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IX
Ich möchte einen, anderen, mehr philologischen Weg einschlagen. Von den drei
Möglichkeiten der Übersetzung, A, B und C, die Frede erwägt, verdienen
nicht alle gleiche Beachtung. Die Trennung von των όντων / τα μεν ... τα
δε . . . in Gegenstand und Prädikat (B) ist sprachlich unmöglich, nicht nur
weil der einfache Genitiv (statt κατα c. Gen.) nicht zu λεγεσθαι treten kann:
auch τα μεν ... τα δε ... erfordert den partitiven Sinn von των όντων. (Vgl.
Cat. 2 των όντων τα μεν ... λεγεται, ... τα δε . ..). Dann aber reduziert sich
der Ausdruck auf die Form τα όντα λεγεται.
In diesem Ausdruck, der die allgemeine Formel der Aussage darstellt und
vollständig lauten würde: το όν λεγειν περί τίνος, ist es wiederum unmöglich,
τα όντα als die sachlichen Subjekte zu verstehen, d. h. als die Gegenstände
einer Aussage (C); es ist also auch nicht die erforderliche Prädikativergän-
zung als unterdrückt zu denken: sie selber sind das Prädikat.
Verglichen mit dem Scharfsinn, womit trotzdem diese dritte Möglichkeit
und ihre fragwürdigen Konsequenzen verfolgt werden, verwirft Frede die
erste Übersetzung (A) doch zu leicht. Τα όντα λεγεται meint — und zwar
gerade mit dem «Seienden» — Prädikationen (und es versteht sich von selbst,
daß das «Seiende» keine Sachverhalte, sondern Begriffe, d. h. Formen, meint,
z. B. das Verschiedene).
Zwar verdient die eine Auffassung des Textes kaum die Mühe der Wider-
legung, die Frede ihr widmet (Seite 20—21): nämlich daß nun wieder die
sachlichen Subjekte, als die Gegenstände der Aussage, in καθ’ αύτα und προς
άλλα bezeichnet werden (als ob περί εαυτών oder κατ’ άλλων dastünde). Aber
die andere, wonach hier die Prädikate selber in zwei Klassen: in selbständige
(absolute) und bezogene (relative), eingeteilt werden, sehe ich nicht widerlegt
(Seite 22—23) und insbesondere keine Schwierigkeit, in dieser Einteilung eine
vollständige Disjunktion zu erkennen. Es trifft auch nicht zu, daß bei dieser
Auffassung των όντων überflüssig wäre (Seite 23): es geht ja gerade darum,
daß alles ausgesagte Seiende sich in diese zwei Klassen gliedert, das Ver-
schiedene dagegen immer nur der einen Klasse angehört: darum sind die
beiden nicht ein und dasselbe.
Zu den όντα, die in dieser oder in jener Weise «gesagt» werden, gehört
also das έτερον, έτερον aber wird prädikativ «gesagt»: etwas ist verschieden
(das umgekehrte, το έτερον als Gegenstand der Aussage, nur in spekulativen
Sätzen wie 255 d 1). Das heißt aber, daß das «Seiende», von dem die Rede
ist, Prädikate meint.
Daran ist nichts Überraschendes. Der Prädikatscharakter der platonischen
Ideen ist öfters festgestellt worden. Er hindert nicht, daß Platon sie als
Selbständige Seiende denkt. Der Seinscharakter tritt in jener Form von
Sätzen hervor, die Frede den konversen Gebrauch von ist nennt (Seite 52,
54): So heißt es von dem wahren Satz, daß er «das Seiende περί τίνος»
aussagt (263 b 4). Demnach kann ein Satz wie «Sokrates ist weiß» auf die
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Ich möchte einen, anderen, mehr philologischen Weg einschlagen. Von den drei
Möglichkeiten der Übersetzung, A, B und C, die Frede erwägt, verdienen
nicht alle gleiche Beachtung. Die Trennung von των όντων / τα μεν ... τα
δε . . . in Gegenstand und Prädikat (B) ist sprachlich unmöglich, nicht nur
weil der einfache Genitiv (statt κατα c. Gen.) nicht zu λεγεσθαι treten kann:
auch τα μεν ... τα δε ... erfordert den partitiven Sinn von των όντων. (Vgl.
Cat. 2 των όντων τα μεν ... λεγεται, ... τα δε . ..). Dann aber reduziert sich
der Ausdruck auf die Form τα όντα λεγεται.
In diesem Ausdruck, der die allgemeine Formel der Aussage darstellt und
vollständig lauten würde: το όν λεγειν περί τίνος, ist es wiederum unmöglich,
τα όντα als die sachlichen Subjekte zu verstehen, d. h. als die Gegenstände
einer Aussage (C); es ist also auch nicht die erforderliche Prädikativergän-
zung als unterdrückt zu denken: sie selber sind das Prädikat.
Verglichen mit dem Scharfsinn, womit trotzdem diese dritte Möglichkeit
und ihre fragwürdigen Konsequenzen verfolgt werden, verwirft Frede die
erste Übersetzung (A) doch zu leicht. Τα όντα λεγεται meint — und zwar
gerade mit dem «Seienden» — Prädikationen (und es versteht sich von selbst,
daß das «Seiende» keine Sachverhalte, sondern Begriffe, d. h. Formen, meint,
z. B. das Verschiedene).
Zwar verdient die eine Auffassung des Textes kaum die Mühe der Wider-
legung, die Frede ihr widmet (Seite 20—21): nämlich daß nun wieder die
sachlichen Subjekte, als die Gegenstände der Aussage, in καθ’ αύτα und προς
άλλα bezeichnet werden (als ob περί εαυτών oder κατ’ άλλων dastünde). Aber
die andere, wonach hier die Prädikate selber in zwei Klassen: in selbständige
(absolute) und bezogene (relative), eingeteilt werden, sehe ich nicht widerlegt
(Seite 22—23) und insbesondere keine Schwierigkeit, in dieser Einteilung eine
vollständige Disjunktion zu erkennen. Es trifft auch nicht zu, daß bei dieser
Auffassung των όντων überflüssig wäre (Seite 23): es geht ja gerade darum,
daß alles ausgesagte Seiende sich in diese zwei Klassen gliedert, das Ver-
schiedene dagegen immer nur der einen Klasse angehört: darum sind die
beiden nicht ein und dasselbe.
Zu den όντα, die in dieser oder in jener Weise «gesagt» werden, gehört
also das έτερον, έτερον aber wird prädikativ «gesagt»: etwas ist verschieden
(das umgekehrte, το έτερον als Gegenstand der Aussage, nur in spekulativen
Sätzen wie 255 d 1). Das heißt aber, daß das «Seiende», von dem die Rede
ist, Prädikate meint.
Daran ist nichts Überraschendes. Der Prädikatscharakter der platonischen
Ideen ist öfters festgestellt worden. Er hindert nicht, daß Platon sie als
Selbständige Seiende denkt. Der Seinscharakter tritt in jener Form von
Sätzen hervor, die Frede den konversen Gebrauch von ist nennt (Seite 52,
54): So heißt es von dem wahren Satz, daß er «das Seiende περί τίνος»
aussagt (263 b 4). Demnach kann ein Satz wie «Sokrates ist weiß» auf die