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Hommel, Hildebrecht; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1978, 2. Abhandlung): Bocksbeutel und Aryballos: philologischer Beitrag zur Urgeschichte einer Gefäßform ; vorgetr. am 9. Juli 1977 — Heidelberg: Winter, 1978

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https://doi.org/10.11588/diglit.45468#0021
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Bocksbeutel und Aryballos

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als Beleg unsere Aristophanesstelle an. Das spätantike Scholion zum
Komödiendichter erklärt das Ding falsch als JtXexrbv tt ßaXXavriov,
als «eine Art von geflochtenem Beutel», und fügt die antike Etymologie
an, die es mit apveiv <schöpfen> zusammenbringt, worauf offensichtlich
auch bereits Aristophanes anspielt, da er es einige Verse vorher
(Ritter 1091) mit aputcdvY] — <Schöpflöffel> umschreibt, ein Ausdruck
der beim Dichter natürlich nicht zu pressen ist. Man sieht: ein halbes
Jahrtausend nach Aristophanes ist das Gefäß anscheinend nicht mehr
in breitem Umfang in Gebrauch, sondern antiquarischer Erklärung
bedürftig. Die Zurückführung des zweiten Bestandteiles seines Namens
auf ßaXXdvtiov <Lederbeutel> durch den Scholiasten ist zweifellos
richtig; sie kehrt bei Athenaios wieder, der uns darüber belehrt, daß
auch die vergleichbaren ouanaorcz ßaHavria, <die zusammenziehbaren
Lederbeutelchen>, als apvßaXXoi bezeichnet worden sind. Das gleiche
bezeugt uns auch eine äußerst wertvolle Notiz des Lexikographen
Pollux46, eines Zeitgenossen und griechisch-ägyptischen Landsmannes
des Athenaios, der — vielleicht aus der gleichen Quelle wie dieser, aber
etwas exakter — sogar die Bezeichnung Aryballos selber ursprünglich
auf das cmajiacnov ßaZXdvtiov bezieht47. Ebenfalls Pollux verweist auf
zwei wertvolle Belege für das Vorkommen des Wortes agüßaXXog
gerade auch zur Benennung des Lederbeutels: auf den Chorlyrikdichter
Stesichoros im griechischen Westen um 600 v. Chr., also aus der Blüte-
zeit der korinthischen <Aryballoi>, und auf den Vertreter der mittleren
attischen Komödie des 4. vorchristlichen Jhs. Antiphanes48. Wir ent-
nehmen daraus, daß die durch Walken erzielte weiche Lederausgabe
des Aryballos, den wir in seiner steifen Form für die keramische Aus-
gestaltung als Vorstufe ansetzen möchten, neben dieser sich mindestens
bis in die archaische, ja wohl bis in die spätklassische Zeit Griechenlands
im Gebrauch erhalten hat. Übrigens ergab sich die harte Form, die aber
nun durch die Produkte aus Ton, später auch aus Glas ersetzt war,
beim Gerben und Trocknen fast von alleine, während das Weichmachen

46 Pollux, Onomastikon II 152 (= T. II p. 236 Bethe).
47 Sein Wortlaut apußaXkog öe ent rot) ouondmrou ßaXXavrlou ist doch wohl zu
übersetzen mit «(benannt) nach dem .. .», wie die bei Kühner-Gerth I 497 unter
c) gesammelten Stellen es nahelegen, und wie es dem Grundthema von Pollux’
<Onomastikon> entspricht.
48 Stesichoros im Kepßepog, bei Page, Poetae melici Graeci 1962 p. 111 (fr. 206 -
Stesichoros fr. 29). — Antiphanes im Aüroü epwv (<Egoist>), fr. 50 bei Kock,
Comicorum Att. fragmenta II 1884, p. 31.
 
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