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Giovannini, Adalberto; Gottlieb, Gunther; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1980, 7. Abhandlung): Thukydides und die Anfaenge der athenischen Arche — Heidelberg: Winter, 1980

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https://doi.org/10.11588/diglit.45484#0012
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10

Adalberto Giovannini - Gunther Gottlieb

Hermokrates sagte folgendes8:
„Nachdem sie (sc. die Athener) mit Einwilligung der Ionier und aller ihrer
Verbündeten den Oberbefehl zur Führung eines Rachefeldzuges gegen die
Meder erhalten hatten, beschuldigten sie die einen, daß sie nicht Heeresfolge
geleistet, die anderen, daß sie nicht Frieden miteinander gehalten hätten, für
die dritten wußten sie wieder eine andere passende Beschuldigung, und so
unterwarfen sie sich alle.“
Die Worte ήγεμόνες γάρ γενόμενοΐ έκόντων των τε Ίώνων καί όσοι
από σφών ή σαν ξύμμαχοι erinnern an die Darstellung im Exkurs über
die Pentekontaetie (I 96,1): παραλαβόντες δέ ot Αθηναίοι τήν ήγεμο-
νίαν τούτω τω τρόπω έκόντων των ξυμμάχων. Die Athener haben also
die Hegemonie mit dem Einverständnis der Verbündeten erhalten, und
sie verfolgten zusammen mit ihnen das Ziel, an den Persern Vergeltung
zu üben. Dabei hat Thukydides mit keinem Wort erwähnt, daß bei die-
ser Gelegenheit ein Sonderbund innerhalb des Hellenenbundes gegründet
worden sei und daß etwa Eide ausgetauscht wurden.
Ausführlicher und wichtiger ist das, was Thukydides den Mytile-
näem im dritten Buch in den Mund legt. In der Rede, mit der sie ihren
Abfall von Athen den Peloponnesiern gegenüber rechtfertigen, sagen sie
nämlich folgendes9:
„Unser Bündnis mit den Athenern stammt aus jener Zeit, wo ihr euch von dem
Krieg mit den Persern zurückzogt, während jene dabeiblieben und die Sache
zu Ende führen wollten. Aber wir sind nicht Bundesgenossen der Athener
geworden, um die Hellenen zu unterwerfen, sondern Bundesgenossen der
Hellenen, um sie von den Persern zu befreien.“
Aus dem ersten Satz ήμΐν δέ καί Αθηναίοις ξυμμαχία έγένετο geht ein-
deutig hervor, daß die Mytilenäer mit den Athenern verbündet waren,
und es liegt zunächst nahe, diese Stelle mit dem Hegemoniewechsel in
Zusammenhang zu bringen und darin einen Hinweis auf die Gründung
des delisch-attischen Seebundes zu erkennen10. Dieser Auslegung steht

8 VI 76,3: ήγεμόνες γάρ γενόμενοι έκόντων των τε Ίώνων καί όσοι από σφών
ήσαν ξύμμαχοι ώς έπΐ τοΰ Μήδου τιμωρία.
9 III 10,2-3: ήμΐν δέ καί Άθηναίοις ξυμμαχία έγένετο πρώτον άπολιπόντων
μέν υμών έκ τοΰ Μηδικού πολέμου, παραμεινάντων δέ έκείνων προς τά υπό-
λοιπα τών έργων, ξύμμαχοι μέντοι έγενόμεθα ούκ έπί καταδουλώσει τών
Ελλήνων Αθηναίοις, άλλ’ έπ’ έλευθερώσει από τοΰ Μήδου τοΐς Έλλησιν.
10 Dies ist die übliche Interpretation, s. Gomme zu dieser Stelle; N. G. L. Ham-
mond, JHS 87 (1967) 50 sieht hier einen zweiseitigen Vertrag zwischen Athen
und Mytilene. Die Ausdrucksweise der Mytilenäer (ξύμμαχοι μέντοι έγενόμεθα
... έπ’ έλευθερώσει από του Μήδου τοΐς "Ελλησιν) verbietet jedoch diese
Interpretation.
 
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