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Hildebrecht Hommel
die entsprechenden kleinasiatisch-ionischen Ortsnamen letztlich ein
Reflex von Gottesvorstellungen wären, die aus dem skythischen Ur-
grund des ionischen Kolonialgebietes ins Mutterland zurückgestrahlt
hätten, daran wird man doch wohl kaum denken wollen.59
Schon nach dem bis hierher vorgelegten Material wird man vermuten
dürfen, was ich im folgenden durch Urkunden verschiedenster Art zu
belegen hoffe, daß Achill ursprünglich der Herr der auf den Gefilden
der Seligen im fernen Meer angesiedelten Toten war und sich dann erst
in der rhapsodischen Überlieferung zum Helden des trojanischen Sa-
genkreises gewandelt hat - ein Vorgang, den wir zwar mit einiger Si-
cherheit erschließen, jedoch nicht im einzelnen rekonstruieren können,
was uns angesichts des Quellenmangels für die <dunklen Jahrhunderte)
nicht verwundern darf. Immerhin scheinen auf bildlichen Darstellun-
gen, die den Heros Achilleus meinen, noch Züge durch, die mit dem al-
ten Totengott vereinbar sind. Das schönste Beispiel dafür ist wohl eine
im Britischen Museum in London befindliche schwarzfigurige Halsam-
phore, auf welcher der von seinem Grab am Vorgebirg Sigeion über das
durch Schiff und Delphine gekennzeichnete Meer hin nach Leuke entei-
lende Achill dargestellt zu sein scheint (Abb. 2). Verrät seine Waffenrü-
stung den Heros der Sage, so können die Flügel, mit deren Hilfe er den
Luftraum überwindet, die Erinnerung an den ehemaligen Todesdämon
wecken, auch wenn sie wohl nach der Vorstellung des Künstlers das
Eidolon des Toten bezeichnen sollen.60
die eingewanderten Magneten in dieser von ihnen bereits vorgefundenen Gottheit die
ihnen geläufige Artemis wiederzuerkennen geglaubt (Artemis Leukophryene; s. O.
Kern, Die Religion der Griechen 1. 1926, S. 179). Daß sie dabei speziell an die Toten-
göttin Artemis erinnert wurden, davon zeugt die Tatsache, daß sie dem Nebenfluß des
Maiandros, an dem ihr Heiligtum lag, den Namen Lethaios gaben (O. Kem a.O. 88,
vgl. a. Th. Zielinski, Klio 23. 1930, S. 15). Nehmen wie hinzu, daß der Heros Ktistes
von Magnesia Leukippos hieß (W. Kroll RE XII 1925, Sp. 2264, derselbe ebenda
2286ff. über Leukophryene), so rundet sich das Bild: Ionien, das Ausgangsgebiet der
Kolonisation des nordwestlichen Pontosgebiets, weist eine Reihe vorwiegend geo-
graphischer Namen mit zum Teil sicher hohem Alter auf, die es mit Achilleus und mit
Ableitungen von Leuke zu tun haben und dazu noch (in Magnesia) auf die Spuren
alter Totengottheiten hinweisen. Vgl. im übrigen die oben Anm. 16 gemachten Ein-
schränkungen.
59 Vgl. dazu oben Anm. 35.
60 Jean Pouilloux et Georges Roux, Enigmes ä Delphes 1963, Taf. 22 mit Text auf S.
117f., wo die verschiedenen Deutungen zusammengestellt und kritisch besprochen
sind. Zweifel an der im Corpus Vasorum Antiquorum zu III Br. Mus. 4,58, 4 a vertre-
tenen, oben im Text von uns übernommenen Deutung äußert u.a. auch D. Kemp-Lin-
demann a.O. 229. Unsere Abb. nach einer vom Br. Mus. freundlich zur Verfügung ge-
stellten Photographie.
Hildebrecht Hommel
die entsprechenden kleinasiatisch-ionischen Ortsnamen letztlich ein
Reflex von Gottesvorstellungen wären, die aus dem skythischen Ur-
grund des ionischen Kolonialgebietes ins Mutterland zurückgestrahlt
hätten, daran wird man doch wohl kaum denken wollen.59
Schon nach dem bis hierher vorgelegten Material wird man vermuten
dürfen, was ich im folgenden durch Urkunden verschiedenster Art zu
belegen hoffe, daß Achill ursprünglich der Herr der auf den Gefilden
der Seligen im fernen Meer angesiedelten Toten war und sich dann erst
in der rhapsodischen Überlieferung zum Helden des trojanischen Sa-
genkreises gewandelt hat - ein Vorgang, den wir zwar mit einiger Si-
cherheit erschließen, jedoch nicht im einzelnen rekonstruieren können,
was uns angesichts des Quellenmangels für die <dunklen Jahrhunderte)
nicht verwundern darf. Immerhin scheinen auf bildlichen Darstellun-
gen, die den Heros Achilleus meinen, noch Züge durch, die mit dem al-
ten Totengott vereinbar sind. Das schönste Beispiel dafür ist wohl eine
im Britischen Museum in London befindliche schwarzfigurige Halsam-
phore, auf welcher der von seinem Grab am Vorgebirg Sigeion über das
durch Schiff und Delphine gekennzeichnete Meer hin nach Leuke entei-
lende Achill dargestellt zu sein scheint (Abb. 2). Verrät seine Waffenrü-
stung den Heros der Sage, so können die Flügel, mit deren Hilfe er den
Luftraum überwindet, die Erinnerung an den ehemaligen Todesdämon
wecken, auch wenn sie wohl nach der Vorstellung des Künstlers das
Eidolon des Toten bezeichnen sollen.60
die eingewanderten Magneten in dieser von ihnen bereits vorgefundenen Gottheit die
ihnen geläufige Artemis wiederzuerkennen geglaubt (Artemis Leukophryene; s. O.
Kern, Die Religion der Griechen 1. 1926, S. 179). Daß sie dabei speziell an die Toten-
göttin Artemis erinnert wurden, davon zeugt die Tatsache, daß sie dem Nebenfluß des
Maiandros, an dem ihr Heiligtum lag, den Namen Lethaios gaben (O. Kem a.O. 88,
vgl. a. Th. Zielinski, Klio 23. 1930, S. 15). Nehmen wie hinzu, daß der Heros Ktistes
von Magnesia Leukippos hieß (W. Kroll RE XII 1925, Sp. 2264, derselbe ebenda
2286ff. über Leukophryene), so rundet sich das Bild: Ionien, das Ausgangsgebiet der
Kolonisation des nordwestlichen Pontosgebiets, weist eine Reihe vorwiegend geo-
graphischer Namen mit zum Teil sicher hohem Alter auf, die es mit Achilleus und mit
Ableitungen von Leuke zu tun haben und dazu noch (in Magnesia) auf die Spuren
alter Totengottheiten hinweisen. Vgl. im übrigen die oben Anm. 16 gemachten Ein-
schränkungen.
59 Vgl. dazu oben Anm. 35.
60 Jean Pouilloux et Georges Roux, Enigmes ä Delphes 1963, Taf. 22 mit Text auf S.
117f., wo die verschiedenen Deutungen zusammengestellt und kritisch besprochen
sind. Zweifel an der im Corpus Vasorum Antiquorum zu III Br. Mus. 4,58, 4 a vertre-
tenen, oben im Text von uns übernommenen Deutung äußert u.a. auch D. Kemp-Lin-
demann a.O. 229. Unsere Abb. nach einer vom Br. Mus. freundlich zur Verfügung ge-
stellten Photographie.