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Kullmann, Wolfgang; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1979, 2. Abhandlung): Die Teleologie in der aristotelischen Biologie: Aristoteles als Zoologe, Embryologe und Genetiker. Vorgelegt von Werner Beierwaltes am 21. Oktober 1978 — Heidelberg: Winter, 1979

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https://doi.org/10.11588/diglit.45473#0024
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22

Wolfgang Kullmann

KccgSiag). Das Atmen ist also Finalursache der Lunge, das Herz Ent-
stehungsursache38. Daß alle Teile letztlich die gleiche Entstehungsursache
haben, zeigt De part. an. A 4.678 a 3ff., wo vom Gekröse (ileoevteqiov)
die Rede ist und gesagt wird, daß es dieselbe Entstehung wie die übrigen
Teile des Körpers habe, daß aber die Zweckursache (hier einfach atria
genannt) aus den folgenden Ausführungen deutlich würde (rf|V psv oüv
ysvsotv st, dvdyKr|g oöoav £UQf]c>opEv dpoiog rotg aXXoig popiotg-
öta riva 5’ airiav OTtap/eiv rote; Evaipoig, cpavEQÖv ectiv ekictkokoC-
aiv). Auch hier sind Bewegungsursache und Finalursache kombiniert.
Der Zweck besteht darin, die Nahrung aus dem Magen in die Adern
zu führen. Es kann keine Rede davon sein, daß hier Finalursachen an
die Stelle von Bewegungsursachen treten. Entsprechend wird als unmit-
telbare Entstehungsursache aller Eingeweide (onAüyxva) der Austritt
von Flüssigkeit an den inneren Enden der Adern genannt (De part. an.
T 10.673 a 10ff.). Der Entelechiebegriff, der in der Schrift De anima
gebraucht wird, um die Seele als Betätigung und Erfüllung des Körpers
zu bestimmen, kommt dabei in De part. an. (ebenso wie in den Parva
naturalia und De gen. an.) in seiner spezifischen Bedeutung nicht vor39.
Wie sorgfältig Aristoteles physikalisch-chemische Gesetzmäßigkeiten
in Rechnung stellt, geht in De part. an. auch daraus hervor, daß er
mehrfach damit rechnet, daß es bei bestimmten zielgerichteten Prozes-
sen, die zur Organbildung führen, ähnlich wie bei technischen Prozessen
zu Begleitwirkungen und Überschüssen kommt, die dann von der Natur
des Lebewesens höchstens sekundär wieder einer neuen Bestimmung
zugeführt werden, ohne daß dies zwingend wäre. So sagt er in De part.
an. A 2.677 a 1 lff., die Galle in der Leber scheine ein „Überschuß“ zu
sein und nicht zweckgerichtet (evekü itvog). „Es braucht gewiß manch-
mal die Natur (des Organismus) zum Nutzen auch die Überschüsse,
nicht jedoch darf man deshalb in allem das Weswegen suchen, vielmehr
ergeben sich, wenn bestimmte Dinge sind, andere daraus zwangsläufig“.
38 Das Herz hat seinerseits auch wieder eine Finalursache: Es hat die Aufgabe, als
Wärmequelle („Herd“, „Akropolis“) zu dienen (670 a 23ff.).
39 Vgl. dazu W. Theiler, Aristoteles. Über die Seele, in: Aristoteles Werke in deut-
scher Übersetzung, hrsg. v. E. Grumach Bd. 13, Darmstadt 1959, 76f. Theiler
weist dort mit Recht den Versuch zurück, den Entelechiebegriff einem Spät-
stadium der aristotelischen Philosophie zuzuweisen, und macht für ihre Rolle in
De an. den stärker „philosophischen“ Standpunkt dieser Schrift dafür verant-
wortlich. - In De part. an. A 1.642 a 1 und De gen. an. B 1.734 a 30, b 35
ist der Begriff - in Opposition zu dem Begriff Suvapig - im Sinne von evagyEia
gebraucht.
 
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