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Hölscher, Uvo; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1976, 3. Abhandlung): Der Sinn von Sein in der älteren griechischen Philosophie: vorgetragen am 6. Februar 1971 — Heidelberg: Winter, 1976

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https://doi.org/10.11588/diglit.45460#0037
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35

Der Sinn von Sein in der älteren griechischen Philosophie
falls kopulativ ist) eine Unterscheidung zwischen Formen und Einzeldingen
treffen; und diese Unterscheidung ist es, nach Frede, die Platon an der befragten
Stelle im Auge hat (Seite 35 f.).
Ich muß hier kurz bei dem Begriffspaar καθ’ αύτα und προς άλλα ver-
weilen, um die verschiedene Verwendung dieser Begriffe zu klären. Als
Paar kehren sie in der akademischen Terminologie bei Xenokrates wieder
in der Form καθ’ αύτο und προς τι: sie bedeuten dort, nach Simplicius in
cat. p. 63, 21 ff. die ουσία und die συμβεβηκοτα (vgl. Kurt v. Fritz, a. O.
S. 463 ff.). Unter dem προς τι werden, nach Simplicius (d. h. nach Iamblichus
und Porphyrius), die συμβεβηκοτα deshalb zusammengefaßt, weil sie immer
Akzidentien «von einem Anderen» sind. Bei Aristoteles kehren beide Be-
griffe wieder, aber nicht als Paar: καθ’ αύτα bezeichnet eine Weise des Seins
nicht nur der ουσία, sondern aller Kategorien, unter denen das προς τι
eine ist. Andererseits hat er καθ’ αύτο und συμβεβηκος als Paar, mit dem
die Kommentatoren die ούσια und das προς τι des Xenokrates gleichsetzen.
Man sieht sofort, daß beide Begriffe bei dem Akademiker etwas ganz
Anderes bedeuten als bei Aristoteles. Das καθ’ αύτο ist nicht die kategoriale
Rückbezogenheit auf das Wesen, sondern das Für-sich-sein der Idee. Diese
Charakterisierung der Idee als des αύτο καθ’ αύτο ov ist bei Platon vielfach
belegt. Und gerade in solchen Zusammenhängen begegnet das προς τι als
der Gegenbegriff. Zum Beispiel Philebos 51c: ταυτα γαρ ούκ είναι προς
τι καλα λεγειν, καθαπερ άλλα, άλλ’ άει καλα καθ’ αύτα πεφυκεναι. Im
Symposion 211 a wird der Gegenbegriff zu dem αύτο καθ’ αύτο μεθ’ αύτου
μονοειδες άει όν vielfältig umspielt, um dieses auf immer neue Weise gegen
das Unbeständige und Relative des erscheinenden καλόν abzuheben: ού τη
μεν ... τη δε . . ., ούδε τότε μεν . . . τότε δε . . ., ούδε προς μεν το . . . προς
δε το . . . usw. Es kann also keine Rede davon sein, daß mit dem προς τι
die Bezogenheit der Erscheinungen auf die Idee bezeichnet wäre, im Gegen-
teil: es bezeichnet das unbestimmte und stofflich bedingte Sein im Bereich
der Sinnlichkeit im Gegensatz zu dem wirklich Seienden. Platon nennt es
auch το ποιον τι (7. Brief 343 c 1). Das ποιον ist, wie Kurt v. Fritz nach-
gewiesen hat (S. 469), in dem προς τι des Xenokrates mit einbegriffen ge-
wesen. Gerade darum dürfte in προς τι der reine Begriff der Relativität
liegen, das immer nur «irgendwie» Seiende der Erscheinungen, nicht ihre
Bezogenheit auf die ούσια.
Scheinbare Bestätigung erhält Frede (S. 34) durch den Ausdruck τα προς
τα είδη, der sich bei Alexander als Terminus für die Einzeldinge findet. Er
mag auf Wendungen zurückgehen wie: δ δημιουργός προς το κατα ταύτα
έχον βλεπων, Timaios 28 a 6. Kein Weg führt von hier zu dem Terminus
προς άλλα oder auch nur zu προς τι: die Seinsbestimmtheit eines Einzeldings
durch die Hinsicht auf sein Eidos würde Platon nie als Bezogenheit auf
«etwas» oder auf «anderes» kennzeichnen.
Ein Problem stellte sich für Platon ein, als die Relativität, die die Welt
der Erscheinungen ausmachte, sich im Bereich der Ideen selber auftat, wie
 
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