Der Gott Achilleus
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des Helden diesem nahegestanden hat»,72 dem Achill auf Leuke zuge-
teilt wird, ist kaum anzunehmen. Vielmehr ist sie nach der Ansicht man-
cher Forscher als «alte minoische Vegetationsgöttin»73 auch dem To-
tenreich verbunden.74 Ebenso hat Nilssons Vermutung einiges für sich,
daß sie auch in den Geschichten von ihrem Raub durch Theseus, die be-
richtet werden, nichts anderes als eine Dublette der Unterweltsherr-
scherin Persephone sei, die Theseus ja ebenfalls zu entführen versucht
hat.75 Jedenfalls mag Helena, die selber letztlich eine vorhellenische
Gottheit ist, die älteste, ja vielleicht die ursprüngliche Partnerin des To-
tengottes Achilleus gewesen sein.
Jünger ist zweifellos Medea in dieser Rolle, schon weil sie einen grie-
chischen Namen trägt; auch mag sie dem Achill erst auf Leuke im Pon-
tos zugesellt worden sein, da sie selber mit einem wesentlichen Teil ihrer
Sage im Schwarzmeergebiet, nämlich in Kolchis, heimisch ist.76 Denn
daß sie schlechthin als Gestalt der <Hölle> im Sinne der Unterwelt ge-
den — eine Dichtung, deren Kenntnis mir meine Frau Lotte Hommel vermittelt hat.
Schließlich hat Gottfried Benn 1943/44 in Landsberg a. d. Warthe ein kleines Gedicht
in drei vierzeiligen gereimten Strophen verfaßt, das «Leukee - die weiße Insel des
Achill . . .» zum Gegenstand hat, wo Helena den Geliebten gelegentlich besucht (G.
Benn, Ges. Werke 3. 1960, S. 202). Der Verfasser selber hat in einem Brief vom 18.
Januar 1945 bekannt, daß er diese Verse liebe, weil sie ihm gelungen erschienen
(Briefe an F. W. Oelze 1977, S. 378; der betr. Brief erstmals veröffentlicht von H.
Steinhagen, Die statischen Gedichte von Gottfried Benn 1969, S. 55f.). Den Hinweis
auf das in der Tat des Gegenstands würdige Gedicht und auf Benns Brief verdanke ich
der Freundlichkeit von Wolfgang Schuller in Konstanz. Als Quelle für Benn möchte
ich Philostratos’ Heroikos (s. ob.) vermuten.
72 P. Capelle a.O. 2552. Gewiß soll sich ja Achill bereits als Knabe unter Helenas Freiem
befunden haben; aber in dieser Rolle war er ja nur einer unter vielen (Hesiod, fr. 204,
87ff. aus dem <Frauenkatalog>; s. dazu Hel. Homeyer a.O., S. 12 und vgl. a. Linda L.
Clader, Helen. The Evolution from Divine to Heroic in Greek Epic Tradition 1976,
S. 71 m. Anm. 63).
73 Nilsson a.O. 2I 211, vgl. 315; jetzt auch L. L. Clader a.O. 71.
74 E. Bethe RE VII (1912) 2825, Z. 25ff., bes. 40ff. im Artikel «Helene», nur daß der
Verf. dann im folgenden 2828, 14ff. das Verhältnis Helenas zu Achill nicht «als poeti-
sche Erfindung» hätte abtun dürfen.
75 Nilsson 2I 475f., skeptisch beurteilt von H. Herter, RE S XIII 1973, 11'72 (Art. <The-
seus>), der jedoch selber 1161ff. zahlreiche Verbindungen zwischen Theseus’ Helena-
raub und seiner Katabasis in die Unterwelt aufzeigt. Dort auch sämtliche Quellenbe-
lege. Skeptisch äußert sich über die Möglichkeit, das ursprüngliche Wesen der Göttin
Helena zu ergründen, auch Wilamowitz, Gl. d. Heil. 2I 226i. Zuversichtlicher L. L.
Clader a.O. 63ff. in einer gründlichen Untersuchung der außerhomerischen Quellen.
76 Vgl. a. O. Gruppe I 547f. über Medea als Dublette der Iphigenie, soweit es Achill be-
trifft (dort auch kurz zu Diomede).
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des Helden diesem nahegestanden hat»,72 dem Achill auf Leuke zuge-
teilt wird, ist kaum anzunehmen. Vielmehr ist sie nach der Ansicht man-
cher Forscher als «alte minoische Vegetationsgöttin»73 auch dem To-
tenreich verbunden.74 Ebenso hat Nilssons Vermutung einiges für sich,
daß sie auch in den Geschichten von ihrem Raub durch Theseus, die be-
richtet werden, nichts anderes als eine Dublette der Unterweltsherr-
scherin Persephone sei, die Theseus ja ebenfalls zu entführen versucht
hat.75 Jedenfalls mag Helena, die selber letztlich eine vorhellenische
Gottheit ist, die älteste, ja vielleicht die ursprüngliche Partnerin des To-
tengottes Achilleus gewesen sein.
Jünger ist zweifellos Medea in dieser Rolle, schon weil sie einen grie-
chischen Namen trägt; auch mag sie dem Achill erst auf Leuke im Pon-
tos zugesellt worden sein, da sie selber mit einem wesentlichen Teil ihrer
Sage im Schwarzmeergebiet, nämlich in Kolchis, heimisch ist.76 Denn
daß sie schlechthin als Gestalt der <Hölle> im Sinne der Unterwelt ge-
den — eine Dichtung, deren Kenntnis mir meine Frau Lotte Hommel vermittelt hat.
Schließlich hat Gottfried Benn 1943/44 in Landsberg a. d. Warthe ein kleines Gedicht
in drei vierzeiligen gereimten Strophen verfaßt, das «Leukee - die weiße Insel des
Achill . . .» zum Gegenstand hat, wo Helena den Geliebten gelegentlich besucht (G.
Benn, Ges. Werke 3. 1960, S. 202). Der Verfasser selber hat in einem Brief vom 18.
Januar 1945 bekannt, daß er diese Verse liebe, weil sie ihm gelungen erschienen
(Briefe an F. W. Oelze 1977, S. 378; der betr. Brief erstmals veröffentlicht von H.
Steinhagen, Die statischen Gedichte von Gottfried Benn 1969, S. 55f.). Den Hinweis
auf das in der Tat des Gegenstands würdige Gedicht und auf Benns Brief verdanke ich
der Freundlichkeit von Wolfgang Schuller in Konstanz. Als Quelle für Benn möchte
ich Philostratos’ Heroikos (s. ob.) vermuten.
72 P. Capelle a.O. 2552. Gewiß soll sich ja Achill bereits als Knabe unter Helenas Freiem
befunden haben; aber in dieser Rolle war er ja nur einer unter vielen (Hesiod, fr. 204,
87ff. aus dem <Frauenkatalog>; s. dazu Hel. Homeyer a.O., S. 12 und vgl. a. Linda L.
Clader, Helen. The Evolution from Divine to Heroic in Greek Epic Tradition 1976,
S. 71 m. Anm. 63).
73 Nilsson a.O. 2I 211, vgl. 315; jetzt auch L. L. Clader a.O. 71.
74 E. Bethe RE VII (1912) 2825, Z. 25ff., bes. 40ff. im Artikel «Helene», nur daß der
Verf. dann im folgenden 2828, 14ff. das Verhältnis Helenas zu Achill nicht «als poeti-
sche Erfindung» hätte abtun dürfen.
75 Nilsson 2I 475f., skeptisch beurteilt von H. Herter, RE S XIII 1973, 11'72 (Art. <The-
seus>), der jedoch selber 1161ff. zahlreiche Verbindungen zwischen Theseus’ Helena-
raub und seiner Katabasis in die Unterwelt aufzeigt. Dort auch sämtliche Quellenbe-
lege. Skeptisch äußert sich über die Möglichkeit, das ursprüngliche Wesen der Göttin
Helena zu ergründen, auch Wilamowitz, Gl. d. Heil. 2I 226i. Zuversichtlicher L. L.
Clader a.O. 63ff. in einer gründlichen Untersuchung der außerhomerischen Quellen.
76 Vgl. a. O. Gruppe I 547f. über Medea als Dublette der Iphigenie, soweit es Achill be-
trifft (dort auch kurz zu Diomede).