Thukydides und die Anfänge der athenischen Arche
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über die Maßnahmen, die von den Athenern getroffen wurden, nach-
dem sie die Hegemonie erhalten hatten, und über den Ort, wo die Sit-
zungen des Rates stattfanden, nachdem beschlossen worden war, den
Krieg gegen Persien unter der Führung Athens fortzusetzen. Die Grün-
dung des delisch-attischen Seebundes selbst, die sich nach der modernen
communis opinio zur selben Zeit ereignete, hat er anscheinend über-
gangen. Er scheint sie vorauszusetzen! Ist das Flüchtigkeit, Versehen oder
Absicht?
Thukydides erwähnt sonst nur viermal, daß die Athener 478/7
die Hegemonie erhielten. In dem kurzen Abriß der griechischen Ge-
schichte am Anfang des ersten Buches (I 18,2-3) schildert er die Ereig-
nisse nach der Vertreibung der Perser folgendermaßen7:
,,... Nicht lange danach schlossen sich die vom Perserkönig abgefallenen
Hellenen und die, welche sich am Krieg beteiligt hatten, den Athenern und
den Lakedaimoniem an; denn diese beiden Gemeinden hatten sich als die
mächtigsten erwiesen, diese zu Lande, jene zur See. Das Bündnis hatte aber
nicht mehr lange Bestand.“
Hier ist nur von der faktischen (physischen) Spaltung der Hellenen,
das heißt zugleich: der hellenischen Kontingente, in zwei Gruppen die
Rede; daß dabei ein Bündnis oder ein Sonderbund im Hellenenbund
entstanden sei, läßt sich aus diesem Text wiederum nicht herauslesen.
Im Gegenteil: die Worte καί ολίγον μέν χρόνον ξυνέμεινεν ή όμαιχμία
erwecken vielmehr den Eindruck, daß bis zum Bruch zwischen Athen
und Sparta im Jahre 462 beide Gruppen in einem einzigen Bund, näm-
lich dem Hellenenbund von 481, vereinigt gewesen sind. Vom Hege-
moniewechsel sprechen auch die Athener in ihrer Rede an die Lakedai-
monier vor dem Ausbruch des peloponnesischen Krieges und der Syra-
kusaner Hermokrates. in seiner Rede an die Kamarinäer. Die Athener
erinnern die Lakedaimonier daran, daß sie die Arche nicht durch Zwang,
sondern mit dem Einverständnis der Lakedaimonier selbst und auf Bitten
der Verbündeten erlangt haben7a:
„Und diese unsere Machtstellung haben wir nicht mit Gewalt erlangt, son-
dern weil ihr im Kampf gegen die Überreste des Barbarenheeres nicht dabei
bleiben wolltet und die Bundesgenossen zu uns kamen und uns aufforderten,
die Hegemonie zu übernehmen.“
7 I 18,2-3: ύστερον ού πολλω διεκρίθησαν πρός τε Αθηναίους καί Λακεδαιμο-
νίους οί τε άποστάντες βασιλέως 'Έλληνες καί οί ξυμπολεμήσαντες. δυνάμει
γάρ ταΰτα μέγιστα διεφάνη- ϊσχυον γαρ οί μέν κατά γην, οί δέ ναυσίν. καί
όλίγον μέν χρόνον ξυνέμεινεν ή όμαιχμία.
7aI 75,2: Καί γαρ αυτήν τήνδε έλάβομεν ού βιασάμενοι, άλλ’ ύμών μέν ούκ έθελη-
σάντων παραμεΐναι πρός τά υπόλοιπα τού βαρβάρου, ήμϊν δέ προσελθόντων
των ξυμμάχων καί αύτών δεηθέντων ήγεμόνας καταστήναι.
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über die Maßnahmen, die von den Athenern getroffen wurden, nach-
dem sie die Hegemonie erhalten hatten, und über den Ort, wo die Sit-
zungen des Rates stattfanden, nachdem beschlossen worden war, den
Krieg gegen Persien unter der Führung Athens fortzusetzen. Die Grün-
dung des delisch-attischen Seebundes selbst, die sich nach der modernen
communis opinio zur selben Zeit ereignete, hat er anscheinend über-
gangen. Er scheint sie vorauszusetzen! Ist das Flüchtigkeit, Versehen oder
Absicht?
Thukydides erwähnt sonst nur viermal, daß die Athener 478/7
die Hegemonie erhielten. In dem kurzen Abriß der griechischen Ge-
schichte am Anfang des ersten Buches (I 18,2-3) schildert er die Ereig-
nisse nach der Vertreibung der Perser folgendermaßen7:
,,... Nicht lange danach schlossen sich die vom Perserkönig abgefallenen
Hellenen und die, welche sich am Krieg beteiligt hatten, den Athenern und
den Lakedaimoniem an; denn diese beiden Gemeinden hatten sich als die
mächtigsten erwiesen, diese zu Lande, jene zur See. Das Bündnis hatte aber
nicht mehr lange Bestand.“
Hier ist nur von der faktischen (physischen) Spaltung der Hellenen,
das heißt zugleich: der hellenischen Kontingente, in zwei Gruppen die
Rede; daß dabei ein Bündnis oder ein Sonderbund im Hellenenbund
entstanden sei, läßt sich aus diesem Text wiederum nicht herauslesen.
Im Gegenteil: die Worte καί ολίγον μέν χρόνον ξυνέμεινεν ή όμαιχμία
erwecken vielmehr den Eindruck, daß bis zum Bruch zwischen Athen
und Sparta im Jahre 462 beide Gruppen in einem einzigen Bund, näm-
lich dem Hellenenbund von 481, vereinigt gewesen sind. Vom Hege-
moniewechsel sprechen auch die Athener in ihrer Rede an die Lakedai-
monier vor dem Ausbruch des peloponnesischen Krieges und der Syra-
kusaner Hermokrates. in seiner Rede an die Kamarinäer. Die Athener
erinnern die Lakedaimonier daran, daß sie die Arche nicht durch Zwang,
sondern mit dem Einverständnis der Lakedaimonier selbst und auf Bitten
der Verbündeten erlangt haben7a:
„Und diese unsere Machtstellung haben wir nicht mit Gewalt erlangt, son-
dern weil ihr im Kampf gegen die Überreste des Barbarenheeres nicht dabei
bleiben wolltet und die Bundesgenossen zu uns kamen und uns aufforderten,
die Hegemonie zu übernehmen.“
7 I 18,2-3: ύστερον ού πολλω διεκρίθησαν πρός τε Αθηναίους καί Λακεδαιμο-
νίους οί τε άποστάντες βασιλέως 'Έλληνες καί οί ξυμπολεμήσαντες. δυνάμει
γάρ ταΰτα μέγιστα διεφάνη- ϊσχυον γαρ οί μέν κατά γην, οί δέ ναυσίν. καί
όλίγον μέν χρόνον ξυνέμεινεν ή όμαιχμία.
7aI 75,2: Καί γαρ αυτήν τήνδε έλάβομεν ού βιασάμενοι, άλλ’ ύμών μέν ούκ έθελη-
σάντων παραμεΐναι πρός τά υπόλοιπα τού βαρβάρου, ήμϊν δέ προσελθόντων
των ξυμμάχων καί αύτών δεηθέντων ήγεμόνας καταστήναι.