers-
summe VI + IV von der Summe IX + I begreifen als der Vorrang in-
nerer Strukturierung von ecl. IV (63 Verse = 9 X 7)6 vor strikter Iden-
tität von Verssummen.
Ecl. IV ist somit das zeitlich erste Gedicht, bei dem das Wirken eines
Strebens nach Zahlenkorresponsionen überhaupt denkbar ist (ohne
deshalb auch angenommen werden zu müssen). Die drei frühen Eklo-
gen sind so wenig auf Zahlenentsprechungen hin abgefaßt worden, daß
nicht nur II und III verschiedenen Summen (und zwar mit späten Ge-
dichten) zugewiesen wurden, sondern V sogar ganz aus dem Summen-
schema herausgehalten werden mußte. In Entsprechung zu ecl. V hatte
Vergil bei X freie Hand, für ecl. VIII und VII hatte er sich jedoch schon
gebunden, d. h. die Absicht, bestimmte Zahlenkorresponsionen her-
zustellen, determinierte die Verszahl von sowohl ecl. VII als auch VIII.
Geht man in Abwandlung von Skutsch, a. O., S. 167 von den folgen-
den Voraussetzungen Vergils bei der Abfassung der drei späten Eklo-
gen und dem Plan eines Buches aus im Zusammenhang numerischer
Entsprechungen, nämlich
1. der vorliegenden Summe der Verszahlen von I, II, III und IV (= 330),
2. der Absicht, in den Gedichten VI, VII, VIII, IX durch die gleiche
Verssumme ein Gegenstück zu schaffen, und
3. dem Wunsch, thematisch zusammengehörige Gedichte um ecl. V zu
gruppieren und, nach dem Vorgang der Summengleichheit von
I + IX und IV + VI, auch den beiden restlichen Paaren eine identi-
sche Verssumme zu geben,
so war, nachdem I + IX = IV + VI = 150 war, schon entschieden,
daß II + VIII = III + VII = 330-150 = 180 sein mußte. Denn wenn
5 Bei den folgenden rechnerischen Demonstrationen berücksichtige ich im allge-
meinen der Einfachheit halber die Differenz zwischen 150 und 149, zwischen 330
und 331 nicht, da eine solche Vereinfachung die Argumentation nicht beeinträch-
tigt, und spreche fast immer von 150 bzw. 330 und infolgedessen 180 Versen, so-
wie von <Gleichungen>.
6 Vgl. Skutsch, a. O., S. 158 nach E. Norden, Die Geburt des Kindes, S. 8 f.