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Wolfgang Kullmann
bereiten, und wir gebrauchen ihn, wie wenn er um unseretwillen vor-
handen ist (wir sind ja irgendwie auch selbst Ziel); zweifach ist nämlich
das Worum-willen. Darüber ist in den Büchern über die Philosophie
gesprochen worden“. Wir Menschen sind also lediglich „irgendwie“
selbst Ziel. Und das muß auch für die in der „Politik“ angesprochene
Ökonomik gelten. Diese tut so, als ob die ganze Natur nur zum Nutzen
der Menschen existiert45, was aber tatsächlich nicht der Fall ist. Die
Politikstelle gebraucht also nur eine vereinfachte Formulierung und
widerspricht bei genauerem Zusehen den biologischen Schriften nicht.
Von besonderem Interesse ist in der „Physik“ der Hinweis auf die
zweifache Bedeutung des Zweckbegriffs (des ob evskö), über die in dem
Dialog „Über die Philosophie“ gehandelt worden sein soll. Wie verhält
sich diese Unterscheidung zu dem Zweckgedanken in der Biologie? Man
kann versuchen, die von Aristoteles getroffene Unterscheidung auch für
das Verständnis der biologischen Teleologie nutzbar zu machen. Frei-
lich setzt dieser Versuch die Lösung einer grammatisch-philologischen
Detailfrage voraus. Aristoteles hat diese Unterscheidung an fünf Stellen
in dem erhaltenen Werk erwähnt: Met. A 7.1072 b lff.; E.E. 0 3.1249
b 15, De an. B 4.415 b 2f.; De an. B 4.415 b 20f. und Phys. B 2.194
b 33ff. Es ist von „worum-willen-von-etwas“ (ob svsKct Ttvoq [oder ob])
und „worum-willen-für-etwas“ (ob svsKa tivi [oder d>]) die Rede. Die
Interpretation dieser Distinktion ist noch nicht zu einem einhelligen
Ergebnis gekommen46. Ihr Sinn scheint mir jedoch klar zu werden,
wenn man sowohl das Sachproblem als auch die sprachliche Formu-
lierung berücksichtigt. Aristoteles unterscheidet einen zweifachen Sinn
von Zweck („Worum-willen“), nämlich „Zweck (Ziel) von“ und „Zweck
.(Ziel) für“47. Ich nehme gleich meine Deutung vorweg: Mit „Zweck
von“ kann meiner Meinung nach nur das Ziel bestimmter zweckgerich-
teter Dinge gemeint sein (tivö<; bzw. ob ist sicher genitivus subiectivus).
Anders muß es mit „Zweck für“ liegen. Der Dativ in „Zweck für etwas“
45 In diesem Sinne wird die Politikstelle auch von K. Gaiser (s. nächste Anm.),
A. Graeser (ebd.), sowie von U. Dierauer, Tier und Mensch im Denken der
Antike (= Studien zur antiken Philosophie Bd. 6) Amsterdam 1977, 155ff. m.
Anm. 23 aufgefaßt.
46 Das Problem ist ausgezeichnet exponiert worden von K. Gaiser, Das zweifache
Telos bei Aristoteles, in: Naturphilosophie bei Aristoteles und Theophrast, Verh.
d. 4. Symposium Aristotelicum, veranstaltet in Göteborg - August 1966, Hei-
delberg 1969, 97 ff. Es wurde mit einer anderen Lösung weiterdiskutiert von
A. Graeser, Aristoteles’ Schrift „Über die Philosophie“ und die zweifache Bedeu-
tung der „causa finalis“ MusHelv 29, 1972, 44ff.
47 So die Übersetzung von Theiler, Aristoteles. Über die Seele a.a.O. 31.
Wolfgang Kullmann
bereiten, und wir gebrauchen ihn, wie wenn er um unseretwillen vor-
handen ist (wir sind ja irgendwie auch selbst Ziel); zweifach ist nämlich
das Worum-willen. Darüber ist in den Büchern über die Philosophie
gesprochen worden“. Wir Menschen sind also lediglich „irgendwie“
selbst Ziel. Und das muß auch für die in der „Politik“ angesprochene
Ökonomik gelten. Diese tut so, als ob die ganze Natur nur zum Nutzen
der Menschen existiert45, was aber tatsächlich nicht der Fall ist. Die
Politikstelle gebraucht also nur eine vereinfachte Formulierung und
widerspricht bei genauerem Zusehen den biologischen Schriften nicht.
Von besonderem Interesse ist in der „Physik“ der Hinweis auf die
zweifache Bedeutung des Zweckbegriffs (des ob evskö), über die in dem
Dialog „Über die Philosophie“ gehandelt worden sein soll. Wie verhält
sich diese Unterscheidung zu dem Zweckgedanken in der Biologie? Man
kann versuchen, die von Aristoteles getroffene Unterscheidung auch für
das Verständnis der biologischen Teleologie nutzbar zu machen. Frei-
lich setzt dieser Versuch die Lösung einer grammatisch-philologischen
Detailfrage voraus. Aristoteles hat diese Unterscheidung an fünf Stellen
in dem erhaltenen Werk erwähnt: Met. A 7.1072 b lff.; E.E. 0 3.1249
b 15, De an. B 4.415 b 2f.; De an. B 4.415 b 20f. und Phys. B 2.194
b 33ff. Es ist von „worum-willen-von-etwas“ (ob svsKct Ttvoq [oder ob])
und „worum-willen-für-etwas“ (ob svsKa tivi [oder d>]) die Rede. Die
Interpretation dieser Distinktion ist noch nicht zu einem einhelligen
Ergebnis gekommen46. Ihr Sinn scheint mir jedoch klar zu werden,
wenn man sowohl das Sachproblem als auch die sprachliche Formu-
lierung berücksichtigt. Aristoteles unterscheidet einen zweifachen Sinn
von Zweck („Worum-willen“), nämlich „Zweck (Ziel) von“ und „Zweck
.(Ziel) für“47. Ich nehme gleich meine Deutung vorweg: Mit „Zweck
von“ kann meiner Meinung nach nur das Ziel bestimmter zweckgerich-
teter Dinge gemeint sein (tivö<; bzw. ob ist sicher genitivus subiectivus).
Anders muß es mit „Zweck für“ liegen. Der Dativ in „Zweck für etwas“
45 In diesem Sinne wird die Politikstelle auch von K. Gaiser (s. nächste Anm.),
A. Graeser (ebd.), sowie von U. Dierauer, Tier und Mensch im Denken der
Antike (= Studien zur antiken Philosophie Bd. 6) Amsterdam 1977, 155ff. m.
Anm. 23 aufgefaßt.
46 Das Problem ist ausgezeichnet exponiert worden von K. Gaiser, Das zweifache
Telos bei Aristoteles, in: Naturphilosophie bei Aristoteles und Theophrast, Verh.
d. 4. Symposium Aristotelicum, veranstaltet in Göteborg - August 1966, Hei-
delberg 1969, 97 ff. Es wurde mit einer anderen Lösung weiterdiskutiert von
A. Graeser, Aristoteles’ Schrift „Über die Philosophie“ und die zweifache Bedeu-
tung der „causa finalis“ MusHelv 29, 1972, 44ff.
47 So die Übersetzung von Theiler, Aristoteles. Über die Seele a.a.O. 31.