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Peter Anselm Riedl
soll, laut Mengozzi, zusammen mit Girolamo del Turco 1574 jenes
Travertinportal des Oratorio di S. Bernardino gearbeitet haben, das
oben bereits wegen seiner strukturellen Verwandtschaft mit der Ädiku-
la des Fondi-Grabmals erwähnt wurde30. Der Verdacht, daß sich Cafag-
gi und Girolamo del Turco an einem „Inversionsmotiv“ Riccios orien-
tiert haben könnten, bietet sich an.
Unter den Gemälden Riccios findet sich keines, mit dem sich das
Fresko in S. Agostino unmittelbar in Beziehung bringen ließe. Immer-
hin sind morphologische und Detailvergleiche möglich. Höchst
charakteristisch sind die Köpfe der beiden unteren Figuren und der lin-
ken oberen Figur (Abb. 12a, 12b, 15a): Die langnasigen und hochstir-
nigen Gesichter und die kurzen, hoch im Nacken ansetzenden Frisu-
ren begegnen nicht nur auf Gemälden (wie zum Beispiel auf der
„Marienkrönung“ in der Sieneser Pinakothek31) wieder, sondern auch
auf Zeichnungen (wie der „Mariengeburt“ im Louvre, vgl. Abb. 2632).
Der Typus ist offensichtlich von Vorbildern Beccafumis abgeleitet.
Auch die beccafumeske Mischung aus kraftvoller Körperlichkeit und
geschmeidiger, durch die wie naß anliegenden Gewänder betonter
Eleganz ist zahlreichen Gemälden Riccios eigentümlich; desgleichen
die etwas outriert-preziöse und dabei im ganzen doch eigentümlich
verhangene Farbskala.
Für Neronis Autorschaft am Fondi-Grabmal spricht ein weiteres
Faktum, das schon für sich allein sehr beweiskräftig wäre. Im British
Museum zu London wird nämlich eine Vorzeichnung für die linke
30 N. Mengozzi, II Monte dei Paschi, Siena 1905, S. 55: „fece - insieme con Girolamo
del Turco - la porta di travertino per la chiesa di S. Bernardino in S. Francesco“.
31 Abgebildet in: P. Torriti, La Pinacoteca Nazionale di Siena. I dipinti dal XV al
XVIII secolo. Genua 1978, S. 112f.; vgl. auch die Abbildungen S. 114ff. - Herr Dr.
A. Comice, der meine Zuschreibung des Fondi-Grabmals an Riccio voll akzep-
tiert, bezeichnet den Kopftypus geradezu als „una sigla“ des Meisters (mündliche
Mitteilung). Ich danke Herrn Comice ganz herzlich für die Gewährung der Chance,
sein reiches Photomaterial zu Riccio durchzusehen.. - Natürlich habe ich auch
andere Zuschreibungsmöglichkeiten erwogen. Aber weder Lorenzo Rustici noch
Matteino da Siena scheinen mir als Autoren des Fondi-Grabmals in Betracht zu
kommen - und ein weiterer Künstlername bietet sich schwerlich an. Zu Lorenzo
Rustici s. E. Romagnoli, wie in Anm. 24 zitiert, VII, S. 139ff.; zu Matteino: ebenda,
S. 721 ff.
32 Vgl. C. Monbeig-Goguel, Musee du Louvre, Cabinet des Dessins: Inventaire
general des dessins italiens, I: Vasari et son temps, Paris 1972, S. 91 ff. (Nr. 100).
Peter Anselm Riedl
soll, laut Mengozzi, zusammen mit Girolamo del Turco 1574 jenes
Travertinportal des Oratorio di S. Bernardino gearbeitet haben, das
oben bereits wegen seiner strukturellen Verwandtschaft mit der Ädiku-
la des Fondi-Grabmals erwähnt wurde30. Der Verdacht, daß sich Cafag-
gi und Girolamo del Turco an einem „Inversionsmotiv“ Riccios orien-
tiert haben könnten, bietet sich an.
Unter den Gemälden Riccios findet sich keines, mit dem sich das
Fresko in S. Agostino unmittelbar in Beziehung bringen ließe. Immer-
hin sind morphologische und Detailvergleiche möglich. Höchst
charakteristisch sind die Köpfe der beiden unteren Figuren und der lin-
ken oberen Figur (Abb. 12a, 12b, 15a): Die langnasigen und hochstir-
nigen Gesichter und die kurzen, hoch im Nacken ansetzenden Frisu-
ren begegnen nicht nur auf Gemälden (wie zum Beispiel auf der
„Marienkrönung“ in der Sieneser Pinakothek31) wieder, sondern auch
auf Zeichnungen (wie der „Mariengeburt“ im Louvre, vgl. Abb. 2632).
Der Typus ist offensichtlich von Vorbildern Beccafumis abgeleitet.
Auch die beccafumeske Mischung aus kraftvoller Körperlichkeit und
geschmeidiger, durch die wie naß anliegenden Gewänder betonter
Eleganz ist zahlreichen Gemälden Riccios eigentümlich; desgleichen
die etwas outriert-preziöse und dabei im ganzen doch eigentümlich
verhangene Farbskala.
Für Neronis Autorschaft am Fondi-Grabmal spricht ein weiteres
Faktum, das schon für sich allein sehr beweiskräftig wäre. Im British
Museum zu London wird nämlich eine Vorzeichnung für die linke
30 N. Mengozzi, II Monte dei Paschi, Siena 1905, S. 55: „fece - insieme con Girolamo
del Turco - la porta di travertino per la chiesa di S. Bernardino in S. Francesco“.
31 Abgebildet in: P. Torriti, La Pinacoteca Nazionale di Siena. I dipinti dal XV al
XVIII secolo. Genua 1978, S. 112f.; vgl. auch die Abbildungen S. 114ff. - Herr Dr.
A. Comice, der meine Zuschreibung des Fondi-Grabmals an Riccio voll akzep-
tiert, bezeichnet den Kopftypus geradezu als „una sigla“ des Meisters (mündliche
Mitteilung). Ich danke Herrn Comice ganz herzlich für die Gewährung der Chance,
sein reiches Photomaterial zu Riccio durchzusehen.. - Natürlich habe ich auch
andere Zuschreibungsmöglichkeiten erwogen. Aber weder Lorenzo Rustici noch
Matteino da Siena scheinen mir als Autoren des Fondi-Grabmals in Betracht zu
kommen - und ein weiterer Künstlername bietet sich schwerlich an. Zu Lorenzo
Rustici s. E. Romagnoli, wie in Anm. 24 zitiert, VII, S. 139ff.; zu Matteino: ebenda,
S. 721 ff.
32 Vgl. C. Monbeig-Goguel, Musee du Louvre, Cabinet des Dessins: Inventaire
general des dessins italiens, I: Vasari et son temps, Paris 1972, S. 91 ff. (Nr. 100).