Die Teleologie in der aristotelischen Biologie
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sie unterscheiden sich in dieser Hinsicht nur durch die gestufte Art ihres
Strebens zum Zweck hin55.
Während bei den Gestirnen die Kreisbewegung als Nachahmung
des Unbewegten Bewegers gilt, hat nach dem Zeugnis von
De gen. et corr. B 10.336 b 25 ff. die übrige Lebewelt wegen ihrer grö-
ßeren Entfernung vom Prinzip (dp/f)) nur das unablässige Werden von
der Gottheit zugeteilt bekommen, das aber dem Sein (oucffa) am näch-
sten ist und die Kreisbewegung, die allein kontinuierlich ist, nachahmt.
Auch in der Atmosphäre herrsche entsprechend ein Kreislauf der Ele-
mente. Wichtig ist dann die allgemeine Feststellung in B 11: Was nicht
der Zahl nach, d.h. individuell, in die Kreisbewegung zurückbiegen
kann, kann es im Zyklus des meteorologischen Kreislaufs oder der bio-
logischen Reproduktion der Art nach. Die Stelle ist wohl so zu verstehen,
daß auch die zyklische Genesis als Ziel die Göttlichkeit des Unbewegten
Bewegers erstrebt.
Hieran ist anzuschließen De an. B 4.415 a 26ff. Hier wird es als die
natürlichste Aktivität aller Lebewesen bezeichnet, ein zweites Wesen
in der Art, wie ein jedes jeweils selbst ist, zu schaffen, ein Lebewesen
ein Lebewesen, eine Pflanze eine Pflanze, und zugleich wird eine finale
Begründung gegeben:
,,. . . damit sie am Immerwährenden und Göttlichen teilnehmen, wie sie es
vermögen. Denn alles strebt nach jenem und tut, was es natürlicherweise tut,
um jenes willen (das Worum-willen ist aber zweifach, das Worum-willen von
und das Worum-willen für). Da es nun nicht an dem Ewigen und dem Gött-
lichen in Kontinuität teilnehmen kann, weil nichts von dem Vergänglichen
als ein und dasselbe individuell dauern kann, nimmt ein jegliches, soweit es
teilnehmen kann, daran teil, teils mehr, teils weniger, und es hat nicht Bestand
als es selbst, sondern wie es selbst, zwar nicht der Zahl nach eins, aber der
Art nach eins.“
Hier wird die Reproduktion der Art als eine Weise der Teilnahme am
Ewigen und Göttlichen bezeichnet, wobei dieses Göttliche als „Zweck
von“ (aber nicht als „Zweck für“) angesehen wird. Die Stelle ist eine
Explikation des Gedankens, der schon am Schluß von De gen. et corr.
(Bll) ausgesprochen war. Man könnte hier im Zweifel sein, ob die
Ewigkeit und Göttlichkeit der ewigen Gestirne bzw. ihrer Sphären oder
die des Unbewegten Bewegers (bzw. der Unbewegten Beweger von A 8,
s.u.) gemeint ist, wenn man überhaupt so differenzieren darf. Der Hin-
55 Die Textschwierigkeiten der Stelle erörtert Leo Elders, Aristotle’s Cosmology,
Assen 1966, 238f. Der Grundgedanke ist jedenfalls klar zu fassen.
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sie unterscheiden sich in dieser Hinsicht nur durch die gestufte Art ihres
Strebens zum Zweck hin55.
Während bei den Gestirnen die Kreisbewegung als Nachahmung
des Unbewegten Bewegers gilt, hat nach dem Zeugnis von
De gen. et corr. B 10.336 b 25 ff. die übrige Lebewelt wegen ihrer grö-
ßeren Entfernung vom Prinzip (dp/f)) nur das unablässige Werden von
der Gottheit zugeteilt bekommen, das aber dem Sein (oucffa) am näch-
sten ist und die Kreisbewegung, die allein kontinuierlich ist, nachahmt.
Auch in der Atmosphäre herrsche entsprechend ein Kreislauf der Ele-
mente. Wichtig ist dann die allgemeine Feststellung in B 11: Was nicht
der Zahl nach, d.h. individuell, in die Kreisbewegung zurückbiegen
kann, kann es im Zyklus des meteorologischen Kreislaufs oder der bio-
logischen Reproduktion der Art nach. Die Stelle ist wohl so zu verstehen,
daß auch die zyklische Genesis als Ziel die Göttlichkeit des Unbewegten
Bewegers erstrebt.
Hieran ist anzuschließen De an. B 4.415 a 26ff. Hier wird es als die
natürlichste Aktivität aller Lebewesen bezeichnet, ein zweites Wesen
in der Art, wie ein jedes jeweils selbst ist, zu schaffen, ein Lebewesen
ein Lebewesen, eine Pflanze eine Pflanze, und zugleich wird eine finale
Begründung gegeben:
,,. . . damit sie am Immerwährenden und Göttlichen teilnehmen, wie sie es
vermögen. Denn alles strebt nach jenem und tut, was es natürlicherweise tut,
um jenes willen (das Worum-willen ist aber zweifach, das Worum-willen von
und das Worum-willen für). Da es nun nicht an dem Ewigen und dem Gött-
lichen in Kontinuität teilnehmen kann, weil nichts von dem Vergänglichen
als ein und dasselbe individuell dauern kann, nimmt ein jegliches, soweit es
teilnehmen kann, daran teil, teils mehr, teils weniger, und es hat nicht Bestand
als es selbst, sondern wie es selbst, zwar nicht der Zahl nach eins, aber der
Art nach eins.“
Hier wird die Reproduktion der Art als eine Weise der Teilnahme am
Ewigen und Göttlichen bezeichnet, wobei dieses Göttliche als „Zweck
von“ (aber nicht als „Zweck für“) angesehen wird. Die Stelle ist eine
Explikation des Gedankens, der schon am Schluß von De gen. et corr.
(Bll) ausgesprochen war. Man könnte hier im Zweifel sein, ob die
Ewigkeit und Göttlichkeit der ewigen Gestirne bzw. ihrer Sphären oder
die des Unbewegten Bewegers (bzw. der Unbewegten Beweger von A 8,
s.u.) gemeint ist, wenn man überhaupt so differenzieren darf. Der Hin-
55 Die Textschwierigkeiten der Stelle erörtert Leo Elders, Aristotle’s Cosmology,
Assen 1966, 238f. Der Grundgedanke ist jedenfalls klar zu fassen.