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Hommel, Hildebrecht; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1980, 1. Abhandlung): Der Gott Achilleus: vorgetr. am 5. Mai 1979 — Heidelberg: Winter, 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.45478#0027
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Der Gott Achilleus

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Thetis36 und sogar auf die μάχη παραποτάμιος im 21. Gesang der Ilias
berufen hat.37 Man könnte in diesem Zusammenhang auch an die Klage
der Nereiden zusammen mit der Schwester Thetis um ihn in der Voraus-
schau seines Todes denken.38 Aber einmal dürfte die Epiklese Pontar-
ches den Achilleus vielmehr einfach als Herrn des Pontosgebiets be-
zeichnen, wenn nicht vielleicht ursprünglich sogar lediglich als Herrn
der Insel Leuke, von wo sein Kult ausgegangen ist; denn Plinius, Nat.
hist. X 78 spricht von dieser Insel geradezu als von der Pontus insula,
qua sepultus est Achilles. Zum anderen finden wir doch den Achilleus
selber nirgends unmittelbar mit dem Meer schlechthin und ausschließ-
lich in Verbindung gesetzt, so daß es aufs höchste verwundern müßte,
wenn zu seiner göttlichen Verehrung ein keineswegs für ihn zentraler
cheologij SSSR 33. 1954, S. 7ff„ hier S. 1 Iff. Chr. M.Danp/jf RE, S IX 1962, Sp. 1173
in unzulänglicher Berichterstattung. E. Belin de Ballu, Olbia ... 1972, S. 79). Danach
wäre der pontische Achill letztlich eine einheimisch-nichtgriechische Gottheit, die
durch Kontamination des homerischen Helden mit einer auf der Insel Leuke seit al-
ters verehrten Göttergestalt entstanden sei und von den Milesiern den Namen des
Achilleus erhalten hätte. Sie habe sowohl solare wie chthonische Züge getragen und
entspreche dem in Thrakien als Heros wie auch als Gottheit verehrten Reitergott (!).
Dann müßte man wohl den Achilleusnamen in diesem Zusammenhang als Volksety-
mologie für eine mißverstandene fremde Bezeichnung des betreffenden Gottes anse-
hen. Aber wie sollten mit diesem Gott so rasch die verschiedensten Einzelzüge in Ver-
bindung gebracht worden sein, die sich doch zumeist aus der griechischen Achilleussa-
ge herleiten? Über jene wird oben im Text weiterhin zu handeln sein. - Erich Diehl
hat sich mit Recht den Spekulationen Rostowzews verschlossen (s. RE lOf.) — trotz ei-
ner höflichen Verbeugung (Sp. 8). Dem thrakischen Reitergott, mit dem Achill nicht
das geringste zu tun hat, begegnen wir verständlicherweise dann in der Spätzeit des
notorischen Synkretismus auf einer Münze von Tomis unweit der Donaumündung, wo
er mit Zeus bzw. Sarapis verschmolzen erscheint (Zeit Mark Aurels), Siehe K. Regling
bei B. Pick — K. Regling, Die antiken Münzen Nordgriechenlands, Bd. I 2, 1. 1910,
S. 627f., no. 2659 mit Taf. VI 26. Vgl. jetzt auch allgemein das Corpus Cultus Equitis
Thracii I 1979.
36 Zuletzt W. Burkert, Griech. Religion ... 1977, S. 267. 314. vgl. ob. Anm. 13.
37 Näheres bei Diehl RE 17.
38 Homer, Ilias 18,35ff.50ff., dazu A. Dihle, Homer-Probleme 1970, S. 20ff. Von der
wirklichen Totenklage um Achilleus durch Thetis und die Nereiden berichtet dann die
Odyssee 24,55ff. und die Aithiopis, s. Proklos, Chrestomathie ed. A. Severyns 1963,
198f., dazu W. Kullmann, Die Quellen der Ilias 1960, S. 332. Außerdem sollen die
Nereiden nach der Aithiopis den toten Helden sogar auf die Insel Leuke begleitet ha-
ben (Quintus Smym. III 770ff.; s. dazu Gertr. Herzog-Hauser RE XVII 1937, Sp.
7f.); diese Szene findet sich auch auf Vasenbildem Großgriechenlands dargestellt, was
man wohl mit Recht als Illustration zu Aischylos’ Nereiden (2. Stück seiner Achilleus-
Trilogie) angesprochen hat (Anneliese Kossatz-Deissmann, Dramen des Aischylos auf
westgriechischen Vasen 1978, S. 18 m. Anm. 108).
 
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