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Hommel, Hildebrecht; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1978, 2. Abhandlung): Bocksbeutel und Aryballos: philologischer Beitrag zur Urgeschichte einer Gefäßform ; vorgetr. am 9. Juli 1977 — Heidelberg: Winter, 1978

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https://doi.org/10.11588/diglit.45468#0041
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Bocksbeutel und Aryballo:

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schläuche> oder besser <Ledersäcke>) der klassischen Antike110, wie
ebenso auch ihrer Kleinform, der zusammengenähten Lederflasche, wie
sie noch heute in den Mittelmeerländern und auch anderwärts da und
dort im Gebrauch ist (Abb. 26)nl. In diesem Zusammenhang hat
man dann bei den keramischen Nachahmungen dieser Formen ebenso
wie von einem «Kürbisstil» auch geradezu von einem «Lederstil»
gesprochen112. Aber die meist umfangreichen Ledersäcke und Leder-
flaschen für Flüssigkeiten hatten doch den Nachteil, daß sie das Naß
allmählich durch die Nähte abgaben und auch einer gewissen Ver-
schmutzung ausgesetzt waren. So mußte sich für kostbaren Stoff wie
Salböl und Kosmetika das Bedürfnis nach kleinen aber leicht ver-
schließbaren und einigermaßen undurchlässigen Behältern einstellen.
Und gerade diesen beiden Erfordernissen kamen die Schafbockshoden
entgegen, sobald man es verstand, sie entsprechend zu präparieren.
Da man zahme Schafe im Zagrosgebirge im heutigen Westiran für
die Zeit um 8900 v. Chr. nachweisen konnte, womit das Schaf über-
haupt als das früheste domestizierte Tier begegnet113, so erhalten wir
110 C. Schuchhardt a. O. 54 f. Ausführlicher R. Meringer, Die ältesten Gefäße. In:
Wörter und Sachen 7. 1921, S. 1 ff. Jobs. Hubschmid, Schläuche und Fässer 1955
(mit reichem sprachlichem Material aus den idg. Sprachen und aus dem Tür-
kischen), über dcozog etc. bes. S. 79 ff. mit zahlreichen Abbildungen (frdl. Hin-
weis von Kurt Baidinger).
111 Ein Hinweis auf die vielfältige Verwendung von Tierhäuten zur Herstellung
von Flüssigkeitsbehältern ergibt sich auch vom Philologischen her, wenn das
griechische Wort ttekka für <Melkeimer> mit seinen Verwandten nsXXlg <Schüssel>
und neXizt] <Kanne> zur Wurzel *pel- <Haut> gehört (vgl. lat. pellis), wie
J. B. Hofmann, Etymol. Wörterbuch des Griechischen 1949, S. 260 vermutet, der
für diesen Fall richtig auf ursprüngliche Herstellung von Gefäßen aus Häuten
und Leder schließt. Echte Lederbeutel haben dann die Dorier um 1200 v. Chr.
nach ihrer Einwanderung in den Mittelmeerraum in grober handgemachter
Keramik imitiert; s. dazu G. Weidner, Asine ... In: Antike 1939, S. 270b.
112 G. Behrens a. O. (s. o. Anm. 103) 16, wohl im Anschluß an C. Schuchhardt’'s
<Beutelstil> (a. O. 153), vgl. a. R. Meringer a. O. 3; Otto von Hessen, Die lango-
bardische Keramik in Italien 1968, S. 25 f. 29 f. (<Beutelbecher>). Ausführlicher
über die ledernen Vorbilder Ch. Singer (u. andere), A History of Technology. 2.
1956, S. 147—187 mit zahlreichen Belegen und Abbildungen. Ganz skeptisch
äußert sich über den <Lederstil> F. A. v. Scheltema im Reallex. d. Vorgesch. 7.
1926, S. 266.
113 James Mellaart, (Jatal Hüyük. Stadt aus der Steinzeit 1967, S. 26. Bei Ausgrabung
eines Dorfes in der Nähe von Suberde 80 km südwestlich von Qatal Hüyük in der
Konya-Ebene aus dem 7. Jahrtausend durch J. Bordaz ergab sich dagegen, daß
noch 900/o der gefundenen Knochen vom Wildschaf stammten (Mellaart 268) —
ein Hinweis darauf, daß die Entwicklung nicht überall gleichförmig verlief.
 
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