Die Teleologie in der aristotelischen Biologie
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Arttyp und der Individualtyp, ganz wie es v. Baer später formuliert
hat75. Es kann nicht zweifelhaft sein, daß Aristoteles zu dieser Theorie
durch seine vergleichenden embryologischen Studien gekommen ist.
Es ist erregend, die Geschichte der modernen Embryologie von Weis-
mann (1834-1914) zu Spemann (1869-1941) mit der Auseinandersetzung
des Aristoteles mit Demokrits Präformationstheorie zu vergleichen76.
A. Weismann nahm an, daß die Eizelle als eine Art von Mosaik zu ver-
stehen sei, aus dem durch qualitativ ungleiche Zellteilungen mit jeweils
unterschiedlicher Erbsubstanz der Zellenteile sich der Körper bildet.
Hier schimmert noch deutlich die alte Präformationstheorie Demokrits
durch. Dem gegenüber konnte dann H. Driesch anhand von Experi-
menten mit Seeigeleiern nachweisen, daß die Zellteilungen in der Regel
nicht von vornherein eine Differenzierung des Erbgutes bewirken kön-
nen. Die „prospektive Bedeutung“ eines Bestandteiles, also sein nor-
males künftiges Schicksal im Organismus, sei zu trennen von der „pro-
spektiven Potenz“, d.h. den Möglichkeiten, die in dem jeweiligen Ge-
webe stecken, welche viel größer sei als die prospektive Bedeutung des-
selben Gewebes. Spemann, Nobelpreisträger von 1935, hat dann durch
seine Transplantationen an Molchkeimen im einzelnen zeigen können,
wie die Determination des Gewebes sich erst schrittweise entwickelt,
wie also zunächst nicht determiniertes und unterschiedlich entwicklungs-
fähiges Gewebe im Verlauf der embryonalen Entwicklung durch Kon-
takt mit benachbarten Zellarealen schließlich irreversibel festgelegt wird,
ein Geschehen, das man als Induktion bezeichnet. Ich zitiere einen Pas-
sus aus dem modernen Lehrbuch von Langman, der den Prozeß wie
folgt beschreibt77:
„. . . Aus den obigen Beispielen geht hervor, daß der primäre Induktor die
Differenzierung der Neuralplatte determiniert. Im Anschluß an dieses Stadium
treten sekundäre Induktionen in den verschiedenen Abschnitten des Nerven-
systems auf und veranlassen ihrerseits die Entwicklung der Linse, der Riech-
75 Siehe dazu S. lOf.
76 Zur historischen Entwicklung vgl. Ungerer a.a.O., Handbuch der Biologie I
60f.; J. Needham, Biochemistry and Morphogenesis, Cambridge 1950, 99ff;
W. v. Buddenbrock, Biologische Grundprobleme und ihre Meister, Berlin 21951
(11929), 49ff. (vor allem zu Weismann und Driesch); J. Langman, Medizini-
sche Embryologie, Stuttgart 1976, 119ff. - Zur vitalistischen Ausdeutung der
Ergebnisse der modernen Experimentalbiologie vgl. Hedwig Conrad-Martius,
Der Selbstaufbau der Natur. Entelechien und Energien, Hamburg 1944; dies.,
Bios und Psyche, Hamburg 1949; A. Meyer-Abich, Naturphilosophie auf neuen
Wegen, Stuttgart 1948.
77 Langman a.a.O. 121.
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Arttyp und der Individualtyp, ganz wie es v. Baer später formuliert
hat75. Es kann nicht zweifelhaft sein, daß Aristoteles zu dieser Theorie
durch seine vergleichenden embryologischen Studien gekommen ist.
Es ist erregend, die Geschichte der modernen Embryologie von Weis-
mann (1834-1914) zu Spemann (1869-1941) mit der Auseinandersetzung
des Aristoteles mit Demokrits Präformationstheorie zu vergleichen76.
A. Weismann nahm an, daß die Eizelle als eine Art von Mosaik zu ver-
stehen sei, aus dem durch qualitativ ungleiche Zellteilungen mit jeweils
unterschiedlicher Erbsubstanz der Zellenteile sich der Körper bildet.
Hier schimmert noch deutlich die alte Präformationstheorie Demokrits
durch. Dem gegenüber konnte dann H. Driesch anhand von Experi-
menten mit Seeigeleiern nachweisen, daß die Zellteilungen in der Regel
nicht von vornherein eine Differenzierung des Erbgutes bewirken kön-
nen. Die „prospektive Bedeutung“ eines Bestandteiles, also sein nor-
males künftiges Schicksal im Organismus, sei zu trennen von der „pro-
spektiven Potenz“, d.h. den Möglichkeiten, die in dem jeweiligen Ge-
webe stecken, welche viel größer sei als die prospektive Bedeutung des-
selben Gewebes. Spemann, Nobelpreisträger von 1935, hat dann durch
seine Transplantationen an Molchkeimen im einzelnen zeigen können,
wie die Determination des Gewebes sich erst schrittweise entwickelt,
wie also zunächst nicht determiniertes und unterschiedlich entwicklungs-
fähiges Gewebe im Verlauf der embryonalen Entwicklung durch Kon-
takt mit benachbarten Zellarealen schließlich irreversibel festgelegt wird,
ein Geschehen, das man als Induktion bezeichnet. Ich zitiere einen Pas-
sus aus dem modernen Lehrbuch von Langman, der den Prozeß wie
folgt beschreibt77:
„. . . Aus den obigen Beispielen geht hervor, daß der primäre Induktor die
Differenzierung der Neuralplatte determiniert. Im Anschluß an dieses Stadium
treten sekundäre Induktionen in den verschiedenen Abschnitten des Nerven-
systems auf und veranlassen ihrerseits die Entwicklung der Linse, der Riech-
75 Siehe dazu S. lOf.
76 Zur historischen Entwicklung vgl. Ungerer a.a.O., Handbuch der Biologie I
60f.; J. Needham, Biochemistry and Morphogenesis, Cambridge 1950, 99ff;
W. v. Buddenbrock, Biologische Grundprobleme und ihre Meister, Berlin 21951
(11929), 49ff. (vor allem zu Weismann und Driesch); J. Langman, Medizini-
sche Embryologie, Stuttgart 1976, 119ff. - Zur vitalistischen Ausdeutung der
Ergebnisse der modernen Experimentalbiologie vgl. Hedwig Conrad-Martius,
Der Selbstaufbau der Natur. Entelechien und Energien, Hamburg 1944; dies.,
Bios und Psyche, Hamburg 1949; A. Meyer-Abich, Naturphilosophie auf neuen
Wegen, Stuttgart 1948.
77 Langman a.a.O. 121.